Die Bundesregierung strebt an, die geplante Gaspreisbremse zur Entlastung von Gaskunden früher wirken zu lassen - und zwar ab dem 1. Februar 2023. Dies geht aus einer Beschlussvorschlage des Bundeskanzleramts für die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch hervor. Die Vorlage liegt BR24 vor.
Die Gaspreisbremse für private Haushalte soll eigentlich zum 1. März 2023 eingeführt werden. Den Termin hatte die Expertenkommission vorgeschlagen. Doch ebenfalls in der Vorlage steht: "Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt." Gelten soll die Gaspreisbremse bis April 2024.
Gaspreisbremse: Deckel bei zwölf Cent pro Kilowattstunde Gas
Wie BR24 berichtete, soll die Gaspreisbremse laut der Empfehlung der Kommission den Gaspreis auf zwölf Cent pro Kilowattstunde deckeln, für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs.
Laut der Beschlussvorlage wirke die Gaspreisbremse für Gas und Fernwärme. Sie gelte für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen, aber zum Beispiel auch für Vereine.
Die monatliche Entlastung durch die Gaspreisbremse müsse "nicht zurückgezahlt werden, auch wenn die tatsächliche Verbrauchsmenge deutlich unter den 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs liegt", heißt es in der Vorlage. "Das bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger bei jeder gesparten Kilowattstunde Gas den aktuell hohen Marktpreis pro Kilowattstunde sparen - der deutlich über dem gedeckelten Preis von zwölf Cent pro Kilowattstunde liegt."
Bei Mietern: Gutschrift auf die Betriebskostenabrechnung
Bei Mieterinnen und Mietern, deren Verbrauch von Gas oder Fernwärme erst mit zeitlicher Verzögerung über die jährliche Betriebskostenabrechnung des Vermieters abgerechnet werde, erfolge die Entlastung über eine Gutschrift auf die Betriebskostenabrechnung, wie es in der Beschlussvorlage heißt. "Wenn Mieterinnen und Mieter bereits eine Erhöhung der Abschläge in 2022 erhalten haben, werden sie im Dezember um diese Erhöhung einmalig entlastet werden."
Kritik von Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat die Pläne zur Gaspreisbremse als verspätet und als "Armutszeugnis" der Bundesregierung kritisiert. Diese hätte die negativen Auswirkungen der hohen Energiepreise monatelang unterschätzt und Gegenmaßnahmen verschlafen, erklärte Aiwanger in einer Pressemitteilung.
"Gaspreisbremse hätte zum 1. Oktober kommen müssen"
Auch das vom Bundeskanzleramt angekündigte Vorziehen der Gaspreisbremse auf den 1. Februar 2023 sei viel zu spät, monierte Bayerns Vize-Regierungschef: "Die Gaspreisbremse hätte schon zum 1. Oktober für Bürger und Wirtschaft kommen müssen und bereits zum Sommer die Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis." Mittlerweile gebe es in der Wirtschaft einen Milliardenschaden und massive Produktionseinschränkungen von rund 20 Prozent in der Industrie, kritisierte Aiwanger.
Die Inflationsrate liege bei zehn Prozent und immer mehr Unternehmen bekämen keine Gasverträge mehr. "Diese Schäden hätten bei rechtzeitigen Gegenmaßnahmen deutlich abgemildert werden können und müssen." Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nun den 1. Februar als rückwirkende Korrektur bezeichne, dann heiße das, die Bundesregierung sei die nächsten drei Monate "wieder nicht in der Lage (…), die Bremse umzusetzen."
Strompreisbremse soll ab 1. Januar gelten
Weiterhin heißt es in der Beschlussvorlage aus dem Kanzleramt, dass die Strompreisbremse zum 1. Januar 2023 Entlastung bringen soll - sowohl für Haushalte als auch Unternehmen. Der Strompreis soll dabei bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden.
Aus den Mitteln des sogenannten Abwehrschirms solle zudem eine Härtefallregelung finanziert werden. Damit sollen Hilfsprogramme finanziert werden für Bereiche, in denen trotz der Strom- und Gaspreisbremse finanzielle Belastungen bestehen, die von den Betroffenen nicht ausgeglichen werden können. Hierfür sehe der Bund insgesamt zwölf Milliarden Euro vor.
Die Stromversorger erklärten die Preisbremse ab Beginn nächsten Jahres für nicht umsetzbar. "Diese geplante Strompreisbremse ist zum ersten Januar nicht zu schaffen", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energiewirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, der Nachrichtenagentur Reuters. Es solle am 17. November ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das die Kontingentlösung für Strom ab Januar und auch noch die Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen der Stromerzeuger beinhalte. "Das ist zeitlich völlig unrealistisch. Das Gesetz wird erst kurz vor Weihnachten in Kraft treten", sagte sie.
Am Mittwoch Treffen von Ministerpräsidenten und Kanzler
Die zitierte Beschlussvorlage wird am Mittwoch, 2. November, Thema bei einer Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz. Bundeskanzler Scholz und die Regierungschefs der Länder kommen am Nachmittag zusammen, um über die Umsetzung des dritten Entlastungspakets gegen die hohen Energiepreise zu beraten.
Auch auf der Tagesordnung: Krankenhaus-Finanzierung, 9-Euro-Ticket-Nachfolger, Wohngeld, Flüchtlings-Kosten
Viele Fragen wie etwa die künftige Finanzierung der Krankenhäuser oder die Regionalisierungsmittel bei der Bahn hängen mit der Höhe der Entlastungen durch einer Strom- und Gaspreisbremse zusammen. Auf der Tagesordnung stehen zudem eine Nachfolgelösung für das Ende August ausgelaufene 9-Euro-Ticket, die Kosten für das Wohngeld und die Finanzierung der Flüchtlingskosten. Die Verkehrsminister hatten sich bereits Mitte Oktober auf ein deutschlandweites 49-Euro-Ticket geeinigt, doch Fragen zur Finanzierung blieben offen.
Mit Informationen von AFP, Reuters und dpa
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