Ali Mohammad Akthari muss in Unterfranken ganz von vorne anfangen. Bis 2021 hat er mehr als zehn Jahre lang für die Bundeswehr in Masar-e Scharif in Afghanistan gearbeitet. Nach dem Abzug der Truppen und der Machtübernahme der Tailban war es für ihn und seine Familie dort nicht mehr sicher. Er durfte nach Deutschland kommen. Seine älteste Tochter musste er allerdings zurücklassen, weil sie als Volljährige keinen Anspruch auf Familiennachzug hatte.
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Bund kürzt bei Migrationsberatung
Dass Tochter Friba jetzt doch kommen konnte, war ein Riesenaufwand – der ohne die Hilfe der Migrationsberatung nicht möglich gewesen wäre. Doch künftig könnte so etwas schwierig werden: Denn der Bund will bei genau diesen Beratungsleistungen den Rotstift ansetzen. Dabei hatte die Regierung damals versprochen, ihren afghanischen Mitarbeitern zu helfen, wo es geht. 30.000 Afghanen sind mittlerweile nach Deutschland gekommen. Allein in Unterfranken leben derzeit nach Angaben der Regierung von Unterfranken 511 afghanische Ortskräfte. Doch eine echte Perspektive fehlt offenbar.
Hilfebedarf bei alltäglichen Fragen und Aufgaben
Vater Ali Mohammad hat nämlich bisher keinen Job finden können – trotz Deutschkurs und Berufserfahrung als Kfz-Mechaniker: "Natürlich will ich arbeiten. Das Jobcenter hat auch immer wieder Vorschläge für mich. Aber wenn ich arbeite, muss jemand auf die Kinder aufpassen, meine Familie, meine behinderte Tochter braucht Unterstützung. Ich muss mich um alles kümmern."
Dass er in einem Vollzeitjob immer Urlaubsanspruch hat, abends zuhause ist und das mit den alltäglichen Aufgaben in der Familie gut vereinbar sein kann, will die Ansprechpartnerin der Migrationsberatung ihm vermitteln.
Viele afghanische Ortskräfte leben noch in Übergangswohnheimen
So lebt die Familie noch immer in einem Übergangswohnheim. "Wenn man auf die Hilfe vom Jobcenter angewiesen ist, ist es schwer, eine Wohnung zu finden. Deshalb wohnen wir immer noch hier. Wir haben keine Wahl", sagt Ali Mohammad. Laut der Regierung von Unterfranken wohnt die Hälfte aller afghanischen Ortskräfte noch immer in Wohnheimen der Regierung.
Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm
Welche Möglichkeiten Ali Mohammad hat, darüber spricht er immer wieder mit seiner Ansprechpartnerin der Migrationsberatung. Eine so enge Betreuung könnte aber künftig schwierig werden: Denn der Bund will bei genau diesen Integrationsleistungen kürzen. Kathrin Speck vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Unterfranken befürchtet, dass sie ihren Aufgaben dann nicht mehr gerecht werden können: "Der Beratungsbedarf ist größer als bisher. Das ist mit weniger Personal nicht zu bewältigen. Wir kommen jetzt schon kaum rum. Wenn das noch um 30 Prozent reduziert wird, schaffen wir das nicht."
30 Prozent weniger Geld für Migrationsberatung
Im nächsten Haushalt sind für Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer – also etwa für afghanische Ortskräfte – nicht mehr 81 Millionen Euro eingeplant, sondern nur noch 57 Millionen Euro. "Die berufliche Integration wird erschwert. Beratung trägt dazu bei, dass die Leute integriert werden und ein gutes Miteinander in der Gesellschaft entsteht", so Kathrin Speck. Vom Sprecher der Bundesregierung heißt es, dass man im nächsten Haushalt schlicht mit weniger Geld auskommen müsse. Das Innenministerium verweist darauf, dass zumindest für Integrationskurse mehr Geld vorgesehen ist. Der Haushaltsentwurf geht nun in die parlamentarischen Beratungen. Mitte November ist die sogenannte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses geplant. Dort kommt es üblicherweise noch zu erheblichen Veränderungen am Entwurf.
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