Burghausen steht auf Rot, ebenso Landshut, München, Straubing, Weiden oder Bayreuth. Die bundesweite Karte der Zentralen Informationsstelle autonomer Frauenhäuser zeigt: Die meisten Frauenhausplätze sind belegt, Frauen müssen abgewiesen werden.
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In ganz Deutschland fehlen rund 15.000 Frauenhausplätze
"Es gibt zu wenige Frauenhausplätze, weil wir die Problematik haben, dass nicht nur Frauen, sondern auch Kinder in den Frauenhäusern untergebracht werden", erklärt Birte Steinlechner im BR24-Interview. Sie ist Referentin für häusliche Gewalt beim "Sozialdienst katholischer Frauen" Landesverband Bayern (SkF).
Derzeit gibt es 389 staatlich geförderte Frauenhausplätze bayernweit, mindestens 440 für mitbetroffene Kinder. Das seien zu wenig, sagt Steinlechner, denn: Die sogenannte Istanbul-Konvention – ein Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen – schreibt allein für Bayern mehr als dreimal so viele Plätze vor. In ganz Deutschland fehlen demnach rund 15.000 Frauenhausplätze.
Frauen besser vor Gewalt schützen
Im Bundestag werden weitere Zahlen vorgetragen, die die Rednerinnen erschüttern: Fast jeden Tag wird in Deutschland eine Frau umgebracht, weil sie eine Frau ist – die genaue Bezeichnung dafür lautet "Femizid". Die Täter kommen häufig aus dem näheren Umfeld, sind Partner, Ex-Partner oder Verwandte. Die Abgeordneten debattieren erstmals einen Gesetzentwurf dagegen: das sogenannte Gewalthilfegesetz. Damit sollen Frauen besser vor Gewalt geschützt werden – das betont die zuständige Bundesfrauenministerin Lisa Paus von den Grünen immer wieder.
Erst vor Kurzem hat sie das Gesetz vorgelegt und gibt zu: "Ja, es hat lange gedauert". Paus macht in ihrer Rede Ex-Finanzminister Christian Lindner von der FDP dafür verantwortlich – mit ihm konnte sie sich vor allem wegen der Kosten nicht einigen. Nach dem Ampel-Aus hat Paus das Gesetz auf den Weg gebracht.
Gesetzentwurf: Mehr Geld und Rechtsanspruch auf Schutz
Es sieht unter anderem vor, dass sich der Bund in Zukunft dauerhaft an den Kosten für Frauenhäuser beteiligt: Mehr als 2,2 Milliarden Euro sind für die nächsten Jahre eingeplant. Auch sollen Frauen, die von Gewalt betroffen sind, einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bekommen – allerdings erst ab dem Jahr 2030. Bis dahin sollen Frauenhäuser, Schutzwohnungen und Beratungsstellen ausgebaut werden. Dafür sind vor allem Länder und Kommunen zuständig.
Im Grunde sind sich alle Parteien einig, dass es bessere Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen braucht. Doch ob das Gesetz nach dem Ampel-Aus und vor den Neuwahlen im Februar überhaupt noch verabschiedet werden kann – fraglich. Grüne und SPD sind dazu auf Stimmen der Opposition angewiesen. Im Bundestag werben sie dafür, appellieren an FDP und Union.
CDU/CSU: "Gesamtkonzept fehlt"
Die FDP hat einen eigenen Entwurf vorgelegt, die bayerische Abgeordnete Nicole Bauer betont: "Sicherheit beginnt bei Prävention." Auch die Union hat einen eigenen Antrag zum Thema Gewaltschutz vorgelegt. Vieles liest sich ähnlich wie im Gesetzentwurf von Paus. In der Bundestags-Debatte zeigen sich die Vertreterinnen der Union zwar gesprächsbereit, machen aber klar, dass der aktuelle Entwurf nicht reiche.
So sieht es auch die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf von der CSU: Auf BR24-Anfrage betont sie, es fehle ein Gesamtkonzept. "Es gibt keine Klarheit zu den Finanzen. Wesentliche Inhalte, wie der Zugang zu Frauenhäusern, sind ungeklärt. Jetzt schnell Gesetzentwürfe durchzudrücken, die die Situation nicht verbessern, macht keinen Sinn."
Frauenhäuser warten auf Gewalthilfegesetz
Über kurze Fristen klagt auch Referentin Steinlechner im BR24-Interview: "Wir haben den Gesetzentwurf über die Bundesebene zur Kenntnis bekommen - unglaublich kurzfristig." Für eine Stellungnahme blieben 48 Stunden. "Dafür ist aber die Thematik zu wichtig", meint sie. Andererseits ist Steinlechner froh, dass das Thema endlich auf der Tagesordnung im Bundestag steht. "Wir warten auf so ein Gesetz".
Denn: Bislang fehlen bundesweit einheitliche Regeln und finanzielle Rahmenbedingungen für Schutzmaßnahmen. Vor allem Frauenhäuser sind überbelegt und unterfinanziert. Steinlechner appelliert nach der ersten Lesung im Bundestag, dass es "in der aktuellen Situation um Inhalte geht und nicht um Machtverhältnisse." Trotz Wahlkampf könnte eine Chance bestehen, das Gesetz noch zu verabschieden, meint sie.
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