Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Besuch an der Kontrollstelle der Bundespolizei am Grenzübergang Stadtbrücke in Görlitz.
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Besuch an der Kontrollstelle der Bundespolizei am Grenzübergang Stadtbrücke in Görlitz.

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Faeser: Grenzkontrollen "so lange wie nötig"

Lange war die Bundesinnenministerin beim Thema Grenzkontrollen skeptisch. Jetzt kündigt sie bei einem Termin in Görlitz an, die Kontrollen zu verlängern, bis die irreguläre Migration zurückgeht. Die Grünen sind skeptisch.

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In der Ferienzeit sind sie besonders spürbar: Die stationären Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich. Immer wieder staut es sich zum Beispiel am Walserberg bei Bad Reichenhall. Nicht nur, aber auch wegen der Kontrollen, die die Bundespolizei dort seit 2015 durchführt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat heute bei einem Besuch der Bundespolizei im sächsischen Görlitz angekündigt, dass sie an den Kontrollen festhalten wolle – solange, bis die irreguläre Migration zurückgegangen sei.

Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen sind laut EU-Recht eigentlich nur ein letztes Mittel, das zeitlich begrenzt angewendet werden soll. Die Mitgliedsstaaten müssen die Kontrollen gegenüber der EU-Kommission ankündigen und begründen. Zulässig sind sie nur, wenn eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliegt.

Grenzkontrollen verlängern, "bis das europäische Asylsystem greift"

Bei ihrem Termin an der deutsch-polnischen Grenze macht Nancy Faeser jetzt aber deutlich, dass sie die Kontrollen mittelfristig weiter verlängern will – über die bisher geltenden Fristen hinaus. Aktuell sind die Kontrollen an der bayerisch-österreichischen Grenze bis Mitte November angeordnet, an der Grenze zu Tschechien bis Mitte Dezember. Faeser will die Kontrollen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz nun so lange verlängern, "bis die Reform des europäischen Asylsystems greift." Wann das der Fall ist, lässt sich aktuell schwer absehen.

Die Innenministerin hatte im Frühjahr temporäre Grenzkontrollen an allen Grenzen während der Fußball-Europameisterschaft der Männer angeordnet. Die Kontrollen an den Grenzen zu den Beneluxstaaten sind inzwischen ausgelaufen. Union und FDP hatten früh gefordert, die Kontrollen über die EM hinaus zu verlängern. Faeser zeigte sich zunächst skeptisch, hat wenige Wochen vor den Landtagswahlen im Osten nun aber eingelenkt.

Grüne für Ende der Grenzkontrollen

Bei Teilen der Grünen kommt die Ankündigung nicht gut an. In einem offenen Brief an die EU-Kommission fordern 23 Abgeordnete aus EU-Parlament, Bundestag und Landtagen das Ende der Grenzkontrollen in Deutschland. Die Grünen-Politiker verweisen auf die "Belastungen für Menschen und Unternehmen in den Grenzregionen, für Pendler*innen, den Handel und die Polizei." Die Nutzen der Kontrollen seien dagegen fragwürdig und viele der Erfolgsmeldungen zu den Kontrollen nicht statistisch belegt.

Unterzeichnet haben den Brief auch fünf Abgeordnete aus Bayern, darunter der Bundestagsabgeordnete Karl Bär und der Landtagsabgeordnete Toni Schuberl. Nach der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen gebe es keinen Grund mehr für die Grenzkontrollen, argumentiert Schuberl im Gespräch mit dem BR. Die Großereignisse seien eine besondere Situation gewesen, die Maßnahmen dürften deswegen nur vorübergehend sein.

Herrmann – "Brauchen Grenzkontrollen mehr denn je"

Widerspruch kommt vom bayerischen Innenminister Joachim Hermann. Gegenüber der Deutschen Presseagentur betonte Herrmann, Deutschland brauche die intensiven Grenzkontrollen aus sicherheits- und migrationspolitischen Gründen mehr denn je. Der Innenminister wies den Vorwurf der Grünen zurück. Der Erfolg der Kontrollen sei nicht statistisch belegt.

Den hatte Herrmann bereits im Interview mit dem BR Mitte Juli herausgestellt. Demnach greife die Bundespolizei immer wieder Drogen- und Waffenschmuggler sowie Personen, die per Haftbefehl gesucht würden, auf. Genaue Informationen dazu, welche Art von Haftbefehlen die Bundespolizei in Bayern vollstreckt, konnte das bayerische Innenministerium auf BR-Anfrage nicht nennen. Dies werde statistisch nicht erfasst.

Millionen Überstunden bei der Bundespolizei

Auch die deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hält die Grenzkontrollen für einen "riesigen Erfolg." Auch wenn sie viel Personal binden – insgesamt schiebe die Bundespolizei im Moment ein Überstundenpensum von knapp zwei Millionen Stunden vor sich her, so der stellvertretende Bundesvorsitzende Heiko Teggatz. Der Gewerkschafter fordert eine Rechtsänderung: Die Grenzkontrollen sollten Teil der Alltagsaufgaben der Bundespolizei werden. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist der Meinung, dass für dauerhafte Grenzkontrollen mehr Personal notwendig wäre.

Während der bundesweiten Grenzkontrollen während der EM waren jeden Tag rund 22.000 Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei im Einsatz. Diese haben laut Angaben aus dem Bundesinnenministerium rund 8.300 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt. Außerdem seien mehr als 1.000 Haftbefehle vollstreckt worden, die meisten im Bereich der Kleinkriminalität.

Mit Informationen von dpa

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