In Bayern gibt es zu wenige Frauenhäuser – wenn es nach der Istanbul-Konvention geht. In dem Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen heißt es, dass Bayern gemäß seiner Einwohnerzahl mehr als drei Mal so viele Plätze braucht. 44 Frauenhäuser gibt es in Bayern, davon sind 41 staatlich gefördert. Insgesamt 389 Frauen und mindestens 440 Kinder finden dort Platz.
Mit dem Gewalthilfegesetz könnte sich das jetzt ändern. Es sieht unter anderem vor, dass Betroffene einen Anspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung bekommen. Der soll allerdings erst ab dem Jahr 2030 kommen, da die Länder vorher ihre Beratungs- und Platzkapazitäten ausbauen müssen. Zudem steigt der Bund in die Finanzierung ein.
Finanzierung: Länder und Kommunen in der Pflicht
Für die Frauenhäuser in Deutschland sind die Länder und Kommunen verantwortlich. Für viele Frauenhäuser ist die Finanzierung knapp bemessen. Sie hoffen auf eine finanzielle Hilfe des Bundes.
Das Gewalthilfegesetz hat