"Wir schnüren ein weiteres Entlastungspaket", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag auf Twitter. Denn zuvor hielt er angesichts der neuen Gasumlage fest: "Es wird teurer." Genau aus diesem Grund forderten zahlreiche Verbände und Politiker Hilfen für Verbraucher und Unternehmen. Bundesregierung und Koalitionspolitiker versuchten, die viele Kritik abzumildern und versicherten, dass Entlastungen greifen werden, wenn ab Oktober die zusätzliche Gasumlage zu zahlen ist.
Hohe Preis auch durch Gasumlage: "Gemeinsamer Kraftakt"
Grünen-Chef Omid Nouripour kündigte dafür einen "gemeinsamen Kraftakt" an. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) versprach den Unternehmen, weitere Maßnahmen zumindest zu prüfen. Die konkrete Ausgestaltung blieb aber noch unklar.
Nouripour sagte den Zeitungen der "Mediengruppe Bayern" zu seiner Ankündigung: "Das bedeutet einerseits, dass wir besonders Menschen mit geringen und mittleren Einkommen gezielt unterstützen müssen, die von den drastisch steigenden Energiekosten besonders betroffen sind. Andererseits trifft die Krise auch viele Mittelständler und damit wesentliche Treiber unserer Innovation und Wirtschaftskraft. Auch sie werden wir in dieser Notsituation nicht allein lassen." Die Regierung habe sich bereits verständigt, den Schutzschirm für Unternehmen, die wegen der hohen Energiepreise in Schwierigkeiten seien, zu verlängern.
Habeck: Prüfen Nachsteuerungsbedarf bei Wirtschaftshilfen
Habeck führte am Montagabend im ZDF-"heute Journal" aus, für Unternehmen sei bereits ein System von Wirtschaftshilfen aufgebaut worden. "Ob es da noch Nachsteuerungsbedarf gibt, das schauen wir uns gerade nochmal sehr genau an."
Die energiepolitische Sprecherin der SPD, Nina Scheer, räumte ein, dass das bestehende Programm zur Dämpfung der Energiekosten teils solche Unternehmen vernachlässige, die nicht zu den energieintensiven oder handelsintensiven zählten. "Hier müssen wir Lücken schließen, um zu vermeiden, dass Unternehmen aufgrund der akuten Energiepreissituation in Not geraten", sagte sie den "Bayern-Zeitungen".
"Müssen denen helfen, die so eine Last nicht tragen können"
Der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Die Grünen), schloss sich Entlastungsforderungen für Menschen, die die Summe der Gasumlage nicht schultern könnten, an. Die Belastungen durch die neue Umlage gehe weit über Geringverdiener hinaus und treffe auch die Mittelschicht, sagte er im Interview mit der radioWelt im BR.
Man müsse jetzt aber vor allem eine Entlastung für diejenigen konzipieren, die im Hartz-IV-Bezug seien, außerdem für Wohngeldbezieher. Bereits im Sommer habe man die EEG-Umlage für alle abgeschafft. "Klar ist: In diesen Zeiten müssen wir vor allem denen helfen, die wenig haben und so eine Last nicht tragen können." Auch für den Mittelstand, vor allem für energieintensive Unternehmen und solche, die in einem harten wirtschaftlichen Wettbewerb stehen, gebe es ein Unterstützungsprogramm, das bis Jahresende konzipiert gewesen sei. "Das werden wir verlängern, das wollen wir verlängern, um diesen Unternehmen zu helfen", sagte Kellner.
Entlastungen parallel zum Inkrafttreten der Gasumlage?
Die SPD-Politikerin Katja Mast gehört außerdem zu denen, die sich auf einen Zeitpunkt für zielgerichtete Entlastungen für Familien mit kleineren und geringen Einkommen festlegen. "Mein Wunsch ist, dass wir diese zum 1. Oktober, parallel zum Inkrafttreten der Gasumlage, auf den Weg bringen", sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Zunächst wird die Gasumlage zusätzlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde bedeuten, die alle Gaskunden zahlen müssen. Mit der Umlage sollen erhöhte Beschaffungskosten von Großimporteuren ausgeglichen werden, um diese vor der Pleite zu bewahren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Streit über Entlastungen geht weiter
Der Zuschnitt eines neuen Hilfspakets ist in der rot-grün-gelben Bundesregierung noch umstritten. Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann hielt ihre Stellungnahme am Montag allgemein: "Wenn die Umlage zum 1. Oktober dieses Jahres fällig wird, werden auch weitere Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes bereit sein."
Habeck pochte am Montag auf zielgerichtete Entlastungen. Er nannte die Neuberechnung, Erhöhung und Ausweitung des Wohngeldes, die Umstellung von Hartz IV auf ein sogenanntes Bürgergeld und das Verhindern von Gassperren im Winter.
Bei der von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeschlagenen steuerlichen Entlastung durch einen Abbau der kalten Progression blieb Habeck zurückhaltender: Bei knappen Geldern sei fraglich, wie zielgenau diese Maßnahme sei. Er sei überzeugt, dass man bei armutsgefährdeten Menschen ansetzen müsse. Auch die Übergewinnsteuer bleibt Streitthema in der Ampelkoalition.
FDP nimmt Einkommensteuer in den Fokus
Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, nimmt andere Schritte in den Blick: "Wir sollten am Anfang schon die Bürger weniger belasten bei den Steuern und Abgaben. Und da ist natürlich insbesondere die Einkommensteuer im Fokus", sagte er am Dienstag in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. Damit würde man den Bürgern mehr von dem lassen, was sie sich erarbeiten, und die Inflation würde nicht weiter angeheizt.
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) rief die Gesellschaft vor dem Hintergrund von steigenden Energiepreisen infolge des Ukraine-Krieges zum Zusammenhalt auf. "Die Demokratie, die Freiheit muss sich bewähren, indem wir auch Opfer bringen, wenn wir sie verteidigen", sagte er im BR. "Wir werden uns einschränken müssen."
- Zum Artikel: "Die Gasumlage kommt: Was Verbraucher wissen sollten"
Mit Material von dpa und epd.
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