Surfactant heißt der Wirkstoff, um den es geht: Die unreifen Lungen von Frühgeborenen können den Wirkstoff zum Teil noch nicht ausreichend selbst produzieren. Die Folge ist Atemnot, die zu Hirnschädigungen und zum Tod führen kann. Mit der Gabe von Surfactant kann das so genannte Atemnotsyndrom verhindert werden.
Millioneninvestition auf Buchloer Schlachthof
Den Wirkstoff gewinnt die Pharmafirma GenMar in Buchloe aus den Lungen geschlachteter Rinder. Nur rund 20 Minuten bleiben für die Verarbeitung der Organe. Deshalb baut das Unternehmen jetzt für einen zweistelligen Millionenbetrag die Fertigungsstätte direkt auf dem Gelände des Buchloer Schlachthofs auf. Voraussichtlich 2027 soll die Produktionsstätte in Betrieb gehen.
Der Schlachthofbetreiber Vion und die GenMar-Mutter Lyomark Pharma arbeiten bei der Surfactant-Gewinnung schon seit 2006 zusammen. Mit der neuen Produktionsstätte auf dem Schlachthofgelände kann GenMar den Wirkstoff bald direkt vor Ort gewinnen und verarbeiten - und die Produktion um ein Vielfaches steigern.
Rettung für Frühchen weltweit
Das Atemnotsyndrom RDS zählt laut GenMar zu den Haupttodesursachen bei jährlich mehr als 15 Millionen Frühgeborenen weltweit. Der Leiter der Neonatologie am LMU Klinikum in München, Prof. Andreas W. Flemmer, schätzt, dass in Deutschland pro Jahr zwischen 20.000 und 30.000 Frühgeborene auf die Gabe von Surfactant angewiesen sind. "Die Substanz produzieren menschliche wie tierische Lungen selbstständig", sagt der Mediziner. "Sie bewirkt eine Senkung der Oberflächenspannung bei den Lungenbläschen, damit die Lungenbläschen bei der Atmung nicht kollabieren."
"Das ist absolut überlebensnotwendig"
Bei Frühgeborenen, die vor der 34. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen, seien die Lungen aber noch nicht ausgereift und der Organismus deshalb nicht in der Lage, Surfactant in ausreichender Menge selbst zu produzieren. Die Folge ist Atemnot. Deshalb wird den Kindern Surfactant verabreicht. "Das ist absolut überlebensnotwendig", sagt der Mediziner. Der Wirkstoff werde bereits seit Jahrzehnten meist aus Lungen von Schweinen oder Rindern gewonnen. Inzwischen könne man Surfactant auch künstlich herstellen. "Aber die synthetisch hergestellten Produkte haben noch nicht die Güte wie die natürlichen."
Einzigartiges Projekt in Buchloe
Nach Angaben von GenMar würde die Menge des bald in Buchloe produzierten Arzneimittelrohstoffs bestenfalls ausreichen, um jährlich 1,5 Millionen Dosen herzustellen. "Das heißt: 1,5 Millionen Frühchen können wir helfen, einen wichtigen Schritt ins Leben zu machen", sagt Geschäftsführer Fabian Wendel. Das Unternehmen schafft mit dem Neubau rund 20 Arbeitsplätze in der Ostallgäuer Stadt. Die Surfactant-Produktion aus Rinderlungen in einer Fertigungsstätte auf einem Schlachthof ist nach Angaben von GenMar in dieser Form europaweit einzigartig.
Pharmafirmen und Schlachthof arbeiten zusammen
Der Schlachthof in Buchloe mit seinen 300 Mitarbeitenden in der Produktion ist nach Angaben des Betreibers Vion einer der größten Rinderschlachtbetriebe in Bayern. Pro Woche werden dort rund 2.700 Rinder geschlachtet und 750 Tonnen Rindfleisch zerlegt. Rinderlungen wurden in Buchloe bisher vor allem zu Tierfutter verarbeitet. "Die Verwendung jetzt für Medikamente, die Leben retten, ist eine super Sache", sagt Schlachthofleiter Jürgen Schmidt.
Die Firma GenMar Pharma mit Sitz in Oberhaching ist auf die Entwicklung, Herstellung und Lieferung von Arzneimittelwirkstoffen spezialisiert. Ein besonderer Fokus liegt auf Medikamenten zur Behandlung von Frühgeborenen. Das Unternehmen ist eine Tochterfirma der Lyomark Pharma in Oberhaching und der irischen Aerogen Pharma. Beide stellen unter anderem Medikamente zur Behandlung des Atemnotsyndroms RDS bei Frühgeborenen her.
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