Es fehlt nicht allzu viel und das Grundstück wäre so groß wie ein Fußballfeld. Doch auf der 5.400 Quadratmeter großen Fläche im Münchner Stadtteil Freiham passiert – nichts. Fußballspielen wäre auch gar nicht möglich, so hoch steht das Gras auf dem Gelände. Dabei habe die Stadt eigentlich mit einem "städtebaulichen Leuchtturm" gerechnet, sagt Reinhold Petrich vom Stadtteilmanagement Freiham.
Doch bis heute gibt es diesen Leuchtturm nicht, obwohl bereits im Jahr 2019 die ersten Bewohner in den Stadtteil im Münchner Westen zogen. Mehr als 30.000 Einwohner sollen hier einmal wohnen – ein Stadtteil, so groß wie eine mittelgroße Stadt. Doch wer auf besagtem Grundstück – "in einem Herzstück von Freiham", so Petrich – nicht baut, ist die katholische Kirche, genauer das Erzbistum München und Freising.
"Kein Bedarf" seitens des Bistums
Der Erzdiözese sei die Fläche im Tausch zugefallen, teilt die Stadt auf Anfrage mit. "Die Landeshauptstadt München erhielt Flächen im Landschaftspark und für den Autobahnzubringer, die Erzdiözese München und Freising erhielt das Grundstück GB4." GB4 ist Behördendeutsch und steht für "Gemeinbedarfsfläche", anders ausgedrückt "für Bildung und religiöse Zwecke". Und das eben an prominenter Stelle, fußläufig und mit dem Rad gut erreichbar.
Für ein Gotteshaus bestünde beim Erzbistum aber "kein Bedarf", wohl aber die Absicht, "ein Bildungszentrum zu errichten, das durch einen katholischen Bildungsträger betrieben werden soll", hält der Bebauungsplan von 2016 (externer Link) fest. Demnach waren eine Grundschule, ein Kindergarten mit Speisesaal und Gymnastikraum geplant – sogar mit Andachtsraum und Bildungscafé. Tatsächlich also ein "Leuchtturm"-Vorhaben, wie Petrich sagt – als Beitrag für das soziale Miteinander in einem Neubaugebiet, wo viele hinziehen, die ihre Nachbarn noch nicht kennen.
Mobiles Gefährt statt festes Gebäude
Doch all das ist nicht gekommen. Stattdessen bemüht sich die katholische Nachbargemeinde, in Freiham Präsenz zu zeigen: Zusammen mit der nächstgelegenen evangelischen Adventskirche und einem evangelischen Theologen vom "projekt:k Kirche für Freiham" ist man gemeinsam auf einem dreirädrigen Gefährt mit Kaffee und offenen Ohren unterwegs.
"Wir sind erstmal mobil unterwegs, um Menschen anzusprechen, was sie sich von der Kirche wünschen", sagt Ourania Amperidou vom katholischen Pfarrverband München-West. "Deswegen machen wir das Ganze auch ökumenisch, um auch möglichst viele Menschen zu erreichen und mit ihnen zusammen dann zu entwickeln, was letztendlich auf dieses Grundstück drauf kommt – mit den Menschen für die Menschen, weil das ja auch das Ziel von Kirche ist."
Knapper werdendes Geld "in Menschen statt Steine investieren"
Zugleich muss das Erzbistum auch erstmals seit Jahren mit weniger Kirchensteuermitteln auskommen als erwartet. Aufgrund des Mitgliederschwundes der Kirche wird das Geld knapper, es fehlt an Seelsorgern, und auch die Gottesdienstbesuche nehmen ab. Bei der Vorstellung der Finanzen des Erzbistums vor einem Monat war die Ansage jedenfalls klar: Die Mittel, die man noch habe, sollten weniger in Steine investiert werden. Sondern eher in Menschen wie zum Beispiel Ourania Amperidou. Mit ihr beschäftigt das Erzbistum eine Referentin für Sozialraumorientierung im Pfarrverband München-West.
Auf Anfrage gibt das Bistum perspektivisch aber grünes Licht für die Grünfläche in Freiham: "Wie überall im Erzbistum München und Freising wird die katholische Kirche auch im Neubaugebiet Freiham mit ihren seelsorglichen, karitativen und ihren Bildungsangeboten für die Menschen da sein." Für die Nutzung des prominent gelegenen Grundstücks bevorzuge man "ein zeitgemäßes Angebot mit und für die Menschen, die es nutzen werden" – und "kein vorgefertigtes Konzept".
Ob damit das Bildungszentrum vom Tisch ist, das im Bebauungsplan von 2016 noch vorgesehen war – unklar. "Voraussichtlich im September 2024 wird die Erzdiözese München und Freising über ihre aktuellen Überlegungen informieren", so jedenfalls die Erwartung der Stadt.
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