Ihr gesamtes Leben lang feiert Irina Veselkina Weihnachten eigentlich am 7. Januar. Aber: Die 22-jähige Ukrainerin ist seit drei Jahren mit ihrer Familie in Regensburg und damit verändern sich auch die Weihnachts-Traditionen.
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"Seit 2017 feiern viele Menschen in der Ukraine auch am 25.12. Weihnachten, aber trotzdem bleibt der 7. Januar das wichtigste Datum nach dem orthodoxen Kalender", sagt die 22-Jährige. In ihrer Familie werden beide Daten gefeiert und die Festlichkeiten dauern damit ungefähr zwei Wochen.
Gemeinsames Abendessen am 1. Weihnachtsfeiertag
Das Weihnachtsfest startet für sie also am Abend des ersten Weihnachtsfeiertags: "Für uns ist das Abendessen am wichtigsten. Frühstück ist egal, Mittagessen ist egal, aber zum Abendessen, da sollen alle zusammenkommen."
Bei der Familie aus der Ukraine kommen als Weihnachtsessen zwölf fleischlose Gerichte auf den Tisch. Das wichtigste davon ist "Kutja", ein süßer Brei aus Weizen, Honig, Nüssen, Mohn und Rosinen – der sollte zuerst gegessen werden. Mit den Traditionen und den passenden Gerichten kennen sich besonders Irinas Eltern und Großeltern gut aus. Mit auf dem Tisch sind jedes Jahr auch traditionelle Gerichte wie Borschtsch oder Wareniki.
Neujahr ist das Fest der Freunde
Für Irina und ihre Familie ist Weihnachten das Fest für die Familie. Neben dem Weihnachtsfest ist der nächste wichtige Tag der 31. Dezember. Silvester und Neujahr sind für die Freunde vorgesehen. Hier kommt für Irina auch das Aufstellen des Weihnachtsbaums ins Spiel. Denn der wird in ihrer Tradition eigentlich erst in den Tagen vor Silvester aufgestellt. Erst dann kommen die Geschenke darunter, die an Silvester und Neujahr geöffnet werden. Der Baum bleibt mindestens bis zum 7. oder sogar bis zum 13. Januar stehen.
Wann es in diesem Jahr die Bescherung gibt, sei noch nicht ganz klar. "Wir können die Geschenke am 31. bekommen oder am 25. Dezember. Das ist nicht so wichtig", sagt die 22-Jährige. Für Irina ist das Datum für die Bescherung nur ein Moment für die Familie, den könne man auch zweimal im Jahr setzen.
Einige Traditionen nur in der Ukraine möglich
Einige Traditionen kann die Familie aber nicht wie gewohnt pflegen, etwa das traditionelle Schmücken des Weihnachtsbaums: "In meiner Familie zum Beispiel haben wir ganz viele Weihnachtsbaumfiguren. Einige Figuren sind aus der Kindheit meiner Mutter und es war eine Tradition, den Weihnachtsbaum erst am 27. zu schmücken", erzählt Irina.
Eine weitere Tradition: Wenn die Taufpaten zu Besuch kommen, wird ihnen "Korovai", ein süßes Brot, gebacken. Dem Paten sollen dazu ein paar Worte gesagt werden, dann bekommen sie Geschenke. Aber das geht hier nicht, weil meine Paten nicht in Deutschland sind", so Irina Veselkina.
Auch das Singen von "Kolatki" ist ukrainischer Brauch, das sind Weihnachtslieder. Dabei ziehen Kinder und Erwachsene im Januar von Haus zu Haus und wünschen Glück, wofür sie Süßigkeiten oder kleine Geschenke bekommen.
Ersten Adventskalender in Deutschland bekommen
Auch wenn einige Traditionen nicht möglich sind, kommen neue dazu. Für Irina waren zum Beispiel die Tradition des Adventskranzes oder auch der Brauch des Adventskalenders neu. "In der Ukraine haben wir solche Sachen nicht, aber ich liebe es, dass es das hier gibt. Meinen ersten Adventskalender habe ich in Deutschland bekommen."
Weihnachtsfeier auch am 7. Januar
Politik spielt für Irina und ihre Familie an Weihnachten keine Rolle, sagt sie. Weil in Deutschland über die Feiertage am 25. und 26. Dezember gefeiert wird, will die Familie auch diese Tradition pflegen. Zugleich wird Irinas Familie aber auch am 7. Januar feiern, denn: "Das ist unsere Tradition, an die wir uns immer erinnern wollen." Sie sei damit aufgewachsen und die Traditionen gehören zu ihrer Kindheit.
"Wir haben in den letzten drei Jahren nicht wirklich gefeiert", erzählt die 22-Jährige. "Wir wissen nicht, welche Tradition bei uns bleibt. Aber es geht darum, zusammen zu sein und Zeit zusammen zu verbringen, egal wann."
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