Rezepte von Ärztinnen und Ärzten gab es bisher vorwiegend auf einem rosa Zettel für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten. Dass Verschreibungen in Deutschland immer noch ausgedruckt und unterschrieben werden, hält der Bundesgesundheitsminister für "nicht vertretbar". Karl Lauterbach (SPD) setzt auf eine Aufholjagd im Digitalen, zunächst mit dem elektronischen Rezept, dem E-Rezept. Er verspricht sich davon eine bessere Versorgung bei gleichzeitiger Entbürokratisierung. Zum 1. Januar kommenden Jahres sollen Ärztinnen und Ärzte nur mehr E-Rezepte ausstellen. So sieht es ein Gesetzentwurf Lauterbachs vor.
E-Rezept: Die Apotheker sind bereit
Obwohl das E-Rezept bereits möglich ist, per Smartphone-App oder ausgedrucktem QR-Code, haben Patientinnen und Patienten bislang kaum davon Gebrauch gemacht. Zu aufwendig, zu umständlich. Seit dem 1. Juli dieses Jahres kann das E-Rezept nun verschlüsselt auch auf der elektronischen Gesundheitskarte in Arztpraxen hinterlegt werden. Apothekerinnen und Apotheker können auslesen, was der Arzt verschrieben hat und es dem Patienten aushändigen.
Bundesweit können zwischen 80 und 90 Prozent der Apotheken das E-Rezept auslesen, in Bayern sind es nach Angaben des Apotheker-Verbandes nahezu 100 Prozent. Dass die Apotheker "im Großen und Ganzen sehr gut mitziehen", findet Lauterbach gut: "Dafür bin ich dankbar." Zum jetzigen Zeitpunkt seien 2,4 Millionen E-Rezepte eingelöst worden, sagt der SPD-Politiker. Die Erfahrungen seien positiv.
Bedenken bei der Ärzteschaft
Weniger gut ziehen Ärztinnen und Ärzte mit. Viele Arztpraxen sind noch nicht E-Rezept-bereit. Die Ärzte müssen das Rezept am Computer digital erstellen, signieren und in einem speziell geschützten Gesundheitsdaten-Netzwerk (Gematik) speichern.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB), die fast alle niedergelassenen Ärzte in Bayern vertritt, testet das E-Rezept aktuell in ausgesuchten Praxen und hat dabei etliche Schwachpunkte ausgemacht. So dauere etwa das Unterschreiben und Überprüfen der E-Rezepte am Computer zum Teil bis zu dreißig Sekunden, was vor allem in Hausarztpraxen bei sehr vielen Unterschriften Zeit kostet:
"Bisherige Tests haben gezeigt, dass pro elektronischem Signaturvorgang bei E-Rezepten bis zu 30 Sekunden Verzögerung aufgrund der im Hintergrund laufenden Signaturprüfung entstehen kann", heißt es von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. "In vielen PV-Systemen kann in dieser Zeit nicht weitergearbeitet werden, d.h. der Arzt sieht eine Sanduhr oder einen laufenden Kreis und muss geduldig auf das Prüfergebnis warten, bevor eine Weiterarbeit am Rechner möglich ist."
Lauterbach: "Durchbruch" bei Digitalisierung nötig
Im technischen Bereich sehen etliche Ärzte ebenso noch Optimierungsbedarf, vor allem bei der Software. Auch ein Grund dafür, dass derzeit lediglich knapp 5.000 der insgesamt 100.000 Arztpraxen E-Rezepte ausstellen.
Lauterbach kennt die Probleme. Vorwürfe allerdings, er drücke eine Reform durch, will er nicht gelten lassen. Die ersten Gesetze zur Digitalisierung seien vor zwanzig Jahren gekommen. Er habe kein Verständnis dafür, dass er aus der Ärzteschaft immer wieder höre, es sei noch zu früh. Man könne nicht so weitermachen wie bisher, die "Bedenkenträgerei" müsse enden. Und am Anfang ruckele es immer. Die KVB geht davon aus, dass in Bayern bis zum Jahresende kein störungsfreier Betrieb gewährleistet werden kann.
Nach dem E-Rezept: Die E-Patientenakte (EPA)
Ruckelig ist auch die Umsetzung der Elektronischen Patientenakte (EPA). Die ist bereits seit 2021 ein freiwilliges Angebot, wird aber noch seltener genutzt als das E-Rezept. Auch das will Lauterbach ändern und die Nutzung beschleunigen. Bis Ende nächsten Jahres sollen die gesetzlichen Krankenkassen automatisch für jeden Versicherten eine elektronische Akte einrichten – außer man lehnt explizit ab.
Bei der Akte handelt es sich um einen persönlichen Datenspeicher, in dem Befunde, Röntgenbilder und Listen eingenommener Medikamente hinterlegt sind. Auch das E-Rezept soll integriert werden können. Die Datenschutzstandards seien hier – wie beim E-Rezept – sehr hoch. Darauf legt der Bundesgesundheitsminister großen Wert. Allerdings sagt er auch: "Es darf nicht so sein, dass der Datenschutz so überhöht ist, dass die Anwendung nie genutzt werden kann."
Im Audio: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach macht Druck auf Ärzteschaft
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