50.000 graue Mülltonnen gibt es in der Stadt Bamberg. Im vergangenen Jahr wurden fast alle Behälter mit einem Kunststoffpuck bestückt, der in etwa so groß ist wie eine zwei Euro Münze. Dieser Chip besitzt eine Codenummer, mit der die Restmülltonne eindeutig identifiziert und so einem Grundstück zugeordnet werden kann. Seit November ist das System scharf geschaltet. Kostenpunkt: 350.000 Euro. Der Landkreis hat den Chip seit 20 Jahren in der Tonne. Dort wird der Bürger für einen umweltschonenden Umgang mit Müll belohnt.
Das Identsystem für die Mülltonne
Einige Städte und Gemeinden haben in Bayern bereits ihre Mülltonnen mit einem Chip ausgestattet, denn auch die Abfallwirtschaft geht digital. Der kleine Transponder hat eine Identifikationsnummer gespeichert. Wird der Behälter in den Müllwagen gekippt, dann liest ein Gerät den Chip aus. Behälter ohne Transponder werden nicht mehr geleert. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationssicherheit beschreibt den Grund für die Einführung des Systems aber auch damit, dass eine "verursacherbezogene Abrechnung" erfolgen soll.
Das wird in Bamberg nicht der Fall sein. Hier geht es in erster Linie darum, erst einmal den tatsächlichen Bestand festzustellen, da die Müllbehälter in der Stadt zum Teil bereits seit Jahrzehnten eingesetzt werden und der Bamberg Service davon ausgeht, dass es "über die Jahre zu Abweichungen zwischen den Sollbestand und dem Istbestand vor Ort gekommen ist". Sprich: manche Tonnen könnten dazu gekauft worden, manche verschwunden sein.
"Und das heißt: Realität und Datenlage sind immer mehr auseinander gewandert. Wir haben die Mülltonnen über 30 Jahre lang nicht gezählt. Es wird Zeit, dass wir hier mal einen Überblick gewinnen", erklärt Thomas Beese vom Baureferat der Stadt Bamberg. Das führe zu einer Gebührengerechtigkeit, denn wenn nur gechipte Tonnen geleert werden, seien Schummeleien nicht mehr möglich.
Und weiter heißt es von der Bamberger Verwaltung: "Über den Transponder, der bei jeder Leerung ausgelesen wird, lässt sich ermitteln, wann, wo und wie oft welche Tonne geleert wurde. Diese Daten sind wichtig, um möglichst ressourcenschonende Touren zu planen und den Behälterbestand besser zu verwalten." Damit, so der Baureferent Thomas Beese, werde die Entsorgung effektiver und auf Dauer könnten Personal und Fahrzeuge eingespart werden.
350.000 Euro für Mülltonnen mit Chip
Die Ausrüstung der Tonnen mit dem Transponder, die Installation auf den Müllfahrzeugen, Anschreiben an Bürger, eine Telefonhotline und die Lizenzen für die nächsten sechs Jahre kosten rund 350.000 Euro. Eine weitere Einsatzmöglichkeit ist mit dem Transponder nicht vorgesehen. "Es ist derzeit nicht angedacht, mit dem Identsystem ein Gebühreneinsparmodell zu verbinden. Das heißt, dass der Bürger kein Geld sparen kann, wenn er seine Tonne, die nur halb voll ist, nicht leeren lässt. Im Vollservice wäre eine Umsetzung eines solchen Modells ohnehin schwierig, da der Mitarbeiter vorab wissen müsste, welche Tonnen er an welchem Leerungstag vom Grundstück an die Straße ziehen muss und welche nicht", heißt es dazu in einem Schreiben der Stadt.
Vollservice heißt, die Tonne wird von den Mitarbeitern der Abfallwirtschaft geholt, geleert und wieder zurückgebracht. Dieser Service wird aber nur für die Restmülltonne in der Stadt Bamberg angeboten. Die Papier- oder Kompostbehälter müssen die Bamberger schon jetzt selbst raus- und wieder reinstellen. 244 Euro kostet die Leerung einer 120-Liter Rest-Mülltonne im Vollservice (Bring- und Holsystem) im Jahr.
Landkreis Bamberg: Transponder schon lang im Einsatz
In anderen Orten, wie beispielsweise im Landkreis Bamberg, gibt es den Chip in der Tonne schon seit 20 Jahren. Das kleine runde Teil im Behälter hat aber hier nicht nur einen Kontrollzweck. Wer die Tonne im Landkreis nicht rausstellt, weil sie nur halb voll ist, muss auch die Leerung nicht zahlen. Von den vorgesehenen 26 Leerungen im Jahr können die Haushalte acht auslassen.
Umgerechnet wäre das bei einer 120 Liter-Tonne zwar nur eine Einsparung von rund 40 Euro im Jahr, aber mittlerweile sind auch kleinste Einsparungen für die Haushalte wichtig.
Der Hauptgrund für den Chip aber, so der Landkreis Bamberg, sei das Anliegen, dass damit jeder selbst bestimmen kann, wie umweltfreundlich er ist. Bei der normalen Verbrauchertonne seien die Leerungen bis 2023 auf 21,4 gesunken. "Der Kunde nimmt bei uns die Möglichkeit der Einsparungen an", so Christian Martin vom Landratsamt Bamberg. Die Möglichkeit, die Tonne nicht so oft leeren zu lassen, gilt im übrigens auch für Gewerbebetriebe.
Anleitung zum Stellen von Müllkübeln
Im Vollservice sei diese Art von Umweltschutz und Einsparungen für die Bürger nicht umsetzbar, argumentiert die Stadt Bamberg. Aber vielleicht ist er auch bald für viele Haushalte in Bamberg sowieso nicht mehr möglich, denn die Bürger bekamen vor kurzem ein Schreiben von der Stadt, die noch einmal detailliert darauf hinweist, wie Mülltonne zu stehen haben und wie hoch, breit und beschaffen der Zugang zum Abstellplatz sein muss.
So darf zum Beispiel der Standplatz zum Entleerungsort maximal 15 Meter entfernt liegen. Ein "Abstand von 0,20 Meter zwischen Behältern und Behältern und Seitenwänden" muss gewährleistet sein, heißt es im Schreiben. Es darf keine Rillen, Schlaglöcher oder Absenkungen im Belag geben, ebenso wenig Kies- und Schotterflächen oder Rasengittersteine. Vor den Behältern muss eine ausreichende Bewegungsfläche von 1,20 Meter (2-Rad) bzw. 1,50 Metern (4-Rad) vorhanden sein. Durchgängige Mindesthöhen von 2,10 Meter, bei Durchgängen und Türen 1,95 Meter sind einzuhalten. Vor den Behältern muss "ausreichend Bewegungsfläche von 1,20 Meter (2-Rad) bzw. 1,50 Meter (4-Rad)" vorhanden sein. Wer das ab April 2024 nicht einhält, dessen Tonne wird nicht mehr geleert.
Die Mitarbeiter, die die Tonnen aus Kellern oder aus den hintersten Ecken Tag für Tag rausziehen müssen, haben einen Knochenjob und stehen ständig unter Zeitdruck. Für ihre Arbeit muss um Verständnis geworben werden, doch viele Bamberger hätten sich hier eine andere Art und Weise gewünscht. Aber nun ist auch der Chip in den Tonnen von Bamberg angekommen, 20 Jahre nach Einführung im Landkreis.
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