Der russische Angriff auf die Ukraine jährt sich am 24. Februar. Schon kurz nach dem Überfall forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von den westlichen Staaten schwere Waffen, darunter Kampfpanzer. Doch die Verbündeten taten sich lange schwer damit, bis vergangene Woche dann die Entscheidung fiel: Deutschland liefert der Ukraine 14 Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2 A6". Außerdem erteilt die Bundesregierung anderen Staaten die Genehmigung zur Lieferung eigener "Leopard"-Panzer. Diese Entscheidung findet in der Bevölkerung eher Zuspruch als Ablehnung: 39 Prozent werten diese als Fehler, 52 Prozent hingegen nicht.
Die höchste Zustimmung bekommt die Entscheidung von Anhängern der Grünen: 86 Prozent geben an, dass die Kampfpanzer-Entscheidung kein Fehler war. Unter Anhängerinnen und Anhängern der SPD sind es 70 Prozent, bei der CDU/CSU 65 Prozent. Das Urteil der FDP- Anhänger ist hingegen gespalten: 43 Prozent halten die Kampfpanzer-Entscheidung für richtig, 53 Prozent für einen Fehler. Unter Parteianhängerinnen und Parteianhängern der AfD ist die Entscheidung besonders umstritten: Nur 14 Prozent halten sie für richtig.
Waffenlieferungen gehen zu weit – sagt ein Drittel
Dass die Bundesregierung nun 14 Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine liefern will, hat jedoch offenbar das Lager derjenigen, die die Waffenlieferungen durch Deutschland kritisch sehen, ansteigen lassen: Gut drei von zehn (35 Prozent) geben aktuell an, dass die Unterstützung der Ukraine mit Waffen zu weit gehe. Damit ist dieser Wert im Vergleich zu Januar – vor der Entscheidung – um 9 Prozentpunkte angestiegen. Vier von zehn (44 Prozent, +3) empfinden die Unterstützung der Ukraine mit Waffen als angemessen. Das Lager derjenigen, die die Unterstützung der Ukraine mit Waffen bislang als nicht weit genug empfanden, ist hingegen um 10 Prozentpunkte gesunken: Aktuell geben dies 15 Prozent an, im Januar waren es noch 25.
Mehrheit wünscht sich stärkere Bemühungen um diplomatische Lösung
Auch über die Frage, wie der Krieg gegen die Ukraine jenseits des Schlachtfelds beendet werden kann, wird seit Monaten diskutiert. Der Anteil derer, denen die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges nicht weit genug gehen, ist leicht gestiegen: 58 Prozent (+ 6 im Vgl. zu Januar) geben dies an. Drei von zehn (30 Prozent, -4) geben hingegen an, dass die diplomatischen Bemühungen angemessen seien. Lediglich vier Prozent geben an, dass ihnen die diplomatischen Bemühungen zu weit gehen.
Die Sanktionsmaßnahmen gegen Russland halten aktuell 37 Prozent für angemessen (+2), 38 Prozent gehen sie nicht weit genug (+3), 18 Prozent gehen sie aktuell zu weit (-1).
Mehrheit sieht Ukraine langfristig in der EU
Beim Gipfeltreffen der Europäischen Union mit Kiew will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Beitritt seines Landes zur EU weiter vorantreiben. Selenskyj hatte bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn im Februar 2022 ein EU-Beitrittsgesuch eingereicht. Am 23. Juni 2022 wurde der Ukraine offiziell der Kandidatenstatus zum EU-Beitritt zugesprochen. Dass die Ukraine langfristig in die EU aufgenommen werden sollte, halten aktuell 58 Prozent für richtig (- 5 im Vgl. zu März 2022), 31 Prozent stimmen dem eher nicht zu (+ 5 im Vgl. zu März 2022).
- Zum Artikel: Von der Leyen kündigt in Kiew neue Sanktionen gegen Russland an
Die Ukraine sucht auch in der Nato Unterstützung durch den Westen. Im Oktober vergangenen Jahres hatte Selenskyj einen beschleunigten Nato-Beitritt beantragt. Dass die Ukraine langfristig auch in die Nato mit aufgenommen werden sollte, hält aktuell jeder zweite (51 Prozent) für richtig, 39 Prozent stimmen dem nicht zu. Diese Frage wurde ebenso 2014, nach der Annexion der Krim gestellt: Damals gaben im Dezember 26 Prozent an, dass die Nato die Ukraine in das Bündnis aufnehmen sollte.
Ukraine-Krieg beunruhigt weiter viele Menschen in Deutschland
Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit der Befragten nach wie vor in erster Linie auf die Menschen vor Ort: aktuell machen sich derzeit 82 Prozent sehr große bzw. große Sorgen um die Ukrainerinnen und Ukrainer (-7 im Vgl. zu März 2022). Darüber, dass Russland auch weitere Länder in Europa angreifen könnte, machen sich aktuell sechs von zehn Deutsche große bzw. sehr große Sorgen (60 Prozent, -9 im Vgl. zu März 2022). Etwa ebenso viele machen sich aktuell Sorgen darüber, dass Deutschland direkt in den Krieg hineingezogen werden könnte (59 Prozent, +3 im Vgl. zu Oktober). Darüber, dass sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland verschlechtern könnte, machen sich aktuell 68 Prozent, im März 2022 waren es noch 64 Prozent.
- Zum Artikel: Wird Deutschland wegen der Panzerlieferungen zur Kriegspartei?
Nur gut jeder Dritte Deutsche vertraut der Bundeswehr
Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg wird auch verstärkt über den Zustand der Bundeswehr diskutiert und was seit der von Olaf Scholz angekündigten "Zeitenwende" bislang passiert ist. Der Blick der Deutschen auf die Truppe ist aktuell hingegen eher kritisch: aktuell gibt nur jeder Dritte (35 Prozent) an, großes oder sehr großes Vertrauen in die Bundeswehr zu haben; eine Mehrheit von 59 Prozent gibt an, wenig bis gar kein Vertrauen zu haben. Dieser Wert ist der niedrigste Wert, der für die Bundeswehr seit 1998 gemessen wurde. Zuletzt wurde diese Frage im September 2020 gestellt, damals gaben noch 59 Prozent an, großes bzw. sehr großes Vertrauen in die Bundeswehr zu haben.
Zuletzt wurde öffentlich unter anderem wegen fehlender oder mangelhafter Ausrüstung immer wieder über die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr diskutiert. Dementsprechend haben aktuell auch nur 8 Prozent großes bzw. sehr großes Vertrauen, dass die aktuelle Ausstattung der Bundeswehr für ihren Auftrag ausreichend ist, 85 Prozent haben mit Blick auf die Ausstattung wenig bis gar kein Vertrauen. Dass die Bundeswehr mit ihren Bündnis-Partnern einen möglichen Angriff auf das Nato-Territorium abwehren könnte, trauen aktuell nur 38 Prozent der Bundeswehr zu. Eine knappe Mehrheit von 54 Prozent sagt, sie habe wenig bis gar kein Vertrauen.
Auch im Umgang mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen ist die Bundeswehr in den letzten Jahren vermehrt in Kritik geraten. Die ehemalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) gab damals an, eine "Null-Toleranz"-Linie verfolgen zu wollen. Nach ihrem Rücktritt im Januar hat nicht einmal jeder Dritte (28 Prozent) großes bzw. sehr großes Vertrauen, dass die Bundeswehr angemessen gegen rechtsextremes Gedankengut in den eigenen Reihen vorgeht, 60 Prozent haben wenig bis gar kein Vertrauen.
Union liegt in der Sonntagsfrage weiter vorn
Die Mehrheit der Deutschen ist weiterhin mit der Arbeit der Bundesregierung unzufrieden (64 Prozent, unverändert im Vergleich zu Januar); nur drei von zehn Wahlberechtigten (33 Prozent, -1) sind zufrieden. Beim fokussierten Blick auf den Kurs im Ukraine-Krieg sehen die Werte ähnlich aus: 59 Prozent (+2 im Vergleich zu Oktober) sind weniger bis gar nicht zufrieden; 36 Prozent sind zufrieden (-1).
Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Kanzlerpartei SPD aktuell auf 20 Prozent und gewinnt damit leicht (+2 im Vgl. zu Januar). Die Union aus CDU und CSU verliert leicht, wäre aber mit 27 Prozent (-2) weiterhin stärkste Kraft. Die Grünen verschlechtern sich um einen Prozentpunkt auf 18 Prozent (-1) und lägen damit nun knapp hinter der SPD an dritter Position. Die ebenso an der Ampel-Regierung beteiligte FDP gewinnt einen Punkt dazu und kommt aktuell auf 7 Prozent. Die AfD steht weiterhin bei 15 Prozent (+/-0). Die Linke kommt im Februar auf lediglich 4 Prozent (-1) und würde damit den Einzug in den Bundestag verpassen. Auf alle weiteren Parteien entfallen 9 Prozent (+1).
Wenig Verständnis für AfD-Sympathien mit Russland
Die AfD positioniert sich aktuell mit Verständnis für die russische Position im Ukraine-Krieg. Das finden aktuell drei Viertel der Deutschen (75 Prozent) nicht gut. Nur 16 Prozent geben an, dass sie es gut finden. Hier zeigen sich jedoch regionale Unterschiede: Unter Menschen, die in Bundesländern im Osten Deutschlands leben, halten es 25 Prozent für gut, dass die AfD Verständnis für Russland zeigt. Unter Menschen aus Bundesländern im Westen Deutschlands finden das nur 13 Prozent.
Die AfD wurde am 6. Februar 2013 gegründet. Sie zog nach und nach in alle Landesparlamente ein, aktuell ist sie in 15 Ländern vertreten. Seit 2017 ist sie auch im Bundestag repräsentiert. Das finden aktuell drei von zehn wahlberechtigten Deutschen (32 Prozent) richtig. Im Jahr der Gründung gaben noch 20 Prozent an, dass sie es als richtig empfänden, wenn die AfD im Bundestag vertreten wäre. Damit ist die Zustimmung dazu innerhalb von zehn Jahren um 12 Prozentpunkte gestiegen. Auch hier gibt es regionale Unterschiede: Unter Menschen, die aus Bundesländern im Osten Deutschlands kommen, geben 44 Prozent an, dass sie es für richtig halten, dass die AfD im Bundestag vertreten ist. Unter Menschen aus westlichen Bundesländern, geben dies 29 Prozent an.
Mehrheit gegen Zusammenarbeit anderer Parteien mit der AfD
Immer wieder wurde darüber diskutiert, wie sich die anderen Parteien im Bundestag gegenüber der AfD verhalten soll. Aktuell findet ein Drittel der Deutschen (36 Prozent), dass die anderen Parteien die Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausschließen sollten. Eine Mehrheit von 58 Prozent findet hingegen, dass die anderen Parteien im Bundestag nicht mit der AfD zusammenarbeiten sollten.
Auch der Umgang der AfD mit rechtsextremen Positionen oder Äußerungen einzelner AfD-Mitglieder wurde in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. Dass sich die AfD nicht genug von rechtsextremen Positionen distanziert, finden aktuell drei Viertel der Deutschen (75 Prozent, -2 im Vgl. zu September 2021), knapp zwei von zehn (17 Prozent) finden das nicht.
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