Das ist eine von insgesamt über 215.000 Papiertüten, mit denen beim Bäcker im südlichen Oberbayern vor Schockanrufen und Betrügern gewarnt wird.
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Das ist eine von insgesamt über 215.000 Papiertüten, mit denen beim Bäcker im südlichen Oberbayern vor Schockanrufen und Betrügern gewarnt wird.

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Trickbetrug: Polizei warnt auf Bäckertüten vor Schockanrufen

Trickbetrug: Polizei warnt auf Bäckertüten vor Schockanrufen

Die Polizei geht in die Offensive, um vor Schockanrufen zu warnen: Bäckereien im Südosten Oberbayerns verpacken Brezn und Semmeln jetzt in Papiertüten mit Vorsichtshinweisen. Gerade vor Weihnachten nimmt der Trickbetrug zu – nicht nur am Telefon.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Egal ob in der Bäckerei Ernst in Berchtesgaden oder in der Bäckerei Schneider in Traunstein: In den Läden sind die Papiertüten ein Hingucker. Konditormeisterin Steffi Ernst hat nicht lange gezögert, die Aktion zu unterstützen und in ihrem Geschäft Brot und Gebäck in Papiertüten mit dem roten Aufdruck "Schockanrufe – die Polizei warnt" zu verpacken. Es sei durch die Masche schon erheblicher Schaden entstanden, da müsse man was dagegen tun, sagt sie.

Polizei sitzt mit am Frühstückstisch

Der Warnhinweis kommt somit direkt auf den Frühstückstisch und setzt ein Gesprächsthema: Mit 215.000 Bäckertüten will die Polizei im südlichen Oberbayern über die sogenannte Call-Center-Betrugsmasche aufklären. Sechs Bäckereien in den Landkreisen Traunstein, Berchtesgadener Land, Mühldorf und Altötting machen mit. Sie verpacken Brezn und Semmeln jetzt in diesen Papiertüten.

Die Idee der Polizei ist vielleicht ungewöhnlich, aber die Kunden finden sie gut. Dennoch meinen viele von ihnen: "Uns könnte das nicht passieren." Das sieht die Polizei anders. Denn die Trickbetrüger, die sich zumeist aus dem Ausland unter Tarnnummern melden, arbeiten subtil. Auf dem Telefondisplay erscheint mitunter sogar die Notrufnummer 110. Es meldet sich dann ein falscher Polizist, der mit drastischen Worten vor Einbrechern warnt – also eine Schock-Situation erzeugt. Und der dann dringend rät, Bargeld und Schmuck aus dem Haus "vorübergehend" in die Hände der "Polizei" zu geben, die dann einen Abholer vorbeischickt.

18.500 Versuche von Callcenter-Betrug allein 2022

Dieser sogenannte Callcenter-Betrug durch falsche Mitarbeiter oder gar Amtsträger – darunter auch "Anwälte", "Richter" oder, als positiver Schock, riesige Gewinne versprechende "Lotto-Mitarbeiter" – wollen einen Psycho-Druck erzeugen, der die Angerufenen schnell zu Bargeld oder Überweisung greifen lässt.

Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) beziffert den Schaden allein durch diese Betrugsart im Jahr 2022 auf knapp 15 Millionen Euro. Von 18.500 gemeldeten Versuchen seien rund 1.500 erfolgreich gewesen, teilte das LKA dem BR mit.

Auch jüngere Menschen werden Opfer von Betrugsanrufen

Positiv vermerkt das LKA mit Blick auf die Statistik des vergangenen Jahres: "Der klassische Callcenter-Betrug, bei dem die Täter vorrangig die Legende des falschen Polizeibeamten verwenden, ist im Vergleich zum Vorjahr 2022 stark rückläufig."

Dafür tauchen gerade bei jüngeren Opfern inzwischen falsche Verbraucherschützer oder der vermeintliche Energieversorger auf, die zu günstigeren Strom- oder Gas-Tarifen raten – und für den Wechsel eine hübsche Summe kassieren wollen. Daten wie Name, Adresse oder Telefonnummer der Opfer haben sich die falschen Energieversorger dabei bereits illegal oder legal besorgt, um dadurch glaubwürdiger zu wirken.

Enkeltrick weiter auf hohem Niveau: 22 Millionen Euro erbeutet

Eine besonders perfide Schockanruf-Methode ist der Enkeltrick: Er fängt oft harmlos an "Rate mal, wer am Telefon ist" – und endet oft in Überweisungen horrender Geldsummen, um den angeblich in arge Not geratenen Sprössling aus der Klemme zu helfen. Da wird zum Beispiel ein Gefängnisaufenthalt, ein selbst verursachter Autounfall oder eine eiligste Kreditrückzahlung ins Feld geführt.

