Nachdem eine Frau vergangenen Mittwoch beim Genuss eines Glases Weißwein in einem Restaurant in Affing schwere Verletzungen erlitten hat, sind nun weitere Details bekannt geworden. Demnach hatte auch der 52-jährige Wirt des italienischen Lokals leichte Verletzungen erlitten, wie die Polizei auf Anfrage des BR bestätigte. Er hatte von dem Glas genippt, die Flüssigkeit aber wieder ausgespuckt, wie eine Augenzeugin dem BR berichtet hatte. Die 40-jährige Frau, die zusammen mit ihrem Mann und Kind zu Gast war, traf es schlimmer: Sie erlitt Verätzungen im Bereich der Speiseröhre und musste in eine Spezialklinik gebracht werden. Die 40-Jährige befindet sich laut Polizei aktuell noch im Krankenhaus, ist aber bereits auf dem Wege der Besserung.
Polizei geht nicht von Vorsatz aus
Nach derzeitigem Ermittlungsstand geht die Kriminalpolizei Augsburg nicht von einer vorsätzlichen Tat aus. Die Flasche und deren Inhalt würden derzeit noch untersucht, so eine Sprecherin der Polizei. Wie die ätzende Flüssigkeit in die Flasche gelangt ist, sei noch unklar. Der Wein sei aus einer zuvor verschlossenen gewesenen Flasche ausgeschenkt worden.
Andere Gäste verhalten sich vorbildlich
Die Gäste im voll besetzten Lokal hätten, so die Augenzeugin zum BR, vorbildlich reagiert. Keiner habe das Handy gezückt, um zu filmen. Eine Krankenschwester, die zufällig im Restaurant war, habe sich um die Verletzte gekümmert, die am Nebentisch zusammengebrochen war, ein anderer Gast habe vor dem Haus auf Rettungswagen gewartet und den Sanitätern den Weg gezeigt. Sie selber, so die Augenzeugin zum BR, habe sich gefühlt, "wie im falschen Film", die Situation sei sehr dramatisch gewesen.
Im Notfall ist schnelle Hilfe gefragt
Hat jemand etwas Ätzendes wie Säure oder auch Lauge getrunken, dann hat er sofort heftige Schmerzen, im Mund und im Bauch. Es kommt zu mehr Speichelfluss, die Schleimhäute sind weißlich verquollen oder fangen sogar an zu bluten. Bei einer Vergiftung mit einer solchen Flüssigkeit rät das Rote Kreuz, dem Betroffenen Leitungswasser in kleinen Schlucken einzuflößen. Damit werde die aufgenommene Substanz verdünnt. Falsch sei es, ein Erbrechen auslösen zu wollen. Das führe nur dazu, dass die Speiseröhre noch mal Schaden nimmt. Helfen kann man trotzdem, und zwar indem man zuallererst den Rettungsdienst alarmiert und dann auch bei dem Betroffenen bleibt und ihn beruhigt. In Affing haben das die Ersthelfer in wohl ganz vorbildlich gemacht. Und sie haben sogar die Flüssigkeit sichergestellt und dem Notfallteam mitgegeben.
Verätzungen gibt es immer wieder
Vorfälle wie in Affing kommen gar nicht so selten vor, sagt Helmut Messmann, Professor für Gastroenterologie an der Augsburger Uni-Klinik. Seine Abteilung führe keine Strichlisten, aber er erinnere sich an etliche Fälle, zuletzt an drei Betroffene, die in einem Augsburger Restaurant Verätzungen erlitten hätten, wenngleich in weit weniger schlimmem Ausmaß, so der Mediziner. Ihm zufolge handelt es sich in diesen Fällen um Rückstände aus Reinigungsprozessen der Abfüllanlagen, die in einzelnen Flaschen zurückbleiben können.
Ein anderer Faktor sei, so Messmann, die "leidige Praxis", ätzende Substanzen in normale Flaschen umzufüllen. "Säuren oder Laugen in Limo-, Wein- oder Wasserflaschen umzufüllen ist ein No-Go", betont Messmann. Derlei Substanzen sollten nur in speziell gekennzeichneten und mit Warnaufkleber versehenen Gefäßen gelagert werden. Denn oft seien die Opfer ansonsten Kinder. Säuren oder auch Laugen könnten bei oraler Aufnahme schlimmste Verletzungen im Magen und Speiseröhrenbereich anrichten und würden auch bei nur leichteren Verletzungen das Risiko für spätere Krebserkrankungen erhöhen, so der Experte. Betroffene sollten immer zu einem Arzt gehen.
Ermittlungen dauern an
Das Landratsamt Aichach-Friedberg teilte dem BR auf Anfrage mit, derzeit sei das Amt weder gewerberechtlich noch lebensmittelrechtlich in den Vorfall von Affing eingebunden. Laut Augsburger Polizei dauern die Ermittlungen an. Man gehe derzeit von einem Einzelfall aus. Weitere Angaben wollte die Polizei nicht machen.
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