Teenager im Stall
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Auf Familienbetrieben ist es selbstverständlich, dass Kinder mit anpacken

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Viele Vorschriften: Kinder in der Landwirtschaft

Viele Vorschriften: Kinder in der Landwirtschaft

In der Landwirtschaft ist es selbstverständlich, dass die ganze Familie mit anpackt. Auch Kinder helfen häufig am Hof mit. Trotzdem gelten Vorgaben zum Jugendarbeitsschutz. Doch die sind in der Praxis oft gar nicht so leicht einzuhalten.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Georg Mitterreiter ist 14 Jahre alt. Obwohl er gerade Sommerferien hat, stehen Freunde und Freibad für ihn aktuell nicht an erster Stelle. Denn zu Hause auf dem Bauernhof ist viel zu tun. Seine Eltern haben einen Milchviehbetrieb im Landkreis Mühldorf am Inn. Neben der Stallarbeit gibt es besonders im Sommer immer etwas zu tun: ernten, Heu machen, Gülle ausbringen.

Doch das Leben auf dem Hof und das Mithelfen würden ihm Spaß machen, sagt Georg. Außerdem würden viele seiner Freunde ebenfalls in der Landwirtschaft aufwachsen und daheim mitarbeiten. Das Freibad kann also warten.

Die Mitterreiters haben drei Söhne und eine Tochter im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Sie haben ihren Betrieb so organisiert, dass sie die Hilfe ihrer Kinder nicht zwingend brauchen. Alles müsse freiwillig sein, sagt Margot Mitterreiter. "Es kann ja nicht der Hof auf der Arbeitskraft meiner Kinder fußen." Trotzdem sei jede halbe Stunde, die sie mit anpacken würden, eine Entlastung.

Regeln zum Traktorfahren sind vielen nicht bekannt

Alle vier haben Lust auf Landwirtschaft – und da ist es manchmal gar nicht so leicht, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Angefangen beim Traktorfahren - Georg brennt darauf. Einen Führerschein kann er aber erst in ein bis zwei Jahren machen. Was viele nicht wissen: Selbst auf Privatgrund darf er nur fahren, wenn das Gelände vollständig umzäunt ist. Auf einem Hof muss sogar das Tor verschlossen sein.

Nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd gelten andernfalls die gleichen Regeln zum Führen eines Fahrzeugs wie auf einer öffentlichen Straße. Auch bei privaten Feldwegen, Forststraßen oder einem Acker müsse geprüft werden, ob die Flächen nicht zum Beispiel Fußgängern oder Radfahrern zur Benutzung offenstehen.

Auf vielen Höfen ist es aber gang und gäbe, dass der Nachwuchs auch mal auf den Traktor steigt. Margot Mitterreiter sagt, es sei nicht leicht, die Kinder davon abzuhalten. "Wenn sie jünger sind, wollen sie mithelfen und finden Traktorfahren spannend."

Berufsgenossenschaft im Zwiespalt

Das ist auch der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft bekannt. Über die LBG sind Bauernhöfe versichert, außerdem ist sie für Unfallverhütung zuständig. Sicherheitsberater Christian Satzl sagt, er sei manchmal in einem Zwiespalt, weil er wisse, wie das Traktorfahren auf vielen Höfen gehandhabt werde. Aber er müsse immer wieder darauf hinweisen, dass ein 14-Jähriger kein Erwachsener ist und eine gewisse körperliche und geistige Reife vorhanden sein müsse. "Von unserer Seite heißt es: Wenn jemand einen Führerschein hat, darf er mit dem Fahrzeug fahren."

Mithilfe nur tagsüber erlaubt

Ein weiterer Punkt, bei dem Realität und Praxis auseinanderklaffen, sind die erlaubten Arbeitszeiten. Auf landwirtschaftlichen Familienbetrieben dürfen 13- bis 15-Jährige bis zu drei Stunden pro Tag leichte Tätigkeiten übernehmen – in anderen Bereichen sind nur zwei Stunden erlaubt. Allerdings dürfen die Jugendlichen unter 16 Jahren nur in der Zeit zwischen 8 und 18 Uhr mitanpacken. Auch das sei schwer einzuhalten, sagt Margot Mitterreiter. Zum einen fänden Stallarbeit und Melken größtenteils in der Früh und am Abend statt. Zum anderen gebe es immer wieder Arbeitsspitzen, zu denen sie auch nach 18 Uhr mal Hilfe von den Kindern gebrauchen könne, zum Beispiel, wenn Heu eingebracht wird.

Der Berufsgenossenschaft geht es bei Kindern und Jugendlichen vor allem darum, dass sie keinen Gefahren ausgesetzt sind. Christian Satzl achtet zum Beispiel darauf, dass sie nur unter Aufsicht zur Kuhherde in den Laufstall gehen und einen Führstock dabeihaben. "Wir müssen die Euphorie immer wieder ein bisschen bremsen, weil wir sehen, dass ein Unfall schneller passiert ist, als man denkt." Die Diskrepanz zwischen gesetzlichen Auflagen und Realität sei immer wieder Thema, wenn er Höfe besichtigt.

Georg nimmt die Diskussion gelassen. Es gebe so viele verschiedene Dinge zu tun, die ihm Spaß machen. Aber er freut sich schon darauf, wenn er ab 15 den vorgezogenen Traktor-Führerschein machen darf.

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