"Im Jahr 2022 gab es in diesem Deliktsbereich eine signifikante Steigerung der Fallzahlen und Schadenssumme. Auch aktuell bewegen sich die Fallzahlen immer noch auf hohem Niveau", teilte ein LKA-Sprecher dem BR mit. Von etwa 11.500 Versuchen im letzten Jahr seien im Freistaat rund 650 erfolgreich gewesen – Tatbeute (nur am Telefon): knapp 14 Millionen Euro.

Noch höher ist die Erfolgsquote beim Enkeltrick über die sozialen Netzwerke: Beim "WhatsApp-Betrug" (häufig aber auch per SMS) ist fast jeder dritte Versuch erfolgreich. Rund 3.000 Opfer zahlten 2022 laut LKA knapp acht Millionen Euro auf Betrugskonten ein. Dass der Chat zu den Verwandten oder Freunden nicht über den bekannten Absender läuft, erklären die Täter den Opfern laut LKA ganz einfach so: "Ich habe mein Handy verloren", daher die neue Rufnummer. Diese Betrugsmasche wird laut LKA erst seit dem vergangenen Jahr häufiger angewendet.

Kampagnen gegen Trickbetrug zeigen erste Erfolge

Immerhin: Die Aufklärungskampagnen der Polizei zeigen erste Erfolge. Karl-Heinz Busch von der Kripo Traunstein ist Präventionsfachberater zur Bekämpfung von Trickbetrug für die Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land. Die Versuche der Betrüger, an Geld und Gold zu kommen, seien heuer zwar um 40 Prozent gestiegen, sagt er. Zurückgegangen sei aber die Übergabe an "falsche Polizisten" um rund 30 Prozent.

Wurde 2022 im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd noch eine Schadenssumme von 2,4 Millionen Euro angezeigt, hat sich in diesem Jahr die Schadensumme halbiert. Busch wertet das als Signal, dass die Bevölkerung wachsamer geworden ist – auch durch die vielfältigen Aktionen der Polizei.

Zusammenarbeit mit den Banken – das "Präventionskuvert"

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Präventionskuvert der Polizei Oberfranken für den Bankschalter: Warnung vor "Schock"-Abhebungen

In Oberfranken zum Beispiel hat die Polizei ein sogenanntes "Präventionskuvert" an die Schalter der Bank-Filialen verteilt: Kommt es einem Bankmitarbeiter merkwürdig vor, dass ein Kunde größere Beträge in bar abhebt, packt er das Geld in das mit einem Warntext bedruckte Kuvert. Denn die Betrüger halten oft während der Geldabhebung Telefonkontakt mit ihrem Opfer, um mithören zu können, was geschieht. Auf dem Briefumschlag sind Fragen der Polizei gedruckt – mit dem Hinweis "Können Sie zwei oder mehr Fragen mit 'JA' beantworten? Wenden Sie sich an die Polizei. Wählen Sie die 110!"

Fragenkatalog der Polizei:

  • Wurden Sie angerufen?
  • Sollen Sie das Geld noch heute übergeben?
  • Wurde Ihnen verboten, über den Grund der Abhebung zu sprechen?
  • Hat sich der Anrufer als Familienangehöriger, Polizist, Arzt, Notar oder Richter ausgegeben?
  • Sollen Sie das Geld an eine Ihnen unbekannte Person übergeben?
  • Sollen Sie etwas überweisen oder eine Geldwertkarte kaufen?

"Traunsteiner Modell" Vorbild für andere Staatsanwaltschaften

Unterstützung bekommt die Polizei von der Justiz. Eine Spezialabteilung zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, das sogenannte Traunsteiner Modell, hat sich zum Ziel gesetzt, Schockanrufer und andere Trickbetrüger über Grenzen hinweg aufzuspüren. Wer erwischt wird, muss im Landgerichtsbezirk Traunstein mit hohen Haftstrafen rechnen. In den vergangenen Wochen wurden nach Schockanrufen festgenommene Abholer oder Anrufer zu bis zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Das harte Durchgreifen hat abschreckende Wirkung und hat sich herumgesprochen. Wer sich auf die Mitarbeit bei diesen Betrüger-Banden einlässt, verlangt mitunter jetzt mehr Geld – "eine Art Risikozuschlag", wie Oberstaatsanwalt Rainer Vietze im BR-Interview feststellt. Justiz und Polizei arbeiten in Traunstein in sehr enger Abstimmung. Die "Bäckertütenaktion" ist nur eine von zahlreichen Maßnahmen, um Trickbetrügern den Boden zu entziehen.

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