Zu den BR Wahlarenen am 15. und 22. Mai prüft der #Faktenfuchs Behauptungen der Gäste. Neben denen des FDP-Politikers auch die der AfD, Freien Wähler, Linken, CSU, SPD und Grünen.
1. Verstoßen Bayerns Grenzkontrollen gegen EU- und Verfassungsrecht?
Die bayerische Europawahl-Kandidatin der Grünen, Henrike Hahn, bekräftige in der BR Wahlarena am Mittwoch aus Bamberg noch einmal die Haltung ihrer Partei zu den bayerischen Grenzkontrollen.
Unsere Haltung, die Grünen-Haltung, zur Einhaltung des Schengen-Abkommens an der bayerisch-österreichischen Grenze - da haben wir eine klare Meinung. Da haben wir im Bundestag eine Expertise anfertigen lassen, dass das gegen Verfassungsrecht verstößt, dort vor Ort die Etablierung der bayerischen Grenzpolizei, aber auch die zusätzlichen Grenzkontrollen gegen Europa- und Verfassungsrecht verstößt. (Henrike Hahn, Min. 15 in der BR Wahlarena aus Bamberg).
Diese Position hatte schon FDP-Kandidat Phil Hackemann in der ersten BR Wahlarena aus Passau bezogen.
Ob Hackemanns Aussage stimmt, ist aktuell noch nicht eindeutig zu beantworten, wie der Faktencheck dazu ergab. Im vergangenen Sommer gab es eine Absprache der zuständigen Behörden mit dem Ziel, alle geltenden Gesetzte ausreichend zu berücksichtigen. In der Vereinbarung steht: "Eine Grenzkontrolle in diesem Zusammenhang kann auf Anforderung oder mit Zustimmung der Bundespolizei auch durch die Bayerische Polizei erfolgen. Die Durchführung dieser Grenzkontrollen erfolgt eigenständig, nach den Maßgaben der Bundespolizei."
Die Grünen im bayerischen Landtag klagen auf Basis eines Gutachtens gegen die bayerische Grenzpolizei. „Denn Grenzschutz ist Bundessache", erklärte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze – in Übereinstimmung mit dem Gutachten. Die Verfasser, zwei Staatsrechtler, waren – trotz der erwähnten Vereinbarung zwischen Land und Bund - zu dem Schluss gekommen, dass die seit Herbst 2015 wieder eingeführten Grenzkontrollen rechtswidrig seien. Das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs steht allerdings noch aus.
Was sagt die EU dazu?
In einer Parlamentarischen Anfrage wollte die EU-Abgeordnete Nadja Hirsch (FDP) von der EU-Kommission wissen, wie sie zu den Grenzkontrollen in Bayern stehe. "Die Kommission verfolgt jede Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen aufmerksam und steht in ständigem Kontakt mit den betreffenden Mitgliedstaaten, damit - im Einklang mit den Empfehlungen der Kommission vom Mai und vom September 2017 - unter anderem der freie Personenverkehr und der grenzüberschreitende Handel möglichst wenig eingeschränkt werden", heißt es in der Antwort.
Das Parlament sieht vorübergehende Kontrollen an den Binnengrenzen - in welcher Aufgabenteilung auch immer - als letztes Mittel an und fordert die sofortige Aufhebung, sobald die Ursachen dafür ausgeräumt sind. Das wird deutlichen in den Änderungsvorschlägen des Parlaments zu einem Gesetzentwurf der Kommission.
Die Grenzkontrollen an den Außengrenzen der Mitgliedsstaaten dürfen nicht dauerhaft stattfinden. Sie müssen von der EU-Kommission genehmigt werden und wurden bisher immer genehmigt.
2. Läuft der EU-Emissionshandel in der aktuellen Form nicht?
Hahn kritisierte den EU-Emissionshandel als Instrument im Kampf gegen den Klimawandel:
Wir brauchen eine Reform des Emissionshandels. So wie das jetzt ist mit dem Preis, der spekulativ ist, läuft das nicht. Wir brauchen einen kontinuierlichen Preis, der auch Planungssicherheit gibt. Wir brauchen eben keine Gratis-Ausgabe von Zertifikaten. (Henrike Hahn, Min. 28 in der BR Wahlarena aus Bamberg)
Inwiefern es nach Einschätzung von Experten richtig ist, dass das aktuelle EU-Emissionshandelssystem der EU nicht ausreicht, steht im Faktencheck zur Linken-Kandidatin Flach Gomez. Die Zahl der ausgegebenen Zertifikate ist zu hoch, auch eine kürzlich beschlossene Reform reicht den Experten zufolge nicht aus, um langfristige Klimaziele noch zu erreichen.
Wenn Hahn von einem "kontinuierlichen Preis" spricht, meint sie nach eigener Aussage einen kontinuierlichen Anstieg eines Mindestpreises für CO2-Zertifikate. Bislang gibt es keinen Mindestpreis in Deutschland - und auch nicht auf der gemeinsamen Ebene des EU-Emissionshandels. In einigen Ländern gibt es eine Art Mindestpreis aber, zum Beispiel in Großbritannien, Schweden oder Frankreich, allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen und Verrechnungen mit anderen Steuern.
Die Forschungsstelle Energiewirtschaft etwa erklärt den aktuellen Preisanstieg als Spekulation auf zukünftige Knappheit mit steigenden Preisen. Ein Mindestpreis, der regelmäßig steigt, brächte tatsächlich Planungssicherheit. Und, wie Hahn sagt, bekommen immer noch einige Teilnehmer am Markt des Emissionshandel Zertifikate kostenlos. Eine Folge davon ist, dass der Anreiz, die Produktionsweisen zu ändern, nicht steigt. Außerdem können die Unternehmen nicht benötigte Zertifikate weiterverkaufen.
Allerdings reformierte die EU ihren Emissionshandel gerade erst- nach einem jahrelangen Prozess. Einen EU-weiten Mindestpreis einzuführen oder die kostenlosen Zertifikate ganz abzuschaffen, verlangt eine weitere Reform - das ist nach Meinung von Experten nicht realistisch. Der Mindestpreis allerdings könnte auch national beschlossen werden. Dafür braucht es die politische Mehrheit.
Fazit
Die Einschätzung, ob die Kontrollen der bayerischen Grenzpolizei gegen Recht verstoßen, treffen die Parteien unterschiedlich. Die CSU etwa hält sie für rechtens, die Grünen und die FDP zum Beispiel nicht. In Bayern wird der Verfassungsgerichtshof nach einer Klage der Grünen entscheiden.
Der EU-Emissionshandel ist als Instrument für die Erreichung der langfristigen Klimaziele allein nicht ausreichend, wie zum Beispiel das Umweltbundesamt bestätigt. Weitere Reformen auf EU-Ebene stehen aber derzeit nicht in Aussicht.