Gerade kommen die ersten größeren Gruppen ukrainischer Flüchtlingsfamilien nach Bayern. Noch kann Heinz-Peter Meidinger vom Deutschen Lehrerverband wenig darüber sagen, was damit auf die Schulen zukommen wird. Er sieht eine "Riesen-Hilfsbereitschaft" unter Lehrern, Schülerinnen und Eltern, so der Lehrerverbandspräsident aus dem Landkreis Rottal-Inn.
Lehrerverband: unbürokratisch und flexibel helfen
Gleichzeitig zeigten erste Rückmeldungen, dass bei den ukrainischen Eltern ein starker Wille da sei, ihre Kinder schnell in die Schule zu schicken. "Bayern muss deshalb unbürokratisch und sehr flexibel Aufnahmemöglichkeiten schaffen", fordert der Chef des Deutschen Lehrerverbands.
Im Moment läuft die Aufnahme von Kindern ins Schulsystem laut Kultusminister in Bayern im Standardverfahren ab: Die Kinder sollen in der für ihren Wohnort zuständigen Sprengelschule aufgenommen werden. Noch ist unklar, an welchen Orten sich die Schulen auf ukrainische Schüler einstellen müssen und wo der größte Bedarf sein wird. Das mache die Planung schwierig, sagt Maike Finnern von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Lehrerverbände fordern mehr Personal
Gerade fehlende Fachkräfte könnten jetzt noch mehr zum Problem werden. Die Lehrerverbände fordern deutlich mehr Personal, mehr Lehrkräfte. Außerdem brauche es zusätzlich Räume für die wohl steigende Zahl an Schülerinnen und Schülern, sagt die GEW-Vorsitzende Finnern. Auch Bayerns Kultusminister Michael Piazolo stellt sich auf zusätzliche Kapazitäten ein. Vermutlich müssten neue Klassen gebildet werden, zusätzliche Lehrkräfte seien nötig.
Nur: Woher sollen die Lehrkräfte kommen. Es gibt bereits einen Fachkräftemangel, außerdem sind viele Schulen nach zwei Jahren Pandemie am Limit. Laut Kultusminister Piazolo können im Moment neun Prozent der Lehrkräfte in Bayern nicht arbeiten. Um jetzt für ukrainische Kinder Kapazitäten zu schaffen, will der Minister pensionierte Lehrer zu animieren, zurück an die Schulen zu kommen.
Diese Idee hatte er bereits zur Bekämpfung des allgemeinen Lehrermangels angeführt. Doch in der jetzigen Situation sieht Lehrerverbandschef Meidinger gute Chancen dafür. Ihm erzählen pensionierten Lehrkräfte, in der jetzigen Situation "blute ihnen das Herz".
Ukrainische Lehrerinnen und Lehrer einbinden
Außerdem kann sich der Kultusminister vorstellen, geflohene Lehrerinnen und Lehrer aus der Ukraine einzubinden, wo dies möglich sei. Doch für Lehrkräfte aus dem Ausland gibt es momentan noch hohe Hürden, kritisiert die GEW und fordert, die müssten jetzt niedriger angesetzt werden als in Friedenzeiten.
In Bayern kommen geflüchtete Kinder und Jugendliche bisher oft zuerst in so genannte Deutschklassen. Dort sollen sie die Sprache lernen, um danach in die regulären Klassen integriert zu werden. Die Deutschklassen für Kinder sind an den Grundschulen und Mittelschulen angedockt. Laut Kultusministerium gibt es derzeit rund 375 solcher Klassen in Bayern. Dazu kommen an 420 Deutschklassen an den Berufsschulen. An Realschulen und Gymnasien gibt es außerdem Angebote im kleinen Maßstab.
Wie stark der Bedarf an diesen Klassen ansteigen wird, darüber will das Ministerium derzeit nicht mutmaßen und verweist auf die sehr dynamische Lage. Die GEW in Bayern plädiert dafür, statt ukrainische Schüler in reinen Deutschklassen aufzunehmen, jeweils zwei oder drei Schülerinnen in die Regelklassen zu integrieren.
Kultusministerkonferenz spricht mit ukrainischer Generalkonsulin
Wie die Schulen in Deutschland mit den neuen Herausforderungen umgehen sollen, darüber werden die Länder auch auf der heutigen Kultusministerkonferenz (KMK) in Lübeck sprechen. Die derzeitige Präsidentin der KMK, Karin Prien, Kultusministerin in Schleswig-Holstein, will auch auf ukrainische Erzieherinnen und Erzieher setzen, als kurzfristige Unterstützung. Dazu gehe die KMK jetzt in die notwendigen Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit und den zuständigen Ministerien.
Am Anfang der KMK am Mittag steht ein Gespräch mit der ukrainischen Generalkonsulin in Hamburg, mit der sich die Kultusminister austauschen wollen. Viele Bundesländer bereiten sich im Moment auf den Zuzug ukrainischer Kinder ins Schulsystem vor. Sachsen hat zum Beispiel bereits die Möglichkeit geschaffen, 200 Stellen kurzfristig zu besetzen, mit Lehrkräften und Schulassistenten.
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