Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung hat zusammen mit mehreren Organisationen ein entschlosseneres Vorgehen gegen Antisemitismus gefordert. "Ob Kunstwerke auf der Documenta oder Israel-Hass im Netz, bei allen Formen von Antisemitismus gilt: Die Perspektiven der Betroffenen müssen endlich gehört und ernst genommen werden", sagte Felix Klein zum Start der Plakatkampagne der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus in Berlin. Um das sicherzustellen, müssten Strukturen geschaffen werden. "Ganz besonders für unser Land gilt, dass wir aufhorchen müssen, wenn wieder einmal Juden zu Sündenböcken gemacht werden", betonte Klein.
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Verstärkter Schutz von jüdischen Einrichtungen
Darüber hinaus forderte Klein zusammen mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland, der Amadeu Antonio Stiftung und der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz einen verstärkten Schutz von Betroffenen und jüdischen Einrichtungen. Zudem brauche es eine bessere Dokumentation antisemitischer Vorfälle und eine nachhaltigere Förderung von Projekten gegen Antisemitismus.
"Langsam gehen uns aber die Superlative für die roten Linien aus"
"Nie wieder" sei ein beständiger gesamtgesellschaftlicher Auftrag und keine Floskel, sagte Tahera Ameer von der Amadeu Antonio Stiftung. Seit Jahren mache man mit Kampagnen deutlich, dass es einen aktiven und selbstkritischen Umgang mit Antisemitismus brauche. "Langsam gehen uns aber die Superlative für die roten Linien aus." Sie kritisierte: "Juden sind immer wieder nur 'Pain in the Ass' und das gilt es anzuerkennen und zu problematisieren. Doch stattdessen haben wir es mit Rechtfertigungen, Verharmlosungen, Wegreden zu tun."
Aktion gegen israelbezogenen Antisemitismus
Die Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus sind ein Projekt von der Amadeu Antonio Stiftung und dem Anne Frank Zentrum. Die Aktion findet seit 2003 jährlich statt. In den vergangenen Wochen gab es bereits mehr als 100 Veranstaltungen, nun beginnt die Plakatkampagne in acht deutschen Städten. In diesem Jahr richtet sich die Aktion unter anderem gegen israelbezogenen Antisemitismus.
Laut Klein wurden im vergangenen Jahr 3.027 antisemitische Straftaten erfasst. Dies sei ein Anstieg zum Vorjahr um fast ein Drittel. Es ist demnach der höchste Stand antisemitischer Straftaten seit Beginn der Erfassung. Die große Mehrheit der Taten gehe mit 84 Prozent noch immer auf rechtsextreme Täter zurück, betonte Klein.
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