Blick auf Volkach (Archivbild)
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Wie eine Kleinstadt um eine Flüchtlingsunterkunft ringt

Wie eine Kleinstadt um eine Flüchtlingsunterkunft ringt

Im unterfränkischen Volkach ist die Stimmung aufgeheizt. Eine neue Flüchtlingsunterkunft soll entstehen. Die Stadt wollte nun bei einem Infoabend offene Fragen ausräumen. Der Abend zeigte: Sachlicher Austausch ist möglich, bleibt aber schwierig.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Eine Sache ärgert Bürgermeister Heiko Bäuerlein (CSU) besonders. Mit Kritik könne er umgehen. Doch er wolle wissen, von wem sie kommt. So wie zuletzt, als anonyme Schreiben bei ihm eingegangen seien, teilweise drohend. "Wenn wir diskutieren, dann bitte mit offenem Visier", sagt Bäuerlein. In Volkach haben sie das nun getan. 500 Personen kamen in die Mainschleifenhalle, um Fragen zu einer geplanten Flüchtlingsunterkunft zu stellen. Es war ein offener Austausch. Hitzig, aber weitgehend sachlich. Auch wenn sich viele Fragen vor Ort kaum lösen lassen.

Flüchtlingsunterkunft in Gewerbegebiet geplant

Seit einer Stadtratssitzung vor zwei Wochen reißt die Diskussion in Volkach nicht ab. Geplant ist die Flüchtlingsunterkunft in einem Gewerbegebiet. Ein Münchner Investor hat ein Grundstück gekauft. 90 Menschen könnten dort bald leben – in kleinen Wohngemeinschaften, in sogenannter Modulbauweise. Betreiber wäre die Regierung von Unterfranken. In Volkach, einer Stadt mit rund 5.000 Einwohnern, geht es formal lediglich darum: Ist der Bauantrag zulässig – oder nicht?

Befürchtungen und rechte Vereinnahmung

Bäuerlein versucht es nüchtern zu sehen. Regelmäßig entscheidet der Stadtrat über Bauanträge. So auch in diesem Fall. Einerseits. Andererseits spürt der Bürgermeister die Stimmung im Ort. Viele Leute äußerten Sorgen. Dafür habe er Verständnis. Doch bei der Stadtratssitzung vor zwei Wochen standen auf einmal ortsfremde Personen aus dem rechten Spektrum im Saal, berichten Teilnehmende übereinstimmend. Ihr Ziel: das Thema "zu kapern" und "parteipolitisch zu instrumentalisieren", vermutet Bäuerlein.

Fraktionsübergreifend veröffentlichten die Stadträte eine Erklärung. Sie forderten eine "faktenbasierte" Diskussion. Die Veranstaltung am Montag sollte ein Anfang sein. Doch wie gelingt es, sachlich über ein Thema zu reden, das so viele Emotionen hervorruft?

Bürger konnten öffentlich Fragen stellen

Die Verantwortlichen in Volkach versuchten es vor allem mit nüchterner Information. 50 Minuten lang sprechen Bürgermeister, Polizei und Vertreter der Regierung von Unterfranken sowie der Investor. Dann ist Zeit für Fragen. Voraussetzung: Nur Leute aus Volkach dürfen ans Mikro und müssen ihren Namen nennen.

Die meisten bemühen sich um einen ruhigen Ton. Ein Mann fragt, wie geflüchtete Kinder, die in Volkach ankommen, in Schulen und Kindergärten integriert werden sollen. Eine Frau will wissen, ob frei werdende Plätze in der Unterkunft nachbesetzt werden sollen: "Ist dann mal ein Ende in Sicht?" Ein weiterer Herr fürchtet negative Auswirkungen auf den Tourismus in dem Weinort.

Verantwortliche beantworten Fragen zur Unterkunft

Die Personen auf der Bühne bemühen sich, alle Fragen zu beantworten. "Derjenige, der hier schon lange wohnt, berufstätig ist, der einen Platz braucht, wird auch einen bekommen", sagt Bürgermeister Bäuerlein über die Kita-Kapazitäten.

Eine Vertreterin der Regierung von Unterfranken stellt klar: Freie Plätze in der Unterkunft werden nachbesetzt. Der Leiter der Volkacher Touristen-Information sagt: Ihm sei nicht bekannt, dass sich Flüchtlingsunterkünfte andernorts im fränkischen Weinland negativ auf den Tourismus ausgewirkt hätten.

Im Video: Diskussionen über die geplante Flüchtlingsunterkunft in Volkach

Blick auf das Rathaus der Stadt Volkach im unterfränkischen Landkreis Kitzingen.
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Das Thema Migration überfordert viele Kommunen. So auch Volkach in Unterfranken. In dem Weindorf soll eine neue Flüchtlingsunterkunft entstehen.

Kritik an Migrationspolitik

Doch umso länger die Diskussion dauert, desto fordernder wurde nicht nur der Ton. Es wurde auch deutlich: Für einige Anliegen waren die Personen auf dem Podium die falschen Adressaten.

Warum dauert die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt so lange? Warum müssen Menschen oft Monate in sogenannten "Anker-Einrichtungen" verbringen? Warum hängt wichtige Integrationsarbeit häufig an Ehrenamtlichen?

Immer wieder geht ein Raunen durch den Raum. Es wirkt, als könnten die Antworten auf dem Podium viele nicht zufriedenstellen.

Diskussion in Volkach geht weiter

Bürgermeister Bäuerlein wirkt am Ende des Abends dennoch zufrieden: "Dass der ein oder andere Mal murrt, ist doch durchaus legitim." Aber der Druck auf die Verantwortlichen im Ort bleibt hoch.

Zwar könnte der Stadtrat den Bauantrag ablehnen. Allerdings nur aus baulichen Gründen. Diese sind wahrscheinlich nicht vorhanden. Sollte die Stadt den Antrag dennoch zurückweisen, könnte das Landratsamt als Baugenehmigungsbehörde die Zusage erteilen.

Vor Ort bleibt es somit eine Herausforderung, die Situation zu erklären. Bürgermeister Bäuerlein wünscht sich mehr Unterstützung aus Berlin und Brüssel: "Damit die Leute hier sehen, dass die Ängste dort oben ernst genommen werden." Die Ressourcen einer kleinen Stadt wie Volkach seien überschaubar.

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Auf diesem Grundstück im unterfränkischen Volkach soll eine Flüchtlingsunterkunft entstehen. Eine ehemalige Werkstatt soll abgerissen werden.

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