Kein Kindergarten, keine anderen Kinder, kein Zugang zur Außenwelt: Im Sauerland soll einem achtjährigen Mädchen ein Großteil seiner Kindheit geraubt worden sein. Mutter und Großeltern wird vorgeworfen, das Kind sieben Jahre lang in einem Haus im Ort Attendorn festgehalten zu haben. Mehrere Medien hatten über den Fall berichtet.
Die Staatsanwaltschaft in Siegen ermittelt gegen die Mutter des Kindes und die Großeltern, wie Sprecher Patrick Baron von Grotthuss am Samstag sagte. Die Vorwürfe seien Freiheitsberaubung und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Man gehe davon aus, dass die Angehörigen dem Mädchen nicht ermöglicht hätten, "am Leben teilzunehmen" – nicht am Kindergarten, nicht an der Schule und nicht am Spiel mit anderen Kindern.
Auch die Nachbarn hätten nichts geahnt
Die Hintergründe sind noch unklar. Mutter und Großeltern machen nach Angaben der Ermittler von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch. Daher tappe man noch im Dunkeln, "was da möglicherweise in den Köpfen der Menschen vorgegangen ist", wie Baron von Grotthuss sagte.
Attendorn liegt auf dem Land. "Man denkt ja, die Sozialkontrolle funktioniert da noch", sagte er. Aber selbst die Nachbarn hätten nicht gewusst, dass Mutter und Kind im Haus gewesen seien.
Mutter hatte beim Amt Umzug nach Italien gemeldet
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll die Mutter beim Jugendamt einst angegeben haben, dass sie samt Kind nach Italien umziehe. Das Jugendamt habe dann allerdings Hinweise erhalten, dass sich das Kind gar nicht in Italien aufhalte. Italienische Behörden hätten anschließend bestätigt, dass Mutter und Kind nicht vor Ort seien – und wohl auch nie dort gewesen seien.
Daher sei das Jugendamt mit der Polizei im September an dem Haus im Sauerland vorstellig geworden. "Man musste mit richterlichem Beschluss rein", erklärte Oberstaatsanwalt Baron von Grotthuss. Beamte hätten erzählt, dass ihnen das Kind – nun fast schon neun Jahre alt – dort auf der Treppe entgegengekommen sei.
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Keine Hinweise auf körperliche Misshandlung
Das Mädchen befinde sich nun in einer Pflegefamilie, sagte der Oberstaatsanwalt. Hinweise auf eine körperliche Misshandlung oder Unterernährung gebe es momentan nicht. "Allerdings haben wir die Situation, dass es die Außenwelt nicht gesehen hat", erklärte der Sprecher.
Mit Material von dpa.
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