Es ist 6 Uhr morgens – Schichtbeginn für Peter Hagl am Bus-Betriebshof im Münchner Osten. Er wird heute die Linie 62/63 fahren und hunderte Fahrgäste an ihr Ziel befördern. "Also die Linie ist schon sehr staubelastet, vor allem im Innenstadt-Bereich. Und was heute auf uns zukommt, bei den Witterungsverhältnissen, das werden wir sehen." Hagl bugsiert seit 36 Jahren Busse durch den dichten Münchner Verkehr.
Nachwuchssorgen: Große Rentenwelle steht an
Doch die bayerischen Verkehrsbetriebe haben große Nachwuchssorgen. Vier von zehn Tram-, U-Bahn- oder Busfahrern gehen in den kommenden zehn Jahren in den Ruhestand. Das sind tausende Stellen in Bayern. Die Verkehrsbetriebe werben derzeit hunderte Quereinsteiger an, um Ausfälle zu vermeiden.
In Nürnberg versucht Ausbilder Stefan Bauer an einem Schnuppertag sechs potenzielle Azubis für den Job zu begeistern. Die VAG lockt neben einem guten Gehalt mit einem persönlichen Tablet, zusätzlich stehen Kicker und Playstation im Aufenthaltsraum bereit. Denn der Druck bei den Verkehrsbetrieben ist groß: "Wir sprechen ja von der Verkehrswende und bis zum Ende des Jahrzehnts brauchen wir etliche hundert neue Kolleginnen und Kollegen. Und ein Großteil soll sich am besten natürlich aus den Auszubildenden generieren", erklärt Bauer.
Grafik: Welche Berufe sind von der Babyboomer-Lücke besonders betroffen?
"Zum Erfolg verdammt"
Auch abseits der großen Verkehrsaufkommen in den Städten werden Busfahrer händeringend gesucht, wie in Weilheim beim Regionalverkehr Oberbayern. Denn auch in ländlichen Regionen gestaltet es sich immer schwieriger, den Fahrbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Auswirkungen sind gravierender als in der Stadt, wie Niederlassungsleiter Ralf Kreutzer weiß: "Bei uns ist es manchmal auf manchen Linien so: Wenn der Bus in der Früh ausfällt, dann ist der nächste Bus, der kommt, der der mittags die Kinder eigentlich wieder heimfährt. Wir sind eigentlich zum Erfolg verdammt. Es darf eigentlich nicht passieren, dass wir den Bus nicht besetzen."
Teurer Führerschein ist eine Hürde
Auch hier gibt es zahlreiche Maßnahmen, um neue Kollegen zu gewinnen: Mitarbeiterwohnungen, Prämien für Neuanwerbungen, Sprachkurse und Unterstützung bei der Berufsausbildung. Eine Hürde bleibt bestehen: der teure Busführerschein. Zum Teil übernimmt die Arbeitsagentur die Kosten, aber nicht immer.
Was das dann für den Arbeitgeber bedeutet, erklärt Ralf Kreutzer: "Wenn wir im teuersten Fall die vollen Kosten übernehmen und derjenige dann auch drei Monate Gehalt bekommt, damit er Vollzeit in die Fahrschule gehen kann, dann reden wir schon von bis zu 20.000 Euro, die wir investieren als RVO."
Fahrer beklagt wenig Wertschätzung
Zurück in München bei Peter Hagl: Der Busfahrer wird in etwa sieben Jahren in Rente gehen. Er mag seinen Beruf, aber er fühlt sich im Dienst von den Fahrgästen oft nicht wertgeschätzt, erklärt er in Kontrovers – Die Story. "Für die Fahrgäste sind wir nur eine Maschine. Die Leute, die schauen sich nicht mal mehr um beim Einsteigen. Die gehen an dir vorbei. Freundliche Worte hört man eher selten."
Immerhin sind in den vergangenen Jahren die Löhne gestiegen. Laut Bundesagentur für Arbeit verdienen Bus- und Straßenbahnfahrer im Schnitt etwa 3.300 Euro brutto, oft kommen diverse Zulagen dazu.
Herzblut und Schichtdienst
Doch die Bezahlung allein ist für viele Interessierte nur ein Faktor bei der Berufsentscheidung. Oft ist der Schichtdienst ein Knackpunkt, der den Beruf unattraktiv macht. Busfahrer Hagl weiß nach über drei Jahrzehnten hinterm Steuer, was das bedeutet: "Am Samstag, Sonntag arbeiten. An Feiertagen arbeiten. Schichtdienst heißt dann arbeiten, wenn Freunde zum Feiern gehen. Auch mal arbeiten, wenn wichtige Familienfeiern sind. Und das muss man halt abkönnen."
Einen Ratschlag an die jungen Kollegen möchte er geben: "Ein bisschen Herzblut, sonst läuft das Ganze nicht. Wenn du bei Kollegen drinsitzt und denen zuschaust, weißt du genau, ob die ihren Job gerne machen oder ob sie ihn einfach nur machen, weil sie ihn machen."
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