Sie werden beleidigt, verleumdet, bedroht: Immer öfter wurden Kommunalpolitiker zum Ziel von Straf- und Gewalttaten. Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer unterstützt jetzt die Gründung einer zentralen, bundesweiten Ansprechstelle für Kommunalpolitiker, die von Übergriffen betroffen sind. Den Startschuss für eine entsprechende Einrichtung hat am Freitag in Berlin Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegeben.
Beleidigende Nachrichten im eigenen Briefkasten
Maltz-Schwarzfischer hat bisher keine tätlichen Übergriffe erlebt. Schriftliche Angriffe und Bedrohungen kommen dagegen immer wieder vor. Zum Beispiel, als die Stadt die Baugenehmigung für eine Moschee erteilt hat. "Da ging es los, dass ich bundesweit unter Beschuss in den sozialen Netzwerken geraten bin", sagt die Regensburger Oberbürgermeisterin. Auch bei Demonstrationen von Impfgegnern sei sie beim Verlassen des Rathauses abgefangen worden, zuhause hätte sie außerdem beleidigende Nachrichten im eigenen Briefkasten gefunden.
Angebote für betroffene Kommunalpolitiker gebündelt
Einzelne Angriffe hat sie auch schon bei der Polizei angezeigt. Die Demokratie sei darauf angewiesen, dass sich Menschen angstfrei kommunalpolitisch engagieren können, so Maltz-Schwarzfischer. Dass nun bundesweit Angebote für betroffene Kommunalpolitiker gebündelt werden sollen, sei ein richtiger Schritt, so die Oberbürgermeisterin.
Laut bayerischem Innenministerium stieg in Bayern die Zahl der Straftaten gegen kommunale Mandats- und Amtsträger. 2021 waren es 267 gemeldete Straftaten, 2022 362. Das ist ein Anstieg von 35 Prozent. In den ersten drei Quartalen im Jahr 2023 gab es 142 Vorfälle.
Neue Anlaufstelle soll zwischen Opfern und Behörden vermitteln
Die bereits im vergangenen Sommer angekündigte bundesweite Anlaufstelle für bedrohte Kommunalpolitiker soll in der zweiten Jahreshälfte 2024 an den Start gehen. Faeser übergab dem Deutschen Forum für Kriminalprävention (DFK) am Freitag in Berlin einen Förderbescheid in Höhe von bis zu einer Million Euro. Die neue Stelle soll beraten und dazu beitragen, die Kommunikation zwischen Opfern sowie Sicherheitsbehörden, Justiz und Verwaltung zu verbessern. Faeser sagte, bei der neuen Anlaufstelle gehe es darum, den Amts- und Mandatsträgern zu vermitteln: "Ihr seid nicht allein."
"Kommunalpolitik ist unmittelbar", sagte Faeser. Diese Nähe mache aber auch verwundbar. Das reiche von Hassmails über tätliche Angriffe bis hin zum Mord, wie im Fall des Kasseler Regierungspräsidenten, Walter Lübcke, der 2019 von einem Rechtsextremisten getötet worden war.
Viele dieser Taten würden gar nicht zur Anzeige gebracht, sagte Faeser. Einschüchterungsversuche wie "Ich weiß, wo deine Kinder zur Schule gehen" seien keine Seltenheit. Sie habe schon mit mehreren Bürgermeisterinnen gesprochen, die gesagt hätten: "Dann höre ich lieber auf, um meine Familie zu schützen."
Mit Informationen von dpa
Im Video: Startschuss für neue Anlaufstelle für Kommunalpolitiker
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