Bundeshaushalt 2024: Wo die Ampel den Rotstift ansetzt
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Bundeshaushalt 2024: Wo die Ampel den Rotstift ansetzt

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Bundeshaushalt 2024: Wo die Ampel den Rotstift ansetzt

Nach wochenlanger Haushaltskrise hat sich die Koalition auf einen neuen Etat geeinigt. Die Ampel muss Milliardensummen einsparen. Wen es trifft – und wer nächstes Jahr entlastet werden soll: das Wichtigste im Überblick.

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Ein Bundeshaushalt ist auf den ersten Blick vor allem eines: ein sperriges Produkt der Ministerialbürokratie. Auf Tausenden Seiten wuchert ein Dickicht von Paragrafen, Tabellen, Anhängen und schier endlosen Datenreihen. Doch ein Blick in die Etatpläne lohnt sich. Denn so ein Haushalt ist nichts anderes als in Zahlen gegossene Regierungspolitik. Und so wird deutlich, dass die Ampel im neuen Jahr an etlichen Stellen sparen wird. Das werden viele Menschen im eigenen Geldbeutel spüren. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Bundeshaushalt 2024 zusammengestellt.

Warum gibt es kurz vor dem Jahreswechsel noch keinen gültigen Haushalt für 2024?

Die Verzögerung hängt mit dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November zusammen. Die Entscheidung war weitreichender, als viele erwartet hatten. Und sie platzte mitten in die laufenden Etatberatungen des Bundestags. Die hätten eigentlich noch vor Weihnachten beendet werden sollen. Doch nach dem Karlsruher Urteil klaffte ein Loch von insgesamt fast 30 Milliarden Euro: im Kernhaushalt für nächstes Jahr und im Klima- und Transformationsfonds des Bundes.

Die Ampel-Regierung war erkennbar überrascht, dass das Verfassungsgericht die Schuldenregeln des Grundgesetzes so streng ausgelegt hat. Einen Plan B gab es in Berlin offenbar nicht. Deshalb brauchte die Koalition mehrere Wochen, um die fehlenden Milliarden einzutreiben. Eine politische Grundsatzeinigung steht inzwischen, aber für einen Bundestagsbeschluss vor der Weihnachtspause hat die Zeit nicht mehr gereicht. Deshalb geht Deutschland ohne gültigen Bundeshaushalt 2024 ins neue Jahr.

Was gilt bis zum endgültigen Beschluss über den Bundeshaushalt?

Wenn zu Beginn eines Haushaltsjahres noch kein Etat gesetzlich in Kraft getreten ist, greift die sogenannte vorläufige Haushaltsführung. So sieht es das Grundgesetz vor. Das bedeutet: Ministerien und andere Bundesbehörden arbeiten weiter – und auch staatliche Leistungen wie Bürgergeld oder Bafög-Hilfen für Studierende werden nach wie vor ausgezahlt. Es droht also kein "Shutdown" – ein Szenario, wie man es aus den USA kennt und das mit einer weitgehenden Blockade des Regierungsapparats einhergeht.

Unter den gegebenen Umständen ist die vorläufige Haushaltsführung dennoch ungewöhnlich. Normalerweise kommen die entsprechenden Regeln kurz nach Bundestagswahlen zum Zug, wenn sich ein neues Regierungsbündnis formieren muss. Diesmal aber schlittert eine amtierende Regierung zur Halbzeit der Wahlperiode in die vorläufige Haushaltsführung. Auch wenn die Staatsausgaben im Rahmen des gesetzlich Erforderlichen weiterlaufen, schränkt das den Spielraum der Ampel zu Jahresbeginn ein. Denn neue finanzwirksame Projekte können die Ministerien in der Regel erst anstoßen, wenn der Haushalt vom Parlament beschlossen wurde.

Was wird aus der Schuldenbremse?

Die Ampel will die Kreditobergrenze aus dem Grundgesetz 2024 einhalten – anders als im laufenden Jahr. Allerdings behält sich die Regierung vor, möglicherweise doch mehr neue Schulden zu machen als verfassungsrechtlich vorgesehen. Zurzeit wird geprüft, ob etwa die Hilfen für die Flutopfer im Ahrtal von der Schuldenbremse ausgenommen werden können. Auch bei einer drohenden Niederlage der Ukraine im Verteidigungskrieg gegen das russische Regime könnte eine Situation entstehen, in der die Bundesregierung ein neuerliches Aussetzen der Schuldenbremse für nötig hält.

Wo will die Bundesregierung sparen?

Einen beträchtlichen Beitrag muss die Bundesagentur für Arbeit leisten. Sie soll 1,5 Milliarden Euro an den Bund zurückzahlen. Geld, das während der Corona-Krise als Zuschuss an die Bundesagentur ging. Auch manche Unternehmen will die Ampel zur Kasse bitten. Bisher zahlt die Bundesregierung eine Plastikabgabe an die EU. In Zukunft sollen dies die Hersteller übernehmen. Die Ampel erhofft sich davon einen Einspareffekt von bis zu 1,4 Milliarden Euro.

Beim Zuschuss für die gesetzliche Rentenversicherung setzt die Ampel ebenfalls den Rotstift an. Was vielen nicht bewusst sein dürfte: Schon jetzt macht dieser Zuschuss fast ein Viertel des gesamten Bundeshaushalts aus – und der Betrag ist zuletzt von Jahr zu Jahr gestiegen. Die Ampel will ihn im kommenden Jahr um 600 Millionen Euro verringern. Auch anderswo soll gespart werden – beispielsweise bei der Entwicklungshilfe.

Im Video: Die Streichliste der Ampelkoalition

Die Streichliste der Ampel trifft viele
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Die Streichliste der Ampel trifft viele

Wer muss im nächsten Jahr mehr zahlen?

Tanken und Heizen werden im nächsten Jahr voraussichtlich teurer. Der Grund: Der CO₂-Preis auf Heizöl, Gas und Sprit steigt zum Jahreswechsel stärker als bisher geplant - auf 45 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Nach Schätzungen des ADAC wird sich der Liter Benzin damit um rund 4,3 Cent verteuern, der Liter Diesel um rund 4,7 Cent. Auch die Preise für Flugtickets könnten im neuen Jahr steigen. Denn die Ampel will die sogenannte Luftverkehrsabgabe erhöhen.

Besonders umstritten sind Sparpläne, die Landwirte betreffen. Bisher ist vorgesehen, dass sie künftig auf Vergünstigungen bei der Kfz-Steuer und beim Agrardiesel verzichten müssen. Zusammengenommen soll dies rund 920 Millionen Euro einbringen. Doch das Vorhaben stößt auf großen Widerstand bei den Landwirten. Tausende haben zu Wochenbeginn in Berlin gegen die Kürzungspläne demonstriert.

Sind noch Änderungen am Bundeshaushalt möglich?

Ja. Das parlamentarische Verfahren läuft. Anfang Februar soll der Haushalt nach dem Willen der Ampel beschlossene Sache sein. Bis dahin kann es noch Verschiebungen geben. Klar ist aber, dass die bisherige Milliardenlücke im Etat geschlossen werden muss.

Welche Entlastungen plant die Ampel?

Trotz knapper Kassen will die Koalition beispielsweise Firmen im produzierenden Gewerbe bei der Stromsteuer unter die Arme greifen. Auch für Menschen, die Lohn- und Einkommensteuer zahlen, sind milliardenschwere Entlastungen geplant. Die Regierung schätzt, dass von dem entsprechenden Gesetz rund 48 Millionen Bürgerinnen und Bürger profitieren.

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