Neuer Alltag für Familie Lisowski in Iggensbach: Sie haben eine ukrainische Familie bei sich aufgenommen.
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Neuer Alltag für Familie Lisowski in Iggensbach: Sie haben eine ukrainische Familie bei sich aufgenommen.

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Wie die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine gelingt

Wie die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine gelingt

Ukrainischen Kriegsflüchtlingen helfen: Das wollen derzeit viele Menschen. Eine polnisch-niederbayerische Familie aus Iggensbach im Landkreis Deggendorf zeigt, wie das gelingen kann.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

"Wie soll es mir schon gehen? Es ist Krieg in unserem Land." Die Stimme der Ukrainerin Ulyana zittert, Tränen steigen in ihren Augen auf. Doch jetzt sind sie, ihre Tochter und ihre Mutter in Sicherheit - in Niederbayern, genauer in Iggensbach im Landkreis Deggendorf.

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Polnische und ukrainische Familie in einem Haus

Das polnische Ehepaar Lisowski, das seit Jahren in Iggensbach lebt, hat die ukrainische Familie bei sich zu Hause aufgenommen. "Wir haben erst gespendet, haben beim Beladen von Hilfstransporten geholfen in der Gemeinde. Dann kam ein Anruf, ob wir eine Familie aufnehmen können. Wir haben nicht lange nachgedacht und sofort ja gesagt", erzählt Paulina Lisowski. Plötzlich schaltet sich während des Gespräch eines ihrer vier Kinder ein, der zwölfjährige Oskar: "Ich war erst dagegen, aber jetzt verstehe ich die Lage. Ich habe mit meinem Papa Nachrichten angeschaut. Jetzt würde ich ihnen gerne helfen."

Und die Lisowskis helfen: Auch wenn ihr Haus kein Palast ist, wie Papa Darius sagt, auch wenn sie selbst vier Kinder haben - sie haben Platz gemacht. Und: Sie können sich verständigen, ein großer Vorteil: "Irgendwie klappt das schon", so Darius. Sie unterhalten sich auf polnisch, teils ukrainisch und tippen Übersetzungen ins Handy ein.

Flucht aus der Ukraine vor Flugzeugen und Sirenen

Dass sie helfen, ist eine Selbstverständlichkeit für den 42-jährigen Darius, der in einem Sägewerk arbeitet. Er erinnert sich, wie ihm einst geholfen wurde, als er ein polnischer Saisonarbeiter in Deutschland war. Als sein Haus in Polen wegen eines technischen Defekts abbrannte und er Hilfe von seiner deutschen Firma erfahren hat. Diese Hilfsbereitschaft geben er und seine ganze Familie jetzt weiter.

"Wir sind froh, hier sein zu können", sagt Ulyana. Es sei ein guter Ort. "Hier kann ich schlafen, hier fühle ich mich sicher", meint ihre zwölfjährige Tochter Maria. Sie spricht von schlaflosen Nächten in der Ukraine, von Flugzeugen über dem Haus, von Sirenen, von Angst. Ihr größter Wunsch: "Ich will wirklich nach Hause, ich will meinen Hund sehen, mein Zimmer." Dann versagt ihre Stimme, sie bricht in Tränen aus.

Ukrainische Familie muss Männer zurücklassen

Maria und ihre Familie mussten alles zurücklassen: In der Ukraine, in Lwiw, hatten sie eine Speditionsfirma. Maria war im Fernsehen zu sehen als Moderatorin von Kinder-Nachrichten. Wie Ulyana erzählt, musste sie ihren Mann und ihren Vater zurücklassen, die jetzt in der Ukraine kämpfen.

Auf die Frage, wie es ihr und ihrer Familie damit geht, antwortet sie kaum. Nur so viel: "Die Ukrainer sind stark. Sie kämpfen für den Weltfrieden. Es geht um die ganze Welt." Damit spricht sie auf die Atomkraftwerke in der Ukraine an, die Putin im Visier hat. Vor ein paar Tagen erst wurde das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja beschossen und brannte.

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Ulyana, Maria und Irena aus der Ukraine sind jetzt in Iggensbach in Sicherheit.

Immer wieder sagt Ulyana, die Ukrainer würden sich Unterstützung von der Nato mithilfe eines Flugverbots erhoffen. Doch die Nato hat die Forderung zurückgewiesen.

Vergangene Woche ist die ukrainische Familie mit dem Auto in Iggensbach angekommen. "Sie sind nachts gekommen, mussten lange an der Grenze warten. Sie waren so müde, so fertig, sie wollten nur schlafen. Sie waren unter Stress", erzählt Darius Lisowksi. Ulyana und ihre Familie haben wenig Kleidung eingepackt. Sie dachten, sie würden maximal fünf Tage in Deutschland verbringen und dann wieder in ihre Heimat können. "Jetzt verstehe ich, dass es nicht so schnell geht", so Ulyana.

Nächste Schritte für ukrainische Flüchtlinge

Das Ehepaar Lisowski hilft jetzt bei den nächsten Schritten: Die ukrainische Familie wurde im Ankerzentrum bei der Regierung von Niederbayern angemeldet, damit sie Unterstützung vom Staat erhalten. Sie bleiben aber weiterhin in Iggensbach privat untergebracht.

