Das schwer umstrittene Stromleitungsprojekt mit Namen P44 von Thüringen nach Franken ist wieder da. Wenn auch mit neuem Namen – es heißt jetzt "P540". Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger (FW) hatte es noch 2019 als "großen Erfolg" bezeichnet, die geplante Hochspannungstrasse "wegverhandelt" zu haben. Nun verkündete er, dass sie doch kommt, wenn auch in veränderter Form.
Staatsregierung hat sich mehr Stromtrassen gewünscht
Diese überraschende Wende könnte auf eine Intervention der bayerischen Staatsregierung zurückzuführen sein. Die großen Stromnetzbetreiber planten in ihrem ersten Entwurf für den Netzentwicklungsplan 2037/45 noch ohne die zusätzliche Leitung zwischen Thüringen und Unterfranken. Vergangenen Sommer jedoch machte Bayern in seiner Stellungnahme zu den Plänen klar, dass aus Sicht des Freistaats die geplanten Leitungen nicht ausreichten. "Der Strombedarf der bayerischen Industrie und für die Wasserstofferzeugung in Bayern wird unterschätzt. In der Konsequenz wird der Übertragungsbedarf von und nach Bayern im aktuellen Netzentwicklungsplan zu gering angesetzt", beklagte die Staatsregierung in einem Beschluss vom November.
Die neue Leitung kommt in den 2030er-Jahren
Nun hat die Bundesnetzagentur die zusätzliche Wechselstromleitung für notwendig erklärt. Solche Leitungen verlaufen in der Regel oberirdisch auf klassischen Hochspannungsmasten. Auch für abschnittsweise Erdverkabelung sind die Möglichkeiten in diesem Fall nach Ansicht von Experten begrenzt, unter anderem wegen des schwierigen Terrains in der Region. Gebaut werden soll nach 2030.
Die Trasse soll jetzt einen Umweg über Thüringen nehmen
Aiwanger stellte bei einem Pressetermin heraus, dass es gegenüber den ursprünglichen Plänen für die Stromleitung in deren neuen Version eine wesentliche Veränderung gibt: Sie soll zwar wie gehabt von Schalkau im südthüringischen Landkreis Sonneberg nach Grafenrheinfeld in Unterfranken führen. Allerdings nun nicht mehr in gerader Linie, sondern in einem Bogen nordwärts über Thüringer Gebiet. "Das hat den Vorteil, es geht weniger durch bayerisches Gebiet", betonte Aiwanger. Begründet wird die Umplanung damit, dass die Leitung auch ein Umspannwerk in Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) anschließen soll, in dessen Umfeld Windparks und größere Mengen an Photovoltaik geplant sind.
Aiwangers Kehrtwende in Sachen Stromtrassen
In Bayern vermutlich betroffen von der neuen Hochspannungsleitung sind die Landkreise Coburg, Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und Schweinfurt. Die bayerische Staatsregierung und vor allem der Freie Wähler Aiwanger haben in Sachen Stromtrassen eine Kehrtwende hinter sich. Noch 2020 hatte Wirtschaftsminister Aiwanger erklärt: "Ich will keine dieser Trassen." Inzwischen achten er und die Staatsregierung vor allem darauf, dass es nicht zu wenige sind. Weil Bayern inzwischen mehr Strom verbraucht, als es selbst produzieren kann, ist es vor allem auf Windstrom aus dem Norden angewiesen.
Auch Südwestlink führt nach Unterfranken
Bestätigt hat die Bundesnetzagentur außerdem den Plan, dass auch ein Abzweig des unterirdischen Gleichstromkabels Südwestlink nach Unterfranken führen wird. Auch dies ist eine Änderung gegenüber den ursprünglichen Plänen der Netzbetreiber, sie war jedoch bereits seit einigen Monaten bekannt.
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