FDP-Chef Christian Lindner hat nach der Niederlage seiner Partei bei der Bundestagswahl seinen Rückzug angekündigt. "Nun scheide ich aus der aktiven Politik aus", schrieb Lindner am späten Sonntagabend im Online-Dienst X.
Kubicki kündigt erst Rückzug an – jetzt wohl doch nicht
Neben Lindner kündigte zunächst auch FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki seinen Rückzug von der Parteispitze an, wenn der Einzug ins Parlament nicht klappt. "Ich werde meiner Partei sagen: Ich übernehme einen Teil der Verantwortung", sagte der 72-Jährige. Er sei "nicht derjenige, der die Partei in den nächsten Jahren aus dem Tal des Jammers wieder herausführt".
Über Nacht änderte Kubcki seine Meinung dann offenbar wieder. Laut einem "Bild"-Bericht sagte er am Montagmorgen: "Ich bin heute Nacht von so vielen Menschen aus der Partei und von Unterstützern gebeten worden, die Führung der Partei zu übernehmen, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, im Mai zu kandidieren, um die Partei zusammenzuhalten und neu zu motivieren."
Lindner: Konnten zu wenige Menschen gewinnen
Die Liberalen liegen laut dem vorläufigen Ergebnis deutlich unter fünf Prozent und sind damit im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten. Bereits kurz nach den ersten veröffentlichten Zahlen hatte Lindner gesagt: "Wir haben zu wenige Menschen, gemessen an unseren eigenen Ansprüchen gewinnen können."
"Die Bundestagswahl brachte eine Niederlage für die FDP, aber hoffentlich einen Neuanfang für Deutschland", schrieb Lindner am Wahlabend weiter. "Dafür hatte ich gekämpft." Er gehe nun "mit nur einem Gefühl: Dankbarkeit für fast 25 intensive, herausfordernde Jahre voller Gestaltung und Debatte."
Weitere Rücktritte aus der FDP-Spitze
Neben Lindner zogen auch weitere Spitzenpolitiker der FDP persönliche Konsequenzen. Der designierte Generalsekretär Marco Buschmann erklärte, dass es "Zeit sein muss für neue frische Köpfe". Er werde sich von dem Posten zurückziehen.
FDP-Vizechef Johannes Vogel erklärte, er wolle nicht neuer Bundesvorsitzender der Liberalen als Nachfolger von Christian Lindner werden. "Ich stehe nicht für die Spitze der FDP zur Verfügung", sagte der 42-Jährige dem Sender Phoenix. Er habe kein Mandat und werde jetzt erst einmal wieder ehrenamtlich Politik machen.
Im ARD-"Morgenmagazin" winkte auch der stellvertretende FDP-Fraktionschef Konstantin Kuhle ab. Er werde jetzt in seinen erlernten Beruf als Rechtsanwalt zurückkehren, sagte der 36-Jährige. Die frühere Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger kündigte an, sie werde nicht mehr als stellvertretende Bundesvorsitzende kandidieren und sich vom FDP-Landesvorsitz in Hessen zurückziehen.
Seit 2013 ist Lindner FDP-Vorsitzender
Lindner ist seit 2013 Bundesvorsitzender der FDP. Er führte die Partei 2017 nach vier Jahren in der außerparlamentarischen Opposition zurück ins Parlament und entschied sich damals gegen eine Jamaika-Regierungsbeteiligung. In der Ampel-Bundesregierung ab 2021 war Lindner Bundesfinanzminister, bis die FDP im vergangenen November die Regierung verließ.
Dass er es schon als Jugendlicher mit einer Marketingagentur zu viel Geld und noch während des Zivildienstes zu seinem ersten Porsche brachte, kam in der FDP gut an. "Probleme sind nur dornige Chancen", sagte Lindner 1997 als Schüler. Später machte er noch die Rennfahrerlizenz und den Jagdschein – in den Augen seiner Kritiker Beweise seiner Abgehobenheit. Auch in der Partei machte Lindner schnell Karriere. Mit 16 trat er der FDP bei.
FDP: Unklar, wie es nach Lindner personell weitergeht
Wenn Lindner die Parteiführung abgibt, hinterlässt er dort ein Machtvakuum. Auf der Wahlparty rief der 46-Jährige: "So oder so: Ab morgen wird die Fahne der Freien Demokraten wieder aufgerichtet." Wer dafür in Frage kommt, ist unklar. Das gilt auch für die Frage, welche Zukunftspläne er selbst hat. Es heißt, er habe viele Möglichkeiten, wieder in die freie Wirtschaft zu wechseln.
Langweilig werden dürfte ihm nicht: Lindner und seine Ehefrau, die Journalistin Franca Lehfeldt, erwarten Ende März ihr erstes gemeinsames Kind, knapp drei Jahre nach ihrer schlagzeilenträchtigen Hochzeit auf Sylt. Lindner sagte dazu mal, beide Elternteile wollten sich "gleichermaßen um die Erziehung kümmern".
Mit Informationen von AFP
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