Das Containerschiff "Cosco Pride" der Reederei Cosco Shipping liegt am Containerterminal Tollerort.
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Cosco-Einstieg beim Hamburger Hafen: Wie brisant ist der Deal?

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Cosco-Einstieg beim Hamburger Hafen: Wie brisant ist der Deal?

Cosco-Einstieg beim Hamburger Hafen: Wie brisant ist der Deal?

Jetzt also doch: Ein chinesischer Staatskonzern darf sich an einem Containerterminal in Hamburg beteiligen. Der Hafen-Deal berührt eine sensible Frage – nämlich die, wie Deutschland mit autoritären Staaten umgeht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wer ab und zu am Hamburger Elbufer spazieren geht, stellt schnell fest: Die größten Containerschiffe, die den dortigen Hafen ansteuern, kommen oft aus China. Und auf vielen Riesen aus Fernost prangt der Schriftzug "Cosco Shipping". Der chinesische Staatskonzern betreibt eine der weltweit größten Container-Reedereien. Seit Jahrzehnten nehmen Cosco-Schiffe Kurs auf die Hansestadt. Und nach dem heutigen Kabinettsbeschluss in Berlin treffen sie in der Zukunft an der Elbe wohl auf eine Infrastruktur, die sich zum Teil in chinesischer Hand befinden wird.

Cosco darf mit weniger als 25 Prozent beim Hafen einsteigen

Wie groß dieser Anteil ist – darum haben die Ampel-Parteien tagelang hart gerungen. Jetzt steht fest: Cosco darf beim Hamburger Containerterminal Tollerort einsteigen, die Beteiligung muss aber unter der Schwelle von 25 Prozent liegen. Damit soll der chinesische Konzern von strategischen Entscheidungen zu Geschäftspolitik und Top-Personalien ferngehalten werden. Ursprünglich wollte der Konzern einen Anteil von 35 Prozent erwerben.

Das Grünen-geführte Bundeswirtschaftsministerium spricht von einer "Teiluntersagung". Tatsächlich aber handelt es sich eher um eine Teilgenehmigung. Denn die Entscheidung ermöglicht dem chinesischen Investor ja den Einstieg in Teile des größten deutschen Hafens, wenn auch im begrenzten Umfang.

Kanzleramt beim Hafen-Deal am längeren Hebel

FDP und Grüne haben sich nach Kräften gegen den Deal gestemmt – vergeblich. Das SPD-geführte Kanzleramt saß am längeren Hebel. Der Grund: Ohne eine formale Einigung aller Koalitionspartner wäre die Einspruchsfrist Anfang nächster Woche einfach ausgelaufen. Dann hätte die Vereinbarung zwischen Cosco und dem Hafenbetreiber in ihrer ursprünglichen Form Bestand gehabt.

Und damit standen FDP und Grüne vor der Alternative, im Kabinett einer begrenzten Beteiligung zuzustimmen. Oder hinzunehmen, dass die eigentlich von den Unternehmen angepeilte 35-Pozent-Beteiligung kommt. Am Ende haben sich die beiden Ampel-Parteien für das aus ihrer Sicht kleinere Übel entscheiden, wenn auch mit geballter Faust.

Grüne finden Cosco-Einstieg falsch

Dass es im Gebälk der Koalition trotz formaler Einigung knirscht, wird noch am Vormittag deutlich. Als eine der ersten meldet sich Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge zu Wort: "Der Verkauf eines Anteils des Hamburger Hafenterminals an […] Cosco ist und bleibt ein Fehler." Zwar begrüßt sie, dass die chinesische Investition begrenzt wurde. Aber auch eine Beteiligung von unter 25 Prozent bringe eine wirtschaftliche Abhängigkeit mit sich, so Dröge.

Auch Union kritisiert chinesische Hafen-Investition

Auch Teile der Opposition kritisieren den Cosco-Einstieg. "Diese Genehmigung zu erteilen, ist falsch", sagt Unionsfraktionschef Friedrich Merz im ARD-Morgenmagazin. Seiner Ansicht nach stehen hier "nicht in erster Linie finanzielle Aspekte im Vordergrund, sondern politisch-strategische".

Die CSU sieht es ähnlich: Der stellvertretende Parteivorsitzende Manfred Weber spricht von einem völlig falschen Signal für ganz Europa. Schließlich würde umgekehrt die chinesische Führung europäischen Staatsfirmen niemals erlauben, heimische Infrastruktur zu kaufen, argumentiert der Europa-Politiker.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger lehnt den Hamburger Deal ebenfalls ab. Der Chef der Freien Wähler spricht im BR24-Interview von einer "grandiosen Fehlentscheidung". Er warnt davor, dass die Investoren aus China so "den Fuß in die Tür einer sehr wichtigen Infrastruktur bekommen".

Kanzler verweist auf beschränkten Umfang des Hafen-Deals

Ob es sich beim Containerterminal Tollerort um kritische Infrastruktur handelt, ist allerdings umstritten. Formal gesehen ist dem nicht so, wie eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums am Mittag sagt. Man müsse zwischen dem Betreiber dieses einen Terminals und dem gesamten Hafen unterscheiden.

So argumentiert auch der Bundeskanzler: Es gehe nicht um einen Verkauf des ganzen Hafens, sondern um eine Beteiligung an einem bestimmten Terminal. Diese Lesart von Olaf Scholz unterstreicht eine Regierungssprecherin nach dem Kabinettsbeschluss.

  • Zum Artikel: Chinas Machtverhältnisse - Ändert sich Beziehung zu Deutschland?

Hamburger Hafen auch für Bayern wichtig

Die Befürworter des Hafen-Geschäfts verweisen auf die Bedeutung, die China für Hamburg hat. Das Land ist mit rund einem Drittel der abgefertigten Container der wichtigste Handelspartner des größten deutschen Seehafens, der wiederum in Konkurrenz zu den Häfen in Rotterdam und Antwerpen steht. Außerdem spielt der Hamburger Hafen eine herausragende Rolle für die Wirtschaft in ganz Deutschland – auch im Süden.

So werden über den Hamburger Hafen zum Beispiel Autos, Maschinen und Chemikalien aus Süddeutschland exportiert. Eingeführt werden beispielsweise Textilien und Elektrotechnik. Insgesamt werden in der Hansestadt laut Hafenbetreiber rund 700.000 Container-Einheiten für Bayern umgeschlagen – Jahr für Jahr.

China ruft zu Pragmatismus in Hafen-Debatte auf

Dass der Hamburger Hafen für ein exportorientiertes Land wie Deutschland eine Schlüsselfunktion hat – darin besteht weitgehend Einigkeit. Doch welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, ist strittig. Und mit der heutigen Entscheidung ist die Diskussion erst so richtig in Schwung gekommen.

Eine Entwicklung, die das chinesische Außenministerium genau verfolgt. Aus Peking heißt es, man hoffe, dass die "maßgeblichen Beteiligten" die Zusammenarbeit beider Länder "rational betrachten und damit aufhören, sie grundlos aufzubauschen". Ein Hinweis, der Kritikerinnen und Kritiker in ihrem Eindruck bestärken dürfte, dass es bei dem Geschäft eben doch um ein politisches Projekt gehen könnte – und nicht um ein rein wirtschaftliches.

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