Diese drei markanten Felstürme gehören zu den bekanntesten Gesteinsformationen der Dolomiten. Die Große Zinne (Mitte) überragt mit 2.999 Metern die beiden anderen Zinnen.
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Die "Drei Zinnen" in den Dolomiten.

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Debatte um "Overtourism": Südtirol beschließt Bettenstopp

Debatte um "Overtourism": Südtirol beschließt Bettenstopp

Wie viele Touristen verträgt eine Kulturlandschaft? Menschen, die von auswärts anreisen und oft nur drei Nächte bleiben? Südtirol zählt 500.000 Einwohner und 33 Millionen Übernachtungen pro Jahr. Künftig soll ein Bettenstopp die Zahl begrenzen.

Wie in den bayerischen Alpen hat die Debatte um den "Overtourism", also die Belastungsgrenzen der Einwohner und der Natur in den Alpenorten durch den touristischen Ausflugsverkehr, auch die Dolomiten und insbesondere Südtirol erreicht. Das Land Südtirol hat einen Bettenstopp beschlossen als erste Maßnahme, um den Massentourismus in verträgliche Bahnen zu lenken.

Noch nie wurde in Südtirol so leidenschaftlich und kontrovers um den Tourismus diskutiert wie in diesem Sommer. Neben einem Tourismuskonzept 2030+ der Landesregierung hat der Hotelier Michil Costa aus Corvara die Diskussionen richtig angeheizt: Sein Buch "Raus aus dem Rummel" hat die Debatte zugespitzt. Es geht um eine Bettenobergrenze, Zugangskontingentierung, autofreie Dolomitenpässe und die Südtiroler Identität, die nach den Beobachtungen Costas in der Wachstumsspirale des Tourismus verloren geht. Das Land, sagt der Hotelier, befinde sich auf dem Kipppunkt.

Raus aus dem Rummel?

Costa ist ein veritabler Signore, lichtgraues Haar, Blume am Revers, stilsicher in der Wahl seiner Worte. Und die Kulisse könnte nicht prachtvoller sein: an einem Wiesenhang vor der Wallfahrtskirche St. Jakob im Grödnertal mit freiem Blick auf das Bergmassiv des Langkofels. Das Publikum sitzt in Reihen auf dem Wiesenhang, während der Hotelier aus Corvara sein neues Buch vorstellt. "Futurismo" auf italienisch, also Zukunftstourismus, der deutsche Titel aber ist deutlich provokanter: "Raus aus dem Rummel".

Er klagt an: "Warum schließen wir die Dolomitenpässe nicht? Weil den Verantwortlichen der Mut fehlt." Es geht um den Dauerstau der Autos am Grödner Joch und dem Sellajoch, die zersiedelten Täler und seelenlose Hotellerie mit Massenabfertigung.

Die Diskussion ist leidenschaftlich; der Hotelierkollege Markus Piccolruaz findet: "Wir spucken in den Teller, aus dem wir alle essen, denn wir hängen vom Tourismus ab – die einen mehr, die anderen weniger. Aber was den Bettenstopp betrifft: Warum wollen wir Hotels immer größer bauen? Das bringt nichts. Wir finden keine Mitarbeiter mehr und schaffen uns nur Probleme."

Bettenobergrenze für Hotels

Nach Jahrzehnten eines beispiellosen Wachstums zeigt die Debatte, wie drängend die Fragen für die Einheimischen geworden sind. Zumindest der "Bettenstopp" ist nun beschlossene Sache. Bis nächstes Jahr sollen in einem ersten Schritt alle Übernachtungsplätze bis in Airbnb- und Zustellbetten ermittelt werden.

Auch wenn im Vorfeld der Regelung noch einmal zahlreiche Hotelausbauprojekte angemeldet wurden, soll es dann eine verbindliche Obergrenze geben. Auf 33 Millionen ist die Zahl der Übernachtungen inzwischen gestiegen, bei 500.000 Einwohnern in Südtirol. An manchen Orten sei die touristische Überlastung an Spitzentagen zwei- bis dreimal so groß wie es der Natur und den Einheimischen gut täte.

Der Insta-Topspot Pragser Wildsee

Die in Italien berühmte Fernsehserie "Un passo dal cielo", zu deutsch "Die Bergpolizei" und dann Instagram haben den Pragser Wildsee bei Toblach zu einem Hotspot gemacht. Mehr als 17.000 Besucher wurden hier schon an Spitzentagen gezählt. Alles war zugeparkt. Um dem Gedrängel Herr zu werden, wurde hier eine Kontingentierung eingeführt. In den Sommerwochen kommen ab 9.30 Uhr nur noch Fahrzeuge ins Tal, die eine Parkplatzreservierung haben.

Nach diesem Sommer ziehen die Verantwortlichen eine positive Bilanz: Der Fahrzeugverkehr lief in geregelten Bahnen ab, der Andrang zum See konnte einigermaßen gesteuert werden. Für Tourismus-Landesrat Arnold Schuler könnten solche Modelle an besonders belasteten Orten zum Vorbild werden. Auch Michil Costa sieht in der Kontingentierung ein gutes Werkzeug. "Kontingentieren heißt nicht unsozial, kontingentieren heißt genauso, wenn ich zum Neujahrskonzert nach Wien will, dann muss ich mich auch drei Jahre vorher anmelden. Und das heißt, man würde dann auch das Gebiet wertschätzen", sagt Costa. Er ist davon überzeugt: "Man würde länger bleiben, längere Zeit sich aufhalten. Denn dieser schnelle, wie man damals sagte, Fremdenverkehr, bringt den Menschen nichts und bringt dann auch uns, den hier lebenden Einwohnern nichts."

3,5 Nächte verbringen Urlauber im Schnitt in Südtirol. Würde die Aufenthaltsdauer nur um eine Nacht verlängert werden, dann würde das den Verkehr um 20 Prozent reduzieren, hat ein Verkehrswissenschaftler errechnet.

Mehr Lifte, breitere Pisten, mehr Kunstschnee

Aus der Ecke der Seilbahnen kommen dagegen ganz andere Töne: Andy Varallo, Präsident von Dolomiti Superski, hat gerade die nächste Debatte ausgelöst: Er fordert breitere Pisten, mehr Wasserspeicher für Kunstschnee und den Bau von Seilbahnen. Den Klimawandel gebe es, so sagt der Seilbahnmanager in einem Interview des Südtiroler Wochenmagazins FF , "aber eher im Sommer".

Für Josef Oberhofer, den Präsident des Dachverbands der Südtiroler Natur- und Umweltschutzverbände ist allein schon die geltende Förderpraxis des Staates ein Skandal, konkret bezieht er sich auf eine neue Seilbahn im Karerseegebiet: "Es geht nicht an, dass zum Beispiel das Land Südtirol 75 Prozent dieser Seilbahn finanziert. Und es wurde kein Klimacheck gemacht. Wir haben heute schon Seilbahnen, die mehr Menschen am Tag auf die Berge transportieren können als Leute in Südtirol leben. Und es gibt schon an die 35 weitere Projekte, die in den Schubladen warten, um realisiert zu werden."

Neues Streitobjekt: die Santnerpasshütte im Rosengarten

Wirft hier Olympia 2026 im nahen Cortina d‘Ampezzo bereits seinen langen Schatten voraus? Gebaut wird derzeit auch an der neuen Hütte auf dem Santnerpass im Massiv der Rosengartenspitze, die wie ein Brennspiegel aus dem berühmten Felspanorama herausstrahlt und die Unesco-geschützte Kulisse optisch überprägt.

Die Oppositionsgruppe "Team K" hat im Südtiroler Landtag eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, in der es darum geht, ob sogar und auf welche Weise das Grundstück auf dem der Hüttenneubau steht, zu einem Billigpreis an den Investor verkauft wurde: "Das Verschachern eines Stücks der Dolomiten, des Unesco-Weltnaturerbes, ist schlichtweg inakzeptabel".

Marlene Roner, eine Architektin, die sich im Natur- und Heimatschutz engagiert, kämpft seit Jahren um einen generellen Ausbaustopp: "Desto mehr wir verbauen, desto mehr zerstören wir uns auch die Grundlage. Wir beschäftigen uns nur noch damit, wie können wir mehr bauen, mehr auffallen, noch mehr im Mittelpunkt stehen. Es ist ein reines Konkurrenzdenken und das macht, glaube ich, die Leute kaputt. Das macht den Tourismus kaputt. Das tut den Leuten nicht gut."

Erstaunlich schweigsam ist bei alledem bisher die Unesco-Kommission. Der Weltnaturerbetitel beinhaltet zwar keine Schutzbestimmung, aber doch die Verpflichtung, den Naturcharakter dieser einmaligen Landschaft zu bewahren.

Im Fernsehkanal Arte läuft eine ausführliche Dokumentation mit dem Titel "Dolomiten in Gefahr" am Montag, 26.9., um 19:40 Uhr, zu sehen dann auch in der Arte-Mediathek.

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