Mit Rückenwind von guten Umfrage-Ergebnissen ist die AfD bei ihrem Parteitag selbstbewusst aufgetreten - auch wenn er gleich zu Beginn ins Stocken geriet. Rund 12.000 Demonstranten blockierten Zufahrtswege. Viele der 600 Delegierten kamen erst mit deutlicher Verzögerung an. Die AfD erhoffte sich von dem Parteitag ein Zeichen der Stärke und Geschlossenheit.
Die Demonstranten jedoch wollten das Zusammentreffen der aus ihrer Sicht "rassistischen und faschistischen" AfD verhindern. Sie vertrete ein menschenverachtendes Weltbild, das ganze Menschengruppen ausgrenze.
Die AfD hingegen nutzt die Proteste, um sich als die einzige Wahrerin von Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu gerieren. Als nach zwei Stunden Verzögerung drinnen der Parteitag beginnt, kritisiert Co-Parteichef Tino Chrupalla die Demonstranten scharf. Sie "verhalten sich wie Antidemokratien und Terroristen". Abgeschottet von den Protesten entsteht im Saal ein Gefühl der Wagenburg – wir gegen die.
Weidel einstimmig zur Kanzlerkandidatin gewählt - Wahl aber nicht geheim
Danach geht es für AfD-Verhältnisse überraschend zügig weiter im Programm. Die Partei arbeitet seit ein paar Jahren stark an ihrer Professionalisierung und schafft es immer mehr, statt der früheren langen, teils zermürbenden Diskussionen ihre Delegierten zu disziplinieren und die Reihen zu schließen.
Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Wahl von Alice Weidel zu AfD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl. Sie wird einstimmig gewählt. Allerdings ist die Wahl nicht geheim, der Druck auf die Delegierten, ein Zeichen der Geschlossenheit zu zeigen, dementsprechend hoch. Es gibt eine Abstimmung per Akklamation: Alle, die für Weidel sind, stehen auf und klatschen. Zuvor wurden Deutschlandfahnen und Herzschilder mit der Aufschrift "Kanzlerin der Herzen" verteilt. Die AfD will die Wahl Weidels als bildgewaltigen Moment für den Wahlkampf nutzen.
Innerhalb der Partei ist man sich einig: Weidel ist ihr starkes Zugpferd. Unter AfD-Anhängern ist sie die mit Abstand beliebteste Politikerin, zieht bei Veranstaltungen ein großes Publikum an. Mit ihr hat die Partei gute Chancen, die eigene Klientel zu mobilisieren für die Stimmabgabe an der Urne.
Weidel wählt scharfe Worte
Die neu gewählte Kanzlerkandidatin der AfD schlägt in ihrer Rede einen noch schärferen Ton an als bei früheren Veranstaltungen. Sie bezeichnet die Gegendemonstranten draußen vor der Parteitagshalle als "rot lackierte Nazis". Nennt Windräder "Windmühlen der Schande", die sie allesamt niederreißen will. Die CDU ist für Weidel eine "Betrügerpartei".
Der Hauptgegner für die AfD-Kanzlerkandidatin ist die Union. Diesen Schwenk vollzog die Partei schon kurz nach dem Ampelbruch, seitdem sie CDU und CSU in den Fokus ihrer Kritik nimmt. Jetzt wird er mehr als deutlich, andere Parteien erwähnt Weidel kaum. Derzeit liegt die AfD mit 20 Prozent im Deutschlandtrend deutlich hinter CDU und CSU (31 Prozent), aber mit Abstand vor SPD (15 Prozent) und Grünen (14 Prozent).
"Remigration" steht im Wahlprogramm
Auch den umstrittenen Begriff "Remigration" verwendet Weidel in ihrer Rede. Sie will "Rückführungen in großem Stil" und sagt: "Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration." Bisher hatten Weidel und ihr Co-Chef Chrupalla das Wort vermieden. Der Begriff wird verstärkt von Rechtsextremisten verwendet, die damit die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund umschreiben. Aber auch AfD-Mitglieder haben den Begriff immer wieder genutzt, sprachen zum Beispiel von "millionenfacher Remigration".
Aus dem ursprünglichen Entwurf zum Wahlprogramm hatte die Parteiführung den Begriff jedoch herausgehalten. Der Parteitag stimmt jetzt aber einem Änderungsantrag zu, in dem "Remigration" explizit genannt wird. Eine Gruppe Delegierter um den EU-Abgeordneten René Aust will damit den Begriff für die AfD neu definieren. Mit "Remigration" seien bestimmte Maßnahmen gemeint, etwa "vollziehbar ausreisepflichtige Personen konsequent abschieben", "Anreize zur freiwilligen Rückkehr ausbauen" und Straftäter vorrangig zurückführen. Mit der Aufnahme ins Wahlprogramm wird "Remigration" ein Begriff, mit dem die AfD in diesen Bundestagswahlkampf zieht.
Im Video: AfD-Bundesparteitag stellt Weidel als Kanzlerkandidatin auf
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