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Überfüllte Schulbusse beschäftigen die BR24-Community. Darunter auch User "Neinhorn", der kommentiert: "Thema Schulbusse: sind zu wenige, zu unzuverlässig. Jeden zweiten Tag müssen wir das eine Kind fahren, weil der Bus überfüllt ist/vorbeifährt/gar nicht kommt." User "Oki" sieht es ähnlich: "(...) die Busse sind generell einfach zu voll! Und zwar richtig vollgestopft. Unser Kind kommt da nicht entspannt an, eher genervt und durchgeschaukelt."
Einige BR24-User ziehen es daher vor, ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren. Auch auf die Gefahr hin, dass es dort dann zum Verkehrschaos kommt. BR24-User "ueberdentellerand" schreibt dazu: "Ich kann mein Kind in die Schule bringen, wie ich will. Bevor ich es in den überfüllten Schulbus setze, fahr ich selbst."
Dass die Schulbusse vielerorts überfüllt sind und manche Eltern ihre Kinder daher lieber mit dem Auto zur Schule fahren, liegt nach Ansicht von Experten an der Unterfinanzierung des Systems. Aber nicht nur.
Busse, die nur zu Stoßzeiten fahren, kosten mehr
Mehr als 500.000 Schüler in Bayern haben ein Recht auf kostenlose Fahrten zur Schule, so das Kultusministerium. Anspruch haben Schüler von der ersten bis zur zehnten Klasse, die mehr als drei Kilometer von der Schule entfernt wohnen. Das zu organisieren ist Aufgabe der Kommunen. Städte und Gemeinden nehmen dafür jährlich rund 180 Millionen Euro in die Hand. Der Freistaat schießt weitere 270 Millionen zu.
Was ein Schulbus den Auftraggeber kostet, ist höchst unterschiedlich. Entscheidend ist vor allem, ob der Unternehmer den Bus nur als sogenannten "Verstärker" braucht, also zu den Stoßzeiten morgens und mittags, oder ob der Bus auch dazwischen fährt. Letzteres verringert die Kosten meist deutlich.
Einen Unterschied macht es zudem, ob die Busse im sogenannten "freigestellten" Schülerverkehr benötigt werden, also um ausschließlich Schüler zu fahren. Oder ob es sich um reguläre ÖPNV-Linien handelt, die auch von Berufspendlern genutzt werden.
Ein Schülertransport kostet Gemeinden rund 800 Euro im Jahr
Aus einer Antwort auf eine Anfrage der AfD im bayerischen Landtag im vergangenen Jahr schreibt das Kultusministerium [externer Link], dass die Kosten für einen Schüler im Durchschnitt bei 800 Euro pro Jahr liegen. Er kann in kleineren Gemeinden aber auch bei über 1.000 Euro je Schulkind liegen, in Großstädten hingegen bei nur 400 bis 600 Euro. Der Unterschied liegt darin, dass in Großstädten mehr Schüler den ÖPNV auf dem Weg zur Schule wählen, was deutlich günstiger ist. Oft werden für Gemeinden so mehr als 100.000 Euro im Jahr fällig.
Der bayerische Gemeindetag nennt den Schülerverkehr angesichts der vielerorts klammen Kassen eine große Herausforderung. Freiwillige Mehrausgaben seien den Kommunen oft untersagt.
Wegen klammer Kassen: Schulbusse zu fast 100 Prozent ausgelastet
In der Folge liegt die Auslastung der Schulbusse in ganz Bayern nahe 100 Prozent, schätzt der Geschäftsführer des Landesverbandes Bayerischer Omnibusunternehmen, Stephan Rabl. Sprich: Die Zahl der zugelassenen Sitz- und Stehplätze, die in allen Bussen einsehbar sein muss, wird ausgenutzt. Bei Reisebussen können es bis zu 20 Stehplätze sein, bei Stadtbussen bis zu 60. "Überfüllt" wäre ein solcher Bus dann der Definition nach nicht, aber sehr voll.
Einer, der das stellvertretend für viele Eltern kritisiert, ist Georg Niederschweiberer vom Sachgebiet Schulwegsicherheit beim Bayerischen Elternverband. Seine Kritik: Schulbusse seien "grundsätzlich überfüllt" und würden "knallhart kalkuliert".
Dabei können Kreise und Gemeinden durchaus zusätzliche Busse ordern. BR24-User "cundy2007" hat das so erlebt. Er schreibt in den Kommentarspalten: "Dann beschweren, wenn die Busse zu voll sind. Haben wir auch gemacht, nun kommt ein zusätzlicher Bus."
Den Busunternehmen fehlen die Fahrer
Allerdings: Noch schwieriger als die Finanzierung gestalte sich vielerorts die Suche nach Bussen und vor allem Fahrern. Christian Bock ist Juniorchef des Busunternehmens Habo in Heinersreuth im Landkreis Bayreuth. Er kennt das Problem: Der Branche fehle das Personal. Würde ein zusätzlicher Bus gefordert, könnte der vielerorts gar nicht gestellt werden, sagt Bock. Ein Grund dafür: Die Kosten für einen Busführerschein, die in Deutschland über 10.000 Euro lägen, während sie in Österreich weniger als die Hälfte kosteten.
Rabl vom Omnibusverband bestätigt das. Zwar stünden für das Angebot, das Unternehmer bei einer Ausschreibung abgeben, schon genügend Fahrer zur Verfügung. Aus Kostengründen würden "im Einzelfall" aber einfach weniger Fahrzeuge als nötig ausgeschrieben.
Lösungsideen: Zeitversetzter Schulbeginn?
Zur Lösung des Problems regen Unternehmer wie Elternvertreter gleichermaßen an, dass der Unterricht an Bayerns Schulen zeitversetzt beginnen könnte. Das würde den Andrang auf die Busse zu Stoßzeiten reduzieren.
So sieht es auch BR24-User "spunny": "8 Uhr Schulbeginn ist nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowieso zu früh für den Schulbeginn. Wird aber nicht mal diskutiert, daran etwas zu ändern. Würde dann nebenbei auch zur Entzerrung im ÖPNV führen." User "Buchenstein" fordert: "Die Schulen später anfangen lassen. Nicht um acht, sondern um neun Uhr. Dann müssen die Buskinder nicht um sechs Uhr losfahren."
Ein zeitversetzter Unterrichtsbeginn sei rechtlich möglich, bestätigt Bayerns Kultusministerium auf BR24-Nachfrage. Es gibt aber Zweifel, dass die Kommunen die nötigen Mehrfahrten bezahlen könnten.
Auch Busunternehmer Bock hat Ideen, wie es in Bayerns Schulbussen künftig sicherer zugehen könnte. Einer seiner Fahrer habe kurzerhand Viertklässler zu Schulbussprechern bestimmt. Die kümmerten sich unter anderem darum, dass im Bus aufgerückt wird und ältere Schüler jüngeren Platz machen. Derartige Schülerlotsen seien früher üblich gewesen, so Bock.
Ziel: Kunden von morgen für den ÖPNV begeistern
Und Elternvertreter Niederschweiberer sieht den Gesetzgeber am Zug. Der müsse eine Anschnallpflicht im Schulbus durchsetzen und das Problem der ungesicherten, schweren Schulranzen lösen. Auch bei der Bemessung der Stehplätze sollten die Ranzen einkalkuliert werden, genauso wie eine typische kindliche Grüppchenbildung.
"Andernfalls", sagt Niederschweiberer, "werden die Kunden von morgen den ÖPNV wohl weiter als unbequem erleben und bei erster Gelegenheit auf das Auto umsteigen".
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