Ist laut Bayerischem Verfassungsschutz ein Salafist: Der Prediger Ibrahim El Azzazi.
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Ist laut Bayerischem Verfassungsschutz ein Salafist: Der Prediger Ibrahim El Azzazi.

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Volksverhetzung: Münchner TikTok-Salafist angeklagt

Volksverhetzung: Münchner TikTok-Salafist angeklagt

Er hat Zehntausende Follower auf TikTok, ist laut Verfassungsschutz ein Salafist: Nach BR-Recherchen droht dem Prediger El Azzazi ein Prozess. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat ihn unter anderem wegen Volksverhetzung angeklagt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Prediger Ibrahim El Azzazi beantwortet Glaubensfragen kurz und einfach: So hat er es zum deutschlandweiten TikTok-Star geschafft – mit Zehntausenden Followern und über einer Million Likes. Auch auf Youtube sind seine Videos zu finden.

El Azzazi ist ein spezieller Star. Denn der in München aufgewachsene Prediger steht unter Beobachtung des Bayerischen Verfassungsschutzes. Für die Behörde ist er Angehöriger einer ultrakonservativen Strömung innerhalb des Islamismus, dem sogenannten Salafismus. Auch in der vom Verfassungsschutz als salafistisch eingestuften Münchner Moschee El-Salam ist der Prediger nach BR-Informationen immer wieder aufgetreten.

Anklage wegen Volksverhetzung

Den Verfassungsschützern zufolge [externer Link] vertritt El Azzazi "antidemokratische, frauenfeindliche und homophobe Ansichten". Eine dieser Ansichten führte vor einiger Zeit zu Ermittlungen der bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelten Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus.

Nun droht dem Prediger ein Prozess. Die Generalstaatsanwaltschaft hat auf BR-Anfrage bestätigt, dass er vor dem Münchner Amtsgericht wegen Volksverhetzung angeklagt wurde. El Azzazis Anwalt hat eine BR-Anfrage bisher nicht beantwortet. Bis zur rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Grund für die Anklage wegen Volksverhetzung ist ein Video El Azzazis im Kurzformat, das inzwischen nicht mehr abrufbar ist, aber dem BR vorliegt. Eine Rolle spielt in dem Video eine von Kurden geprägte religiöse Gruppierung – die sogenannten Jesiden.

Eine Userin fragt den Prediger, was er vom Jesidentum halte. Unter anderem antwortet der Prediger, dass er gehört habe, dass Jesiden den Teufel anbeteten. Was davon zu halten ist, das beschäftigt nun das Münchner Amtsgericht. Das Gericht muss entscheiden, ob der Tatverdacht ausreicht, um das Hauptverfahren zu eröffnen.

Weitere Vorwürfe gegen El Azzazi

Allerdings steht nicht nur der Vorwurf der Volksverhetzung im Raum. Teil der gleichen Anklage gegen El Azzazi sind weitere Vorwürfe der Generalstaatsanwaltschaft München, zu denen sie bisher keine genaueren Angaben macht: "gefährdendes Verbreiten nicht allgemein zugänglicher personenbezogener Daten in Tateinheit mit unberechtigtem Verarbeiten nicht allgemein zugänglicher personenbezogener Daten und Anstiftung zur Fälschung beweiserheblicher Daten".

El Azzazi kürzlich zu Geldstrafe verurteilt

Außerdem findet sich in der Anklage der Generalstaatsanwaltschaft noch der Vorwurf der Körperverletzung. Dieser Punkt ist deshalb interessant, weil das Landgericht Essen den Prediger im Sommer bereits wegen vorsätzlicher Verletzung seiner Partnerin in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt hatte. Die Partnerin trat im Prozess als Nebenklägerin auf.

Dem Essener Landgericht zufolge hatte der Prediger "im November 2021 mit einem Kubotan (Anmerkung der Red.: Ein Gegenstand, der als Waffe für den Nahkampf verwendet wird) auf den Handrücken der Nebenklägerin" gestochen, "wodurch diese Schmerzen und ein Hämatom am Handrücken erlitt". Außerdem nahm er laut Gericht an einem anderen Tag im November 2021 – auf die Frage seines Sohnes, was "choken" sei – "die Nebenklägerin für zehn Sekunden in einen Würgegriff, sodass dieser die Luft wegblieb". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Landgericht teilt mit, dass die Staatsanwaltschaft "zu Ungunsten des Angeklagten Revision eingelegt" habe.

Pädagoge warnt vor TikTok-Predigern

Seit Jahren warnen Verfassungsschützer vor dem Prediger, der eine salafistisch geprägte Ausbildung in Ägypten absolviert haben soll. Videos von Personen wie El Azzazi sind laut Bericht des Bayerischen Verfassungsschutzes [externer Link] so konzipiert, "dass sie aufgrund ihrer Themenwahl bei der jungen Zielgruppe Interesse wecken und einen niedrigschwelligen Einstieg in islamistische Denkweisen und Filterblasen bieten."

So erklärt El Azzazi etwa, warum es aus islamischer Sicht verboten sei, dass Frauen alleine ohne männliche Begleitung reisen. Auch sei es Sünde, sich tätowieren zu lassen. Von Aussteigerprogrammen wie der unter anderem in Bayern aktiven Nichtregierungsorganisation VPN wird El Azzazi kritisch gesehen.

"Die salafistische Propaganda ist relativ einfach gestrickt. Es geht um die absolute Deutungshoheit, das heißt alle anderen Lesearten des Islams, die Vielfalt wird ausgeblendet", so kürzlich der für VPN arbeitende Pädagoge Navid Wali in einem BR-Interview.

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