Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat Medienberichte über Abstriche beim Elterngeld bestätigt. "Die Grenze der Einkommen für diejenigen, die Elterngeld beziehen können, wird abgesenkt auf 150.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen", sagte die Grünen-Politikerin dem Sender RTL/ntv. Paus begründete den Schritt mit den für den Bundeshaushalt 2024 geforderten Einsparungen, die alle Ressorts erbringen müssten.
Weniger Bezieher, aber Höhe des Elterngelds soll gleich bleiben
Sie habe sich entschieden, nicht die Leistung selbst zu kürzen, sondern den Kreis der Bezieher einzuschränken. Rund 60.000 Familien hätten damit vermutlich keinen Anspruch mehr auf Elterngeld, erklärte Paus. Sie bedaure dies. Es sei ihr aber wichtig gewesen, die Leistung selbst nicht zu kürzen für diejenigen, die das Elterngeld brauchen.
Für die Gleichstellung von Frauen sei das indes "kein Glanzstück", räumte Paus ein. Das Elterngeld soll unter anderem dafür sorgen, dass junge, berufstätige Eltern sich die Erziehungsarbeit besser aufteilen können.
Bisher bekommen Paare bis zu einem gemeinsamen Brutto-Jahreseinkommen von 300.000 Euro nach der Geburt eines Kindes Elterngeld, Alleinerziehende bis zu einem Einkommen von 250.000 Euro. Die Höchstsumme beträgt 1.800 Euro im Monat, die niedrigste 300 Euro für Mütter und Väter, die vor der Geburt des Kindes kein oder ein sehr geringes Einkommen hatten. Grundregel ist, dass als Elterngeld 65 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens gezahlt werden. Wenn auch die Väter im Job pausieren, verlängert sich die Elterngeldzeit.
DGB nennt Streichung "gleichstellungspolitischen Irrsinn"
Kritik kommt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). In scharfen Worten warnte DGB-Vizevorsitzende Elke Hannack vor einer Streichung des Elterngelds für Gutverdiener. "Jetzt das Elterngeld zusammenzustreichen, ist nichts anderes als gleichstellungspolitischer Irrsinn", sagte Elke Hannack. "Junge Frauen, die - viel zu oft unter großen Mühen - eine teure Ausbildung absolviert haben, werden sich gegen Kinder und für ihren Beruf entscheiden."
Junge Väter wiederum, "die gerade die ersten Stufen der Karriereleiter erklommen haben, können nicht gänzlich auf ihr Einkommen verzichten und werden sich auch künftig kaum um die Kleinsten kümmern", sagte Hannack voraus. Die erwogene Abschaffung des Elterngeldes für Paare mit einem Jahreseinkommen von mehr als 150.000 Euro sei ein Vorschlag "ohne Sinn und Verstand".
"Wie die Bundesregierung unter diesen Voraussetzungen die Gleichstellung von Frauen und Männern vorantreiben will, bleibt ihr Geheimnis", urteilte Hannack. Wer sich höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen wünsche, "muss für eine faire Verteilung der Familienaufgaben sorgen", betonte sie. "Das funktioniert nicht, wenn das Elterngeld von einer Lohnersatz- zu einer Sozialleistung wird."
DGB: Auszeit für Familie auch für bestens ausgebildete Leute
Stattdessen sei es notwendig, dass "sich auch die bestens ausgebildeten jungen Leute am Beginn ihrer Berufslaufbahn die berufliche Auszeit für eine Familie leisten können - und anschließend in ihren Beruf zurückkehren". Genau dafür sorge das heutige Elterngeld nachweislich.
Zugleich forderte Hannack eine Anhebung der Leistung. Die Höhe des Elterngeldes hängt vom vorherigen Einkommen des jeweiligen Elternteils ab. Es werden mindestens 300 und maximal 1.800 Euro im Monat gezahlt. Hannack plädierte dafür, den Sockelbetrag "an die Preisentwicklung anzupassen" und das Elterngeld insgesamt "endlich zu dynamisieren".
Das Bundesfamilienministerium plant laut dem "Spiegel", das Elterngeld für Gutverdiener zu streichen. Bereits ab einem Jahreseinkommen von 150.000 Euro sollen Paare keinen Anspruch mehr haben - bisher gelten 300.000 Euro als Grenze. Hintergrund sind dem Bericht zufolge die Sparvorgaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
Söders Kehrtwende beim Familiengeld
Bereits am Montag hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, das bayerische Familiengeld nicht mehr in gleicher Höhe für alle Eltern im Freistaat gleichermaßen bereitstellen zu wollen. "Das Familiengeld ist einzigartig und es ist wichtig“, sagte Söder nach dem bayerischen Kinderbetreuungsgipfel in München am Montag. Die Leistung werde sich künftig "mehr an Einkommen orientieren" und solle insbesondere Alleinerziehende stärken.
Der Ministerpräsident betonte, es gebe Menschen mit einem "Wahnsinnseinkommen, die brauchen das nicht, die sagen: Steckt das Geld lieber in den Kita-Ausbau". Bisher bekommen alle Eltern im Freistaat für jedes Kind im zweiten und dritten Lebensjahr 250 Euro im Monat, ab dem dritten Kind 300 Euro.
Konkrete Details, wie die Reform des Familiengelds aussehen soll, nannte Söder nicht. Wegen der "Kürze der Zeit" soll die "Weiterentwicklung" auch nicht mehr vor der Landtagswahl im Oktober angegangen werden, sondern erst "im Herbst" in einer erneuten Koalition mit den Freien Wählern, auf die der CSU-Chef hofft.
Mit Informationen von AFP und dpa
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