31.01.2024, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), spricht im Bundestag in der Generaldebatte zum Etat des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts. (zu dpa: «Bundestag setzt Haushaltsberatung fort - Heil-Etat mit 176 Milliarden») Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Bundestag - Haushalt

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Berliner Wiederholungswahl: Bundestag kleiner – SPD nervöser

Nur ein kleiner Teil der Berliner war zur Bundestagswahlwiederholung aufgerufen. Aber die Ergebnisse bestätigen bundesweite Umfragetrends. Das sorgt mit Blick auf die kommenden Wahlen bei vielen für Unruhe.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Mit der teilweisen Bundestagswahlwiederholung vom Sonntag sollte endgültig korrigiert werden, was Berlin 2021 bundesweit Spott und Häme eingetragen hatte. Organisatorisch ist das gelungen. Als Erfolg wird die Wiederholungswahl trotzdem nicht in die Geschichte eingehen. Das liegt auch an der geringen Wahlbeteiligung.

Zur Wahl aufgerufen waren rund 550.000 Berlinerinnen und Berliner. Tatsächlich gewählt hat nur etwas mehr als die Hälfte. Unklar wird wohl bleiben, woran das liegt. Das Wetter war schlecht, die Wahl fiel auf den letzten Tag der Faschingsferien, die in Berlin Winterferien heißen, vielleicht war es Frust über die vergeigte Wahl 2021, vielleicht ein Wahlkampf mit angezogener Handbremse oder die Ankündigung, dass diese Wahl ohnehin kaum Einfluss auf den Bundestag haben werde.

Der Bundestag wird minimal kleiner

Dass die Wahl sehr wohl Einfluss hat, zeigt sich tags darauf. Durch die geringe Wahlbeteiligung verliert Berlin an Einfluss im Bundestag. Statt 29 werden künftig 25 Berliner Abgeordnete im Bundestag sitzen.

Berliner Grüne, SPD und Linke müssen je einen Sitz an andere Landeslisten abgeben. Die FDP verliert sogar ein komplettes Mandat und sorgt so dafür, dass der Bundestag von 736 auf 735 Abgeordnete schrumpft.

Berlin als Mini-Stimmungsbild

Am Montag geben sich die Regierungsparteien auf Bundesebene Mühe, möglichst wenig zu sagen. Natürlich ist die Frage berechtigt: Wie aussagekräftig ist eine Bundestagswahl in einer einzelnen Stadt, wenn dort noch dazu in nur 455 von insgesamt 2256 Wahlbezirken abgestimmt wurde?

Aber die Wiederholungswahl von Berlin ist die erste Wahl im großen Wahljahr 2024. Die erste, seitdem die AfD in bundesweiten Umfragen stark zulegen konnte. Die Wahl könnte ein kleines Stimmungsbild liefern. Und genau das macht einige bei SPD und FDP an diesem Montag nervös.

SPD und FDP verlieren, CDU und AfD legen zu

Unangenehm wird das Stimmungsbild für sie, wenn man nicht das Gesamtwahlergebnis aus Wiederholungswahl und den Ergebnissen von 2021 nimmt, sondern nur das Wiederholungsergebnis. Hier wird die Unzufriedenheit mit der Ampel deutlich: Die großen Verlierer gegenüber ihrem Ergebnis vor drei Jahren sind SPD (-7,8 Prozentpunkte) und FDP (-5,7).

Die Grünen legen minimal zu (+0,5). Die großen Gewinner sind CDU (+6.9) und AfD (+5,6). Auch wenn Berlin oft wirkt, als gälten dort andere Regeln als im Rest der Republik, bei dieser Wahl scheint sie ziemlich auf Linie mit bundesweiten Umfragen.

CDU: "Sprachlosigkeit hilft nicht weiter"

Die Berliner CDU kann vom bundesweiten Trend profitieren, wenn auch bei weitem nicht so stark, wie der es nahelegen würde. Berlins Regierender Bürgermeister von der CDU, Kai Wegner, nutzt trotzdem die Gelegenheit, am Montag gegen Ampel-Koalition und Bundeskanzler auszuteilen. Kanzler Scholz müsse endlich sein Schweigen ablegen. "Die Sprachlosigkeit hilft nicht weiter."

Gegen die AfD helfe nur gute Politik, sagt Wegner. Und die mache man in Berlin gemeinsam mit der SPD. Fakt ist, dass die AfD, die in Berlin normalerweise schwach abschneidet, ihr Ergebnis bei der Nachholwahl fast verdoppeln konnte. Die AfD konnte, wie die Grünen, offenbar Wähler mobilisieren. Sogar eine Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete, die derzeit wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft sitzt, konnte hinzugewinnen. Weil es sich um eine Wiederholungswahl handelt, musste ihr Namen auf der Wahlliste bleiben.

Manche in der SPD sind frustriert über Olaf Scholz

Die SPD macht das Ergebnis auf vielen Ebenen nervös. Der Berliner Landeschef Raed Saleh spricht von einem Alarmzeichen für Demokratinnen und Demokraten. Gerade "mit Blick auf die in diesem Jahr noch anstehenden Wahlen in Ostdeutschland und die Europawahlen". Zwar weist man bei der Berliner SPD darauf hin, weiterhin knapp stärkste Kraft zu sein.

Allerdings gilt das nicht für die Neuwahlbezirke. Dort ist die SPD größte Verliererin. Die Sorge geht um, was in diesem Jahr noch bei Europa- und Landtagswahlen auf die Partei zukommen könnte. Ungewöhnlich deutlich wird das Grummeln über den stoischen Kurs des Kanzlers. Das Berliner Vorstandsmitglied Kevin Hönicke spricht die Kritik offen aus: In der Hauptstadt habe sich vor allem der Frust über Olaf Scholz gezeigt, sagte er dem „Spiegel“.

FDP-Vize fordert entschlossene Kurskorrektur

Auch der FDP dürfte das vorläufige Berliner Ergebnis wenig Hoffnung auf Besserung machen. Von einem "bitteren Ergebnis" spricht am Montag FDP-Vize Wolfgang Kubicki. Auch wenn es angesichts der Umfragen nicht überraschend sei.

Den Ausweg sieht Kubicki in einer entschlossenen Kurskorrektur: "Für die FDP muss klar sein, dass nur eine mutigere und fortschrittlichere Wirtschafts-, Energie- und Migrationspolitik zum Erfolg führen wird." Die große Diskussion innerhalb der FDP, ob mehr Kooperation in der Ampel oder mehr Profilschärfung helfen, um wieder bei Wahlen einen Fuß auf den Boden zu kriegen, wird mit Sicherheit weitergehen.

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