Die Mitgliedsstaaten der EU geben heute im EU-Umweltausschuss ihr Votum ab, ob zum Verbrenner-Motoren ab 2035 nicht mehr verkauft werden sollen. Das EU-Parlament hatte bereits Anfang Juni für das Aus gestimmt und damit den Vorschlag der EU-Kommission unterstützt. Nun müssen sich noch die einzelnen Mitgliedstaaten dazu positionieren.
Umweltministerin Lemke erwartet langwierige Verhandlungen
Ob beim Treffen in Luxemburg die erforderliche Mehrheit zustande kommt, ist allerdings ungewiss. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) stellt sich auf langwierige Verhandlungen ein. "Wir richten uns hier alle auf einen langen Tag mit langen Verhandlungen ein, möglicherweise bis in die Nacht", sagte sie im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Staaten wie Italien, Bulgarien, Rumänien, Portugal und die Slowakei wollen ein Verbot des Verbrennungsmotors auf 2040 verschieben.
Scholz weißt Streit-Spekulationen zurück - dennoch: keine Einigung innerhalb der Bundesregierung
Die deutsche Bundesregierung ist gespalten. Innerhalb der Koalition ist zuletzt eine Kontroverse über die Linie auf dem Weg zu mehr Klimaschutz im Straßenverkehr entbrannt. Grüne und SPD sind für das Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035, die FDP ist dagegen.
Genau diesen Eindruck will Bundeskanzler Olaf Scholz vermeiden und hat Spekulationen über einen heftigen Streit in der Koalition über ein mögliches Aus für neue Verbrenner-Autos ab 2035 zurückgewiesen.
Es würden auf EU-Ebene derzeit noch viele Vorschläge entwickelt, so dass Zwischenstände keinen Sinn ergäben. "Aber wir sind eigentlich einig, geschlossen zu handeln", so Scholz in der Abschluss-Pressekonferenz des G7-Gipfels auf Schloss Elmau in Bayern.
Scholz will Weg für E-Fuels möglich machen
Scholz betonte, Maßstab für die Ampel-Regierung sei der Koalitionsvertrag, in dem die Pläne genau beschrieben seien. Emissionsfreie Antriebe stünden im Mittelpunkt, man wolle aber auch möglich machen, dass 2035 Autos etwa mit E-Fuels zugelassen würden. "Das haben wir auch als Regierung gemeinsam den europäischen Institutionen, der Kommission und dem Rat, immer so vorgetragen."
Enthält sich Deutschland im Umweltrat, würde dies als Nein gewertet. Bis zuletzt war offen, wie Deutschland stimmen wird.
Umweltministerin betonte CO2-neutrale Zulassungen als Ziel ab 2035
Zuvor waren die unterschiedlichen Ansichten in der Bundesregierung noch einmal deutlich geworden. Umweltministerin Lemke hatte im Morgenmagazin betont: "Wichtig ist mir, dass die Bundesregierung heute hier in Luxemburg die Kommission unterstützen wird in dem Ziel, dass ab 2035 keine PKWs mehr zugelassen werden, die CO2 ausstoßen", sagte die Grünen-Politikerin. "Das ist die Linie, die die Bundesregierung in den letzten Wochen und Monaten hier vertreten hat, die auch im Koalitionsvertrag niedergelegt ist." Sie werde aber deutlich machen, dass es Bereiche gibt, etwa bei Feuerwehrfahrzeugen, in denen es noch keine Kraftstoff-Alternativen gebe.
Lindner hält dagegen
Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte postwendend auf Lemkes Aussage reagiert. "Die heutigen Äußerungen der Umweltministerin sind überraschend, denn sie entsprechen nicht den aktuellen Verabredungen", sagte der FDP-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. "Verbrennungsmotoren mit CO2-freien Kraftstoffen sollen als Technologie auch nach 2035 in allen Fahrzeugen möglich sein."
Daran sei die Zustimmung zu Flottengrenzwerten gebunden. "Die von der FDP geführten Ministerien haben deshalb einem Abstimmungsverhalten der Bundesregierung noch nicht zugestimmt", erklärte Lindner.
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CSU für Aufschub des Verbots
Die CSU fordert vom Bund dagegen eine deutlich längere Zulassungsfrist. "Das Aus für den Verbrenner muss auf 2040 verschoben werden und auf fossile Brennstoffe begrenzt sein. Synthetische Kraftstoffe sind klimaneutral", sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber. "Wir dürfen diesen Fortschritt und die Wertschöpfung nicht alleine anderen Welt-Regionen überlassen."
Söder war vor zwei Jahren selbst noch für Zulassungsverbot nach 2035
Im Jahr 2020 hatte CSU-Parteichef Markus Söder sich mit Bezug auf die Ausstiegspläne im US-Bundesstaat Kalifornien noch selbst für ein Zulassungsverbot für Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen.
EU-Parlament stimmte bereits für Verbrenner-Aus
Das EU-Parlament hat sich bereits für ein Verbot neuer Verbrenner ab 2035 ausgesprochen. Sollten sich die Mitgliedstaaten dieser Haltung anschließen, wäre der Weg für das Vorhaben frei.
Bei dem Treffen der Umweltministerinnen und -minister in Luxemburg geht es darum, ob sich die Minister grundsätzlich auf ein Zulassungsverbot von Privat-Pkw und leichten Nutzfahrzeugen mit Diesel- oder Benzinantrieb ab 2035 einigen können. Dies hatte die Europäische Kommission als Teil des Klimapakets vorgeschlagen, mit dem die EU bis 2030 ihre CO2-Ausstöße stark verringern will.
Prognose: Elektromobilität bis 2035 bereits vorherrschend
Der Energieexperte Hubert Maierhofer aus Straubing schätzt, dass sich der Wandel zur Elektromobilität auf dem deutschen Automarkt bis 2035 vermutlich bereits vollzogen hat. Der Verbrennermotor im Pkw-Bereich werde bis dahin wahrscheinlich fast zur Liebhaberei, sagte Maierhofer im Interview mit dem BR.
Der Elektroantrieb werde deutlich billiger sein. Eine weitere Alternative wäre Wasserstoff, der im Pkw-Bereich vor allem auf Langstrecken zum Einsatz kommen könnte. Maierhofer ist Experte für Erneuerbare Kraftstoffe und Mobilität beim Centrale-Agrar-RohstoffMarketing- und Entwicklungs-Netzwerk. Die größten Herausforderungen bis 2035 sieht Maierhofer im Ausbau der erneuerbaren Energien und der Infrastruktur zum Beispiel für Ladesäulen.
Klimapaket "Fit for 55"
Vor wenigen Wochen hatte bereits das EU-Parlament in Straßburg für das Aus von Verbrennermotoren abgestimmt. Eine Mehrheit der Abgeordneten votierten in Straßburg dafür, ab 2035 nur noch Privat-Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ohne Diesel- oder Benzinantrieb neu zuzulassen. Der Vorschlag kam vergangenes Jahr von der EU-Kommission als Teil des angestrebten Klimapakets "Fit for 55". Damit sollen bis 2035 die Emissionen dieser Fahrzeugtypen um 100 Prozent reduziert werden. Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss das Parlament aber noch mit den EU-Mitgliedsländern darüber verhandeln.
- Zum Artikel: Verbrenner-Aus: Realistisch und wünschenswert?
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