In den vergangenen Jahren und vor allem seit Corona ist die Zahl der zugelassenen Wohnmobile und Wohnanhänger sprunghaft angestiegen. Abgestellt werden die Fahrzeuge oft da, wo das Parken nichts kostet. Und an solchen Orten stehen oftmals nicht nur Camper, sondern auch Anhänger, Foodtrucks, Lkw oder sogar Boote – zum Frust der Anwohnerinnen und Anwohner.
Nach unserem Bericht vor einem Jahr über eine dauerhaft vollgeparkte Straße im Münchner Stadtteil Hadern haben wir uns vor Ort noch einmal umgeschaut und dabei festgestellt: Es hat sich etwas verändert: Es sind jetzt noch mehr Fahrzeuge und Anhänger abgestellt, und zwar deutlich mehr.
Besuch nach einem Jahr: Noch mehr abgestellte Fahrzeuge und Anhänger
Bei unserem ersten Besuch im Mai 2023 war ein Seitenstreifen der Straße, nämlich der direkt neben dem Naturlehrpfad am Waldfriedhof, fast komplett zugeparkt. Ein Jahr später zeigt sich: Mittlerweile ist das auch auf der anderen Seite der Straße, also direkt neben den Wohnhäusern, der Fall. Es gibt zwischen den hohen Fahrzeugen auf der 900 Meter langen Straße nur noch ein paar wenige Lücken.
Weiterhin stehen an der Straße viele Wohnwagen und Wohnmobile. Es sind aber auch zahlreiche Anhänger dort abgestellt. Alte und neue, kleine und große. Auffallend ist, dass es dort auch viele Foodtrucks gibt, die man sonst von Marktständen kennt. Auf einem Fahrzeug ist beispielsweise eine Henne abgebildet und obendrüber steht groß "Feinkost". Direkt gegenüber dem Verkaufswagen steht ein noch ganz neuer "Foodtrailer" mit Tölzer Kennzeichen.
Alter Stadtbus und abgestelltes Boot immer noch an derselben Stelle
Ein paar abgestellte Fahrzeuge sind bereits bekannt: Ganz vorne an der Straße steht zum Beispiel noch immer der alte Stadtbus mit Fürstenfeldbrucker Kennzeichen. Der war bei den Dreharbeiten vor einem Jahr auch schon an derselben Stelle. Ein paar Meter weiter hinten versperren zwei große Lkw einer Münchner Umzugsfirma die Sicht. Sie stehen sich direkt gegenüber, auf beiden Seitenstreifen der Straße.
Außerdem haben Besitzer an der Straße ihre Boote abgestellt. Eines davon war schon im Vorjahr an derselben Stelle. Es ist mit einer Plane abgedeckt und unter dem Boot liegen viele alte Blätter.
Anwohnerin: "Es ist alles dicht jetzt"
Anwohnerin Ernestine, sie will ihren Nachnamen nicht nennen, ist bei unserem Besuch vor Ort gerade dabei, mit Blumen in der Hand die Straße zu überqueren. Denn direkt gegenüber der Wohnsiedlung führt ein idyllischer Weg zum Waldfriedhof. Auch die ältere Dame bestätigt, dass es in den letzten Monaten noch mehr abgestellte Fahrzeuge und Anhänger geworden sind: "Es ist ja alles dicht jetzt. Heute ist es mir zweimal so gegangen, da habe ich auch nicht gesehen: 'Wo ist jetzt der Müllcontainer? Ist er jetzt da oder ist er jetzt dort?'"
Die Münchnerin findet, dass die Gegend durch die vielen abgestellten Fahrzeuge entwertet werde: "Sieht nicht toll aus hier. So eine schöne Gegend und dann ein Ding nach dem andern."
Wohnmobile dürfen unbefristet parken – Wohnwagen, Anhänger oder Boote nicht
Dabei gibt es klare Regeln, was wie lange im öffentlichen Raum abgestellt werden darf: Wohnmobile dürfen unbefristet lange parken – Wohnwagen, Anhänger oder Boote nicht. Denn nach der Straßenverkehrsordnung gilt ein Wohnmobil als Pkw und damit darf das Fahrzeug – wie jedes andere Auto auch – unbefristet lange parken. Da Wohnwagen, Anhänger oder Boote ohne Zugfahrzeug sind, müssen sie alle 14 Tage bewegt werden. Eigentlich. Anwohnerinnen und Anwohner wie Ernestine berichten, dass hier kaum kontrolliert werde.
"Seit Monaten steht da hinten ein Auto mit eingeschlagenen Fensterscheiben", erzählt ein Herr, der gerade seinen Hund Gassi führt. Die Polizei sei einmal da gewesen, berichtet er weiter, das zeige ein Zettel an der Windschutzscheibe. "Aber dann ist nichts mehr passiert."
Polizei: Kein "reines Wohngebiet", Überwachung zeitlich aufwändig
Die zuständige Polizeiinspektion für das Stadtgebiet bestätigt auf BR-Anfrage, das Parken von Kfz-Anhängern ohne Zugfahrzeug sei verboten. Auf die Frage, ob und wie oft kontrolliert werde, hieß es: "Dies zu überwachen unterliegt einem gewissen Aufwand, da die Zeitüberschreitung rechtssicher nachweisbar sein muss." Und: Es handle sich bei der besagten Straße nicht um ein "reines Wohngebiet".
Anwohner: Geht nicht nur um Optik, sondern auch um Sicherheit
Trotzdem gibt es auf einer Seite der Straße Wohnungen und Häuser. Auf dem Gehweg herrscht ein reges Treiben. Viele Anwohnerinnen und Anwohner zeigen sich frustriert über die Situation. Und dabei geht es den meisten nicht einmal nur um die Optik, sondern auch um die Sicherheit. Denn es handelt sich hier um eine vielbefahrene Straße, auch Stadtbusse sind unterwegs.
Eine Ampel gibt es nur ganz vorne. Wer weiter hinten die Straße Richtung Waldfriedhof überqueren will, muss erst zwischen den abgestellten Fahrzeugen hindurch ganz weit nach vorne auf die Fahrbahn treten, um überhaupt zu sehen, ob ein Auto oder ein Radfahrer kommt.
So macht es auch David mit seinen beiden kleinen Kindern auf dem Fahrrad: "Dreh dich mal um Laura, so kommen wir nicht über die Straße rüber", ruft er seiner Tochter vor dem Überqueren zu. "Hier ist nicht frei, schau mal, da kommt grad einer."
"Die Kreuzungen hier sind schon sehr zugeparkt. Grad für die Kleinen, wenn sie selber gucken wollen beim Über-die-Straße-Gehen, das ist schwierig", so der Familienvater. Deshalb fährt er langsam vor, bis er genug sieht. Dann gibt er den Kindern ein Signal, die dann hinterherkommen.
Abstellalternativen oder mit Anwohnern das Gespräch suchen
Wohnmobile, Foodtrucks, Boote oder Anhänger könnten auch anderswo dauerhaft geparkt werden. Im Großraum München zum Beispiel gibt es viele Grundstückseigentümer oder Bauernhöfe, die Stellplätze für Wohnmobile oder Anhänger anbieten. Entsprechende Anzeigen sind leicht in Kleinanzeigen-Portalen zu finden, die Stellplätze sind oftmals sogar überdacht. Die Mieten dafür betragen meist zwischen 50 und 80 Euro pro Monat.
Wer sein Wohnmobil lieber in der Nähe und in der Stadt haben möchte, kann für ein besseres Miteinander vor dem Abstellen das Gespräch mit den direkt betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern suchen und zusammen einen Platz auswählen, der niemandem die Sicht versperrt. Das hat auch die Münchner Familie Geyer so gemacht.
Da sie ihr Wohnmobil mehrmals im Jahr nutzt, kam für sie ein Stellplatz außerhalb nicht in Frage. "Wir haben mit unseren Nachbarn das Abkommen beschlossen, dass wir es nicht direkt bei denen vor den Balkon stellen oder vor die Terrasse", erzählte Marion Geyer in unserem ersten Bericht im Mai 2023. Mittlerweile hat die Familie ein neues Wohnmobil und ist weiterhin davon überzeugt: "Miteinander reden hilft meistens."
Dieser Artikel ist erstmals am 26. Mai 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!