Eine Horrorvorstellung für alle Eltern: Eine Mutter bemerkt plötzlich, dass ihr zweijähriges Kind nicht mehr mit den anderen Kindern spielt. Das Mädchen ist nicht mehr aufzufinden. Die 30-jährige Mutter hatte sich am Dienstagabend mit anderen Eltern und Kindern in einer Grünanlage in München-Nymphenburg aufgehalten. Dann war ihr Kind weg.
Nachdem die Gruppe selbst eine knappe Viertelstunde vergeblich nach dem Mädchen gesucht hatte, verständigte die Mutter die Polizei. Fast 30 Einsatzkräfte suchten daraufhin mit Unterstützung eines Hubschraubers und einem Spürhund nach der Zweijährigen.
Entführung hat Großeinsatz der Polizei ausgelöst
Und dann die Überraschung: Nachdem die Polizei bereits eine Stunde erfolglos nach dem Mädchen gesucht hatte, meldete sich eine Münchnerin aus dem Nachbarstadtteil Neuhausen bei der 110. Sie habe bei einer psychisch auffälligen, alleinlebenden Nachbarin ein Kind schreien hören. Eine Streife ging dem Hinweis nach und fand die vermisste Zweijährige tatsächlich bei der besagten Nachbarin. Sie hatte wohl auf einer Bank bei den spielenden Kindern gesessen, das Mädchen unbemerkt von den Anwesenden angesprochen und überzeugt, mit ihr zu kommen. Ohne Gewaltanwendung ging sie dann mit der Zweijährigen zu Fuß zu ihrer wenige hundert Meter entfernten Wohnung.
Polizei: "Das hat sich zufällig ergeben"
"Nach unserer Kenntnis hat sich das zufällig ergeben", so Sven Müller von der Polizei München. Die Frau hatte wohl nicht vorgehabt, ein Kind zu entführen. Sie ist wegen ihrer psychischen Erkrankung - vor allem durch akute Psychosen - bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten. Und war wohl auch in der Nachbarschaft bekannt. Gegen sie wird jetzt wegen Entziehung Minderjähriger und Freiheitsberaubung ermittelt. Sie wurde in eine Fachklinik eingewiesen. Und das zweijährige Mädchen konnte nach etwa einer Stunde wieder wohlbehalten zurück zu seiner Mutter.
Bayernweit 166 Fälle "Entziehung Minderjähriger" im Jahr 2022
Dass ein minderjähriges Kind von fremden Personen entführt wird, ist ein "absoluter Einzelfall", erklärte die Münchner Polizei. Meistens habe man es bei der Straftat "Entziehung Minderjähriger" mit Familienstreitigkeiten zu tun. Etwa, wenn ein Elternteil ohne Sorgerecht Kinder ohne Zustimmung des Elternteils mit Sorgerecht mitnimmt. Bayernweit gab es im vergangenen Jahr 166 Fälle, im Jahr 2021 139. Das bayerische Innenministerium erklärte außerdem, dass die Aufklärungsquote 2022 bei 97 Prozent liege. "Was sich insbesondere aus dem häufig vorliegenden Bezug zum familiären Umfeld ergibt", so ein Sprecher. Entführungen von Kindern, insbesondere zur Erlangung von Vermögenswerten, seien überaus selten.
- Zum Artikel: "Plötzlich weg - Stündlich wird ein Mensch vermisst"
"Bei schlechtem Bauchgefühl lieber 110 wählen"
Die Polizei rät, bei verdächtigen Wahrnehmungen aller Art, die 110 anzurufen. Der Notruf stehe nicht nur bei ganz akuten Problemen als Service zur Verfügung. "Alles, was nicht in gewohnte Tagesabläufe passt oder wenn man ein schlechtes Bauchgefühl hat, kann man melden", so Sven Müller. Die Nachbarin, die die Polizei gerufen hat, habe "alles richtig gemacht", so der Polizeisprecher.
Im Audio: Über 350 vermisste Kinder in Bayern: Wie viele werden gefunden?
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