Jagdminister Hubert Aiwanger ärgert sich heftig über den Bund Naturschutz. Als "völlig falsches Signal" und "Zäsur in der bayerischen Natur- und Umweltpolitik" hatte dessen Landesvorsitzender Richard Mergner in einem Brand-Brief an Ministerpräsident Söder die Verlagerung der Zuständigkeit für Jagd und Staatswald in Aiwangers Wirtschaftsministerium kritisiert. Söder solle sich deshalb "unmissverständlich für den im Waldgesetz festgelegten Grundsatz 'Wald vor Wild' und eine effektive Jagd" einsetzen. Bis vor kurzem gehörten die Ressorts Jagd und Staatsforsten zum Landwirtschaftsministerium von Michaela Kaniber (CSU).
Offenbar hat Mergner Zweifel, dass Aiwanger als jetzt zuständiger Minister für Jagd und Staatswald die Wildbestände, wie im Jagdgesetz festgelegt, tatsächlich reduziert. Das sei aber in der Klimakrise nötig, um die "Wiederherstellung von Laubwäldern" zu ermöglichen.
Jäger und Waldbesitzer Aiwanger nennt Naturschützer "Ökoideologen"
Aiwanger reagiert auf BR-Nachfrage, es sei "schon bezeichnend, wenn teils eigentumsfeindliche Ökoideologen dagegen sticheln, dass ein Landwirt und Waldbauer, der selbst auf die Jagd geht" für Wald und Jagd zuständig sei. Da hätten wohl "einige Grüne Angst, nicht genügend Meinung manipulieren zu können, wenn jemand Ahnung von der Sache" habe, so Aiwanger. Er sei jedenfalls dagegen "das Jagdrecht der Grundbesitzer zu beschneiden wie in Bundesländern, wo eigentumsfeindliche Ökoideologen und Wolfsaussetzer das Sagen" hätten. Außerdem findet Aiwanger: "Ich brauche mir von einem Herrn Mergner keine Tipps geben zu lassen, wie man richtig jagt. Der soll selber den Jagdschein machen. Soll rausgehen, dann wird vielleicht alles besser."
Mergner nennt Attacke Aiwangers in Ton und Inhalt "unwürdig"
Richard Mergner, der Vorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern, findet auf BR-Nachfrage: "Tonfall und Inhalt der Attacke von Hubert Aiwanger auf den sorgenvollen Brief des Bund Naturschutz zu Wald und Jagd sind einem stellvertretenden Ministerpräsidenten unwürdig. Wir sind selbst Waldeigentümer und sorgen uns genauso wie zigtausende Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in Bayern um unseren Wald, der ganz stark den Folgen der Klimakrise und den vielfach zu hohen Wildbeständen zum Opfer zu fallen droht." Deswegen erwarte der Bund Naturschutz eine inhaltliche Auseinandersetzung, so Mergner. Wer das Eigentum, auch das Waldeigentum schützen wolle, müsse eine gute Jagd machen. Und er müsse dafür sorgen, dass "der Wald zu einem Mischwald umgebaut werden kann und auch in Zukunft noch Erträge liefert".
Auf BR-Nachfrage bekennt sich Aiwanger zum Grundsatz „Wald vor Wild“. Aber er sagt auch: Wald und Wild müssten nachhaltig bewirtschaftet werden, dann passe das. „Also nicht mit Abschuss allein verjüngt man die Wälder, sondern wir müssen die Wälder auch so bewirtschaften, dass die Naturverjüngung eine Chance hat, dass Licht in die Wälder kommt, dass Mischbaumarten herausgepflegt werden und nicht die Eichen beispielsweise dann von der Fichte tot gewachsen werden.“ Da helfe es auch nichts, wenn vorher das Reh geschossen werde, so Aiwanger.
- Zum Artikel: Jagen für den Klimaschutz: Ein Naturschützer auf der Pirsch
Forstministerium beruhigt: keine Gefahr für "Wald vor Wild"
Im Forstministerium gibt man sich wegen des Streits zwischen Jagdminister Aiwanger und Bund Naturschutz gelassen. Durch den Ressortwechsel von Jagd und Staatsforsten ins Wirtschaftsministerium bestehe keine Gefahr für den Wald. Der Grundsatz "Wald vor Wild" sei im Waldgesetz verankert, so ein Ministeriumssprecher zum BR. Auch der Waldpakt, der im Koalitionsvertrag der beiden Regierungsfraktionen stehe, bekenne sich zu "Wald vor Wild".
Außerdem bleibe "die Zuständigkeit für das Waldrecht, die Forstpolitik sowie die rund 700.000 Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in Bayern" auch künftig im Forstministerium und damit bei Forstministerin Michaela Kaniber.
Zur Erklärung: die Art der Waldbewirtschaftung, also wie viele Bäume gefällt werden dürfen und letztendlich auch, wie viel Wild dem Wald guttut, dafür liegt die Zuständigkeit weiterhin bei Forstministerin Kaniber. Vor allem um die Zahl der Reh-Abschüsse pro Jagdrevier geht der erbitterte Streit. Waldbesitzer und Naturschützer fordern möglichst wenig Rehe im Wald, damit junge Bäume von alleine aufwachsen können und nicht verbissen werden. Am liebsten ist ihnen eine günstige, natürliche Verjüngung des Waldes ohne Wildschutzzäune durch selbst gekeimte Bäumchen, hin zu einem Mischwald. Die Jäger halten dagegen den Rehbestand eher nicht für zu hoch und bremsen bei den Abschussvorgaben. Naturschützer werfen den Jägern dabei regelmäßig vor, vor allem an den Geweih-Trophäen älterer Tiere interessiert zu sein.
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