Hilfe kommt auch von der Gemeinde selbst: Familie Lisowski und Iggensbachs Bürgermeister Wolfgang Haider stehen in engem Kontakt: "Darius hat die Unterlagen angefordert. Wenn er sie hat, werden wir das gemeinsam mit ihm im Einwohnermeldeamt bearbeiten", so Haider.

EU: Schutzstatus für Menschen aus der Ukraine

Ulyana und ihre Familie erhalten wie alle ukrainischen Kriegsflüchtlinge einen Schutzstatus: Die Mitgliedsstaaten der EU haben sich darauf geeinigt, dass der Schutzstatus ein Jahr für sie gilt, verlängerbar auf insgesamt drei Jahre. Mit dem Status erhalten sie Aufenthaltsrechte, Zugang zum Arbeitsmarkt, Zugang zu Wohnraum, Sozialhilfe, medizinische oder sonstige Unterstützung sowie Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Ein Asylverfahren müssen ukrainische Flüchtlinge nicht beantragen.

Wie genau die nächsten Schritte aber für die ukrainische Familie in Iggensbach aussehen, ist noch nicht ganz klar: Landkreise wie Deggendorf warten auf Vorgaben der Regierung für weitere Regeln und Vorgehensweisen im Umgang bei der Ankunft von Flüchtlingen aus der Ukraine. Da sie sie nicht beim Ausländeramt melden müssen, wenn sie privat unterkommen, haben die Landratsämter keinen Überblick: "Wir wissen nicht, wie viele da sind", sagt beispielsweise der stellvertretende Deggendorfer Landrat Roman Fischer. Ähnliches heißt es auch von der Bundespolizei.

Bayern plant Aufnahme von bis zu 50.000 Ukrainern - und mehr

Nach Einschätzung des Bayerischen Innenministeriums kamen bislang rund 5.000 Ukrainer in Bayern an. 1.800 Flüchtlinge wurden offiziell in staatlichen Unterkünften gemeldet. Doch ein Großteil kommt privat bei Freunden oder Verwandten unter. Bayern plant insgesamt die Aufnahme von bis zu 50.000 Ukrainern. "Da die Entwicklungen schwer vorhersehbar sind, stellen wir uns aber auch auf die doppelte Anzahl an Kriegsflüchtlingen ein", so Innenminister Joachim Herrmann.

Grafik: So viele Menschen fliehen aus der Ukraine

Bevölkerung über Hilfsangebote informieren

Wichtig sei, dass die Bevölkerung über Anlaufstellen und Hilfsangebote Bescheid wisse: Dass Landratsämter Bürgertelefone oder E-Mail-Adressen auf ihren Homepages eingerichtet haben, dass es Ansprechpartner und Hilfe gebe.

Dieses Wissen und diese Informationen müssten dann an ukrainische Flüchtlinge weitergegeben werden, die in ein fremdes Land kommen und die Strukturen hier nicht kennen, so Deggendorfs stellvertretender Landrat, Roman Fischer.

Wie Bürger in Bayern helfen können

Außerdem haben viele bayerische Landratsämter wie Deggendorf E-Mail-Adressen eingerichtet, an die sich Bürger wenden können, wenn sie Wohnraum zur Verfügung stellen wollen, wie Familie Lisowski aus Iggensbach: ukraine-hilfe@lra-deg.bayern.de. Neben den privaten Unterbringungen bereitet sich beispielsweise der Landkreis Deggendorf mit drei Turnhallen auf ukrainische Flüchtlinge vor. Auch mit dem Jugendamt stehe man in Kontakt, um unbegleiteten Minderjährigen Hilfe zukommen zu lassen.

Generelle Hilfsangebote für Kriegsflüchtlinge werden jetzt auch vom Land Bayern koordiniert: Auf der Website ukraine-hilfe.bayern.de können Bürger ihre Hilfsangebote wie Wohnungen unkompliziert hinterlegen, die dann von Regierung und Kommunen gebündelt werden. Besonders gefragt sind jedoch Dolmetscher, die bei Behördengängen unterstützen können.

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Oskar lenkt Maria von den Gedanken an den Krieg ab.

Ukrainer von Solidarität überwältigt

Ulyana, die jetzt in Iggensbach untergekommen ist, ist überwältigt von der Solidarität in Bayern, Deutschland und Europa: "Die Solidarität ist gut für uns, sie tut wirklich gut." Sie und ihre Familie wollen hierbleiben, bis der Krieg zu Ende ist. Wie lange das sein wird, weiß keiner von ihnen. Bis dahin wird die Hilfe vom zwölfjährigen Oskar Lisowski ganz konkret: "Maria hat ja gesagt, dass sie ihren Hund so vermisst - ich stelle ihr unseren vor!"

Und schon sind Maria und Oskar im Garten, spielen mit Schäferhund Honey, schaukeln und lachen. Es sind Momente wie diese, in denen Maria und ihre Familie aus der Ukraine abgelenkt sind, den Krieg für kurze Zeit vergessen können - dank Menschen wie der Familie Lisowski.

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