Es sieht nach außen unspektakulär aus: Ein Handy, ein Mikrofon, so klein wie ein Daumen, und ein 20-Jähriger, der junge Leute anspricht, um mit ihnen kurze Interviews zu führen. "Dreht ihr das fürs Fernsehen?", fragen die Leute trotzdem. Bei dem Dreh in Unterfranken haben sie das BR-Auto gesehen, mit dem das Team von "sag_mal" angekommen ist. "Nein, für TikTok", lautet die kurze Antwort und die Reaktionen der Leute sind meist positiv. Die Hemmungen, kurz bei einem TikTok-Dreh dabei zu sein, scheinen geringer als bei einer Produktion fürs Fernsehen mit der großen Kamera.
funk-Format will Perspektiven junger Menschen in den Fokus rücken
"sag_mal" ist der neue TikTok-Kanal von funk, dem deutschlandweiten Content-Netzwerk von ARD und ZDF. Der Kanal will das Leben junger Menschen auf dem Land in den Fokus rücken und lässt sie dabei selbst zu Wort kommen. Gedreht wird überall in Deutschland: Auf Volksfesten, bei Sportvereinen, vor Diskotheken oder auf Veranstaltungen, die Folklore und Brauchtum feiern.
Im Zentrum von "sag_mal": 14- bis 18-Jährige vom Land
Voraussetzung ist nur, dass das Team von "sag mal" an den Orten auf genügend Leute trifft, für die der Kanal konzipiert ist. Für Menschen, die ungefähr zwischen 14 und 18 Jahre alt sind, die aus kleineren Orten stammen und eben nicht aus der großen Stadt – die das Leben auf dem Land genießen und dort auch ihre Zukunft sehen.
Themen der neuesten Videos waren zum Beispiel:
- Welches Klischee nervt dich über die Freiwillige Feuerwehr?
- Zu spät zum Fußballtraining – deine Ausrede?
- Dorffeste versus Stadtfeste – was ist besser?
"Sehr junge Zielgruppe": Rein in die Portfolio-Lücke von funk
"funk hat einen ziemlich guten Blick darüber, wen sie mit ihren 60 bis 70 Formaten erreichen", sagt Florian Meyer-Hawranek aus der Redaktionsleitung von PULS, das für den BR Formate für funk produziert. "Die beobachten das sehr genau anhand der User-Daten, die sie bekommen und können so feststellen, wo noch Lücken in ihrem Portfolio sind, wen sie nicht so gut erreichen", so Meyer-Hawranek weiter.
Ziel: Jünger und ländlicher werden
funk richtet sich an 14- bis 29-Jährige in ganz Deutschland. Gerade bei den besonders jungen Menschen habe man festgestellt, dass 14- bis 18-Jährige auf dem Land weniger erreicht werden. So sei funk mit dem Auftrag an PULS herangetreten, für diese Gruppe ein neues Format zu entwickeln. Bei der digitalen Entwicklung haben die Verantwortlichen das BR-Studio Würzburg mit ins Boot geholt.
Format zusammen mit Jugendlichen entwickelt
Meyer-Hawranek verweist auf die Erfahrung, die seine Redaktion PULS mit der Entwicklung von Formaten habe. Mit den Formaten "Die Frage", "iam.justmyself" und "Das schaffst du nie", erreicht der BR Abrufzahlen in Millionenhöhe. "Wir gehen dabei so vor, dass wir das Format nicht nur bei uns in der Redaktion entwicklen", sagt Meyer-Hawranek, "sondern wir testen das in der Entwicklung schon mit der Zielgruppe."
Um ein geeignetes Format auf die Beine zu stellen, müsse man die Bedürfnisse und Wünsche der Zielgruppe kennen. "Wir hatten Test-User und-Userinnen schon in der Pilotphase mit dabei. Wir haben uns ganz viel Feedback im Entwicklungsprozess geholt, um möglichst genau einen Inhalt haben zu können, der eine junge heimatverbundene Zielgruppe trifft und um genau auf der Plattform unterwegs zu sein, auf der diese Zielgruppe unterwegs ist", so Meyer-Hawranek.
Warum ist "sag_mal" auf TikTok?
Anhand dieses umfangreichen Feedbacks sei auch die Wahl auf die Plattform TikTok gefallen. "In der sehr jungen Zielgruppe ist das die wichtigste Plattform", so der PULS-Co-Chef. Rund 40 Prozent von ihnen nutzen TikTok, viele von ihnen intensiv.
Keine Kontrolle über Platzierung auf TikTok
Wie der TikTok-Algorithmus die mit öffentlich-rechtlichen Geldern finanzierten Videos schließlich platziert und ausspielt, darüber habe man aber keine Kontrolle. "Wir haben auch keine Kontrolle darüber, was mit den User-Daten passiert", so Meyer-Hawranek. Gleichzeitig dürfe man auch nicht an vielen jungen Leuten einfach vorbeisenden, sondern müsse mit öffentlich-rechtlichen Inhalten dort hingehen, wo die Menschen sind. Die Plattform müsse man kritisch sehen und begleiten, sagt Meyer-Hawranek. "Wir wollen sie aber nicht nur den Werbeinteressen und den privaten Medien überlassen."
- Zum Artikel: Wie süchtig macht TikTok?
"sag_mal" mit einem 20-jährigen Südtiroler vor der Kamera
Beim Format "sag_mal" steht ein 20-jähriger Südtiroler vor der Kamera, der auch dialekt-gefärbt spricht. Noah Plank aus Welschnofen weiß, was das Landleben ausmacht und hat Erfahrung mit Videos auf TikTok. Dort postet er erfolgreich Videos – vor allem Umfragen. "Ich habe gemerkt, dass das die Leute sehr interessiert, dass die Leute darauf ansprechen, Kommentare schreiben und dass so Diskussionen entstehen", so Plank. Er hat sich vor rund einem Jahr einfach mal privat an erste Umfrage-Videos herangewagt, die bald innerhalb Südtirols viral gegangen sind. Das sei laut Plank auch ein großer Vorteil von TikTok – auch Unbekannte können dort erfolgreich sein.
Inzwischen werde er in Südtirol regelmäßig auf der Straße erkannt und angesprochen, erzählt Plank. Um bei "sag_mal" vor der Kamera zu stehen, hat er sich in einem kleinen Casting durchgesetzt. "Unsere Drehziele liegen in ganz Deutschland und Österreich, das hat mich sehr angesprochen", sagt Plank. Bei dem jüngsten "sag_mal"-Dreh war er zum ersten Mal in Unterfranken. "Ich find es interessant, mit jungen Leuten aus verschiedenen Orten zu sprechen, ihre Meinungen zu hören", so der 20-Jährige. Er studiert nebenbei in Innsbruck italienisches Recht.
"sag_mal" bei Feuerwehr, Schulsanitätern und Handballern
In Unterfranken hat "sag_mal "die Schulsanitäter und Handballer in Waldbüttelbrunn, die Freiwillige Feuerwehr in Eisingen und das Frühjahrsvolksfest in Würzburg besucht. Die 14-jährige Sarah Langenhorst ist sowohl bei den Schulsanitätern als auch in der Freiwilligen Feuerwehr Eisingen aktiv und stand Rede und Antwort.
Wie kommt das neue Format bei jungen Menschen an?
Wie gefallen ihr die Videos des neuen Kanals, der für Menschen wie sie entwickelt wurde? "Einmal habe ich da eins mit Skipiste gesehen, eins mit einem Tanz, auch mal betrunkene Leute – das hat auf mich sehr sympathisch gewirkt", sagt Langenhorst. Der 14-Jährigen ist thematische Abwechslung wichtig, um sich dauerhaft abgeholt zu fühlen. "Ich kann mir natürlich auch irgendwelche Lernvideos anschauen, aber sowas schauen sich die Jugendlichen nicht an. Es geht einfach um ein bisschen Spaß und Unterhaltung", sagt sie.
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