In der sogenannten Fördergeld-Affäre steigt der Druck auf Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Die Initiative "Frag den Staat", ein Portal für Informationsfreiheit, hat sämtliche Kommunikation rund um die Affäre angefordert – und nach Verzögerungen erhalten.
Arne Semsrott von "Frag den Staat" hat die Mailverläufe durchforstet und kommt zum Schluss: "Es ist klar, dass man nicht nur abstrakt geprüft hat, ob man Menschen förderrechtliche Konsequenzen androhen kann, sondern dass konkret eine Liste zusammengestellt wurde von Menschen, die den offenen Brief unterzeichnet haben und die in Verbindung stehen mit dem Ministerium. Das heißt: Dieser Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit ist passiert mit Wissen der Ministeriumsspitze." Semsrott sieht schwarz für Stark-Watzinger.
Fördergeld-Affäre: Was ist passiert?
Rückblick, was war passiert: In der Fördergeld-Affäre dreht sich alles um Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit. Im Mai räumte die Polizei ein propalästinensisches Camp an der Freien Universität Berlin. Diesen Vorgang haben Hochschullehrer in einem offenen Brief kritisiert und sich hinter die Proteste gestellt, sie argumentieren mit der Meinungsfreiheit. Daraufhin hatte die Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger von der FDP den offenen Brief kritisiert. Ihre Linie ist klar: Pro Israel.
Brisant wird es erst danach: Im Bildungsministerium wird eine Prüfung in Auftrag gegeben. Geprüft werden soll, welche Dozenten den offenen Brief unterschrieben haben, wer von ihnen aus dem Bildungsministerium Forschungsgelder erhält und vor allem, ob es rechtlich möglich sei, diese Fördergelder zu streichen. Die Wissenschaftsgemeinschaft ist deswegen in Aufruhr: Das wäre ein massiver Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit.
Das Ministerium betont: Stark-Watzinger habe erst Wochen später vom Prüfauftrag erfahren. Die FDP-Politikerin sagt: Sie habe den Prüfauftrag nicht veranlasst und nicht gewollt. Verantwortlich dafür sei demnach die Staatssekretärin im Ministerium, Sabine Döring. Sie wurde daher in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und musste gehen.
Befragung der Ministerin: Viele Fragen offen
Doch Wissenschaft und Politik sind misstrauisch. Bettina Stark-Watzinger muss jetzt Rede und Antwort stehen, zunächst im Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung. Klartext und Transparenz erhofft sich dabei vor allem die Opposition. Für Thomas Jarzombek (CDU), bildungspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion, sind beispielsweise noch vielen Fragen ungeklärt: Wie kann es sein, dass solch eine Prüfung ohne Kenntnis der Ministerin veranlasst wurde? Wer hat im Ministerium in der Fördergeld-Affäre welche Verantwortung getragen und welche Rolle spielte dabei die Ministerin selbst?
Eine weitere zentrale Frage: "Wie geht’s jetzt weiter?", so Jarzombek. Denn: Die Stelle der geschiedenen Staatssekretärin ist jetzt vakant und muss nachbesetzt werden. Sabine Döring galt als zentrale Verhandlungspartnerin in der Kultusministerkonferenz mit den Ländern, so auch mit Bayern. Mit den Bundesländern stehen harte Verhandlungen an, beispielsweise beim Digitalpakt Schule 2.0. "Deshalb muss hier schnellstens wieder für eine ordentliche Struktur im Ministerium gesorgt werden", fordert Jarzombek.
Kann Stark-Watzinger Antworten liefern?
Interessant dabei wird sein: Wie verhält sich die Ministerin im Ausschuss? Wie souverän tritt sie auf und kann Fragen beantworten? Fest steht: Die Abgeordneten werden nachbohren und nachhaken. Darauf muss sich die Bildungsministerin einstellen. Gleiches gilt für die im Anschluss angesetzte Regierungsbefragung von Stark-Watzinger vor dem gesamten Bundestag. War das Interesse der Bundestagsabgeordneten bei vergangenen Befragungen an der Ministerin überschaubar, dürfte sich das jetzt ändern: Es wird sich alles um die Fördergeld-Affäre drehen.
Zudem kommen auch aus den eigenen Ampel-Reihen deutliche Appelle an die Ministerin, unter anderem von Ricarda Lang, Co-Chefin der Grünen: "Was man merkt, dass die Affäre einen großen Vertrauensverlust zwischen Wissenschaft und Politik herbeigeführt hat. Und dieses Vertrauen muss wieder aufgebaut werden – das sehe ich als Aufgabe der Ministerin." All das bedeutet: Der Druck auf Stark-Watzinger ist hoch.
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