Balkonkraftwerke haben viele Vorteile, findet Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion: "Gerade Balkonsolar ist auch für die Menschen möglich, die zum Beispiel nur eine kleine Wohnung haben. Deswegen ist das ein aktiver Beitrag, wie jeder zum Gelingen der Energiewende beitragen kann." Kruse spricht von einem kleinen, aber sehr wichtigen Puzzleteil und folgt der Linie von Bundesjustizminister Marco Buschmann, FDP, der gerade einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hat. Geplant ist, dass Mieter bald einen gesetzlichen Anspruch haben für den Betrieb einer solchen Anlage.
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Bundesweit gibt 750.000 Balkonkraftwerke
Die kleinen Solaranlagen sind sehr beliebt, sagt Christian Ofenheusle, der die Balkonsolar-Plattform "Mach Deinen Strom.de" betreibt und mit anderen eine Petition für einfachere Bedingungen im Bundestag erfolgreich eingebracht hat. Denn langfristig kann man mit Minisolaranlagen die eigene Stromrechnung senken: "Alles, was immer läuft, zum Beispiel Kühlschrank, Gefrierschrank und natürlich auch Geräte im Standby und auch den einen oder anderen zusätzlichen Verbrauch, den man den Tag über benutzt, das kann über ein Balkonkraftwerk ohne Probleme abgedeckt werden, solange die Sonne scheint."
Bei so einer Anlage erzeugt ein Solarmodul aus Sonnenlicht elektrischen Strom, den ein Wechselrichter in Haushaltsstrom umwandelt. Dieser wird mit dem Stromkreis in der Wohnung verbunden. Christian Ofenheusle sagt, dass es in Deutschland mindestens 750.000 Balkonkraftwerke gibt. Die meisten stehen in Bayern und die Nachfrage ist riesig. Für ein Balkonkraftwerk in Bayern bieten einige Städte sogar extra Förderprogramme an, zum Beispiel München, Erlangen, Ingolstadt und Weiden in der Oberpfalz.
Der Landkreis Amberg-Sulzbach hat im vergangenen Jahr 80 der Balkonkraftwerke bezuschusst. Wie das Landratsamt Ende Januar mitteilte, wurde der Fördertopf von insgesamt 8.000 Euro voll ausgeschöpft. Der Landkreis hatte das Förderprojekt im Juli 2022 ins Leben gerufen, um Endverbrauchern wegen der steigenden Energiekosten beim Stromsparen zu unterstützen.
Anschaffungskosten amortisieren sich nach einigen Jahren
Zwischen 500 und 1.000 Euro sollte man für eine Minisolaranlage ausgeben, rät Andreas Schmitz, der als Youtuber unter dem Namen "AkkuDoktor" dem Thema seit Jahren Auftrieb gibt. Es war auch seine Idee, eine Petition ins Leben zu rufen, um die rechtlichen Hürden für die Installation von Balkonkraftwerken für Mieter zu senken. Andreas Schmitz sagt, die Kosten für die Photovoltaik-Anlagen kann man bei optimaler Ausrichtung zur Sonne innerhalb von fünf Jahren wieder reinholen.
Mit der Idee zur Balkonsolar-Petition hat Andreas Schmitz einen Nerv bei vielen Menschen getroffen. Weit über 100.000 Unterschriften konnten er und die anderen Initiatoren sammeln. Damit gehört die Petition zu einer der erfolgreichsten überhaupt. Andreas Schmitz sagt: "Es ist tatsächlich möglich, etwas zu verändern, wenn man genügend Leute davon überzeugt." Außerdem glaubt er, dass das Thema im Gegensatz zum Gebäudeenergiegesetz kein Konfliktpotential birgt: "Das läuft unter dem Radar. Die Ampel scheint sich ziemlich einig bei dem Thema."
Zustimmung für Balkonkraftwerke kommt auch von Seiten der Unionsfraktion, die sogar einen eigenen Gesetzentwurf dazu eingebracht hat.
Justiz- und Wirtschaftsministerium ziehen am selben Strang
Nicht nur das Bundesjustizministerium kümmert sich darum, die Vorgaben für die Installation von Minisolaranlagen zu vereinfachen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium hat die Forderungen der Petition bereits in die Photovoltaik-Strategie der Regierung miteinfließen lassen.
Andreas Schmitz und Christian Ofenheusle, beide Initiatoren der Balkonsolar-Petition, erzählen vom Gespräch im Bundeswirtschaftsministerium mit Staatssekretär Sven Giegold: "Es wurde intensiv über das Thema Anmeldung gesprochen, der Balkonsolaranlagen, die ja noch immer sehr kompliziert ist und wir erwarten da wirklich starke Vereinfachungen. Bislang sind die Vorgaben doch ziemlich bürokratisch und abschreckend."
Christian Ofenheusle bezieht sich auf die Registrierung im sogenannten Marktdatenstammregister. Der Eintrag sei viel zu kompliziert für die Verbraucher und tatsächlich sind in dem Register laut Wirtschaftsministerium auch nur 120.000 Steckersolaranlagen gemeldet, also weit weniger als in Betrieb sind.
Immobilienverband sieht Rechte der Vermieter in Gefahr
Beim Immobilienverband Haus und Grund verfolgt man die ganze Entwicklung sehr genau und mit Skepsis. Die Vorstandsvorsitzende von Haus und Grund Bayern, Ulrike Kirchhoff, rechnet mit größeren Konflikten zwischen Mietern und Vermietern: "Wenn es ein Recht auf den Einbau dieser Anlagen gibt, muss es trotzdem eine Abstimmung zwischen Vermieter und Mieter geben, das kann nicht so einfach gemacht werden."
Ulrike Kirchhoff befürchtet auch, dass das Erscheinungsbild von Häuserfassaden leiden könnte, wenn beispielsweise bei einem Mehrparteienhaus unterschiedliche Typen von Mini-Solaranlagen installiert werden: "Dann sieht das sehr, sehr unschön aus. Da sollte eben auch eine Möglichkeit geschaffen werden, dass der Vermieter das an sich ziehen kann, ähnlich wie man das bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft machen kann, dass er dann Solaranlagen vorgibt und das ganze einheitlich gestaltet werden kann."
Im Herbst könnte das Gesetz zu Balkonkraftwerken ins Kabinett kommen
Michael Kruse, der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagt, dass man die Einwände ernst nimmt. Insgesamt ist er jedoch optimistisch, dass es schon bald einfacher wird, mithilfe von Balkonsolarenergie zumindest einen Teil des eigenen Stroms selbst zu gewinnen. Der Gesetzentwurf aus dem Justizministerium könnte – wenn alles glatt geht – im Herbst ins Kabinett eingebracht werden und danach ins Parlament.
Andreas Schmitz, auf den die Petition maßgeblich zurückgeht, ist vorsichtig: "Ich glaube es erst, wenn ich das Gesetz zu Balkonkraftwerken tatsächlich lese. Es kann immer noch viel schief gehen." Aber Hoffnung hat er natürlich, dass aus seiner Unterschriftensammlung am Ende geltendes Recht wird und er sagt: "Mal schauen, wenn Millionen Menschen ihren eigenen Strom produzieren, dann hat das natürlich auch positive Auswirkungen für das Klima."
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