Vier Ministerposten werden im bayerischen Landtag künftig von den Freien Wählern besetzt. Zu den Neubesetzungen gehört auch eine, die bisher als Frau im Hintergrund galt: Anna Stolz. Sie wird künftige Kultusministerin in Bayern. Ihre Personalie war wohl die größte Überraschung. Denn kaum jemand hatte damit gerechnet, dass Hubert Aiwanger Michael Piazolo als Kultusminister austauschen würde. Auch wenn der als Kultusminister nicht immer ein glückliches Händchen bewiesen hatte, galt er doch als gesetzt.
Anna Stolz: Für Aiwanger aus zweierlei Hinsicht geeignet
Mit Anna Stolz hat Aiwanger jetzt zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die 40-jährige Unterfränkin ist seit fünf Jahren Staatssekretärin im Kultusministerium. Sie hat somit Regierungserfahrung und kennt sich im Kultusbereich aus. Auch bei Lehrerinnen und Lehrern scheint sie gut anzukommen. Sie gilt als zugewandt und empathisch. Mit Anna Stolz hat Aiwanger außerdem eine Frau für ein Ministeramt. In der Vergangenheit wurden die Freien Wähler immer wieder kritisiert, zu männerlastig zu sein.
Die studierte Juristin passt gut ins Freie-Wähler-Portfolio. Sie hat auch kommunalpolitische Erfahrung, war vier Jahre lang Bürgermeisterin von Arnstein in Unterfranken. Ihr Bekanntheitsgrad außerhalb des politischen Betriebs dürfte allerdings gering sein. Bei früheren Auftritten mit Piazolo hielt sie sich eher im Hintergrund. Auch privat mag sie es lieber ruhig. Sie mache gerade mit ihrem Ehemann einen Angelschein, erzählte sie den Journalisten vor der Pressekonferenz, in der Aiwanger später ihre Personalie verkündete. Da könne sie gut entspannen. Die große Bühne hat sie bisher also nie gesucht, weder beruflich noch privat – anders als ihr künftiger Kabinettskollege.
"Wir sind stolz auf Anna Stolz!" – mit diesem Wortspiel haben die Arnsteiner reagiert, als sie erfahren haben, dass ihre frühere Bürgermeisterin die neue Kultusministerin von Bayern wird. Als 32-Jährige hatte die Rechtsanwältin 2014 ohne kommunalpolitische Erfahrung eine CSU-Vorgängerin aus dem Rathaus verdrängt. Nach ihrer vierjährigen Zeit als Bürgermeisterin ist ihr damaliger Stellvertreter und heutiger Bürgermeister, Franz-Josef Sauer (CSU), überzeugt, dass Stolz mit Mut und Tatkraft an ihre neue Aufgabe als Kultusministerin gehen werde. Der ehemalige Karlstadter Bürgermeister, Paul Kruck (Freie Wähler), habe seine Kollegin Stolz immer als "unglaublich gewissenhaft und bienenfleißig erlebt, dabei immer zielstrebig und lösungsorientiert".
Digitalminister: Fabian Mehring liebt das Rampenlicht
Der 35-jährige Schwabe Fabian Mehring fällt schon durch seinen Kleidungsstil auf. Maßanzüge, gern in hellblau, extravagant geschnittene Hemden und Schuhe. Der bisherige parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler scheint sich gut zu überlegen, wie er auftritt. In den Sozialen Medien ist er schon lange präsent. Er hat einen eigenen Video-Podcast, zu dem er auch Prominente zum Gespräch einlädt - zuletzt den Augsburger Bischof. Ähnlich wie sein Chef Aiwanger ist er digital stets präsent, etwa auf X. Dass er jetzt mit Mitte dreißig Digitalminister wird, hält er für eine große politische Chance, denn hier handle es sich um ein Zukunftsministerium.
Anders als bei Anna Stolz waren sich in den Reihen der Freien Wähler schon im Vorfeld viele sicher, dass es Mehring ins Kabinett schaffen würde. Er gilt als ehrgeizig und selbstbewusst. In der Flugblatt-Affäre legte er sich wie kaum ein anderer in der Partei für die Verteidigung Aiwangers ins Zeug. Der promovierte Politikwissenschaftler spielt in seiner Freizeit Tennis. Zusammen mit seiner Frau reist er gern - auch unkonventionell, zum Beispiel mit dem Zug nach Marokko.
Wirtschaftsstaatssekretär: Tobias Gotthardt - Mann mit den großkarierten Sakkos
Auch Tobias Gotthardt fällt durch seinen Kleidungsstil auf. Er trägt Sakkos mit großen Karos. Er gilt als selbstironisch und humorvoll. Vor vier Jahren produzierte er ein Video, in dem er als Schulweg-Sheriff mit Cowboy-Hut Kindern über die Straße hilft, das Ganze mit Westernmusik unterlegt. Gotthardt hatten wohl auch viele Parteifreunde nicht auf dem Schirm für die Stelle des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium. "Es war absolut überraschend", sagt Gotthardt. Er habe gerade mal eineinhalb Stunden vor der Pressekonferenz erfahren, dass er Staatssekretär im Wirtschaftsministerium werden solle.
Der 46-jährige Oberpfälzer ist studierter Geisteswissenschaftler. Er arbeitete im Europäischen Parlament. Später war er parlamentarischer Mitarbeiter der Europaabgeordneten Emilia Müller (CSU) - für einen Wirtschaftsstaatssekretär, der auch Kontakte ins Ausland pflegt und viel reist, eine gute Voraussetzung. Gotthardt scheint sich auch gut mit den Kollegen von der CSU zu verstehen. Er arbeitete auch schon für Gerda Hasselfeldt - sicher kein Nachteil in der Bayern-Koalition.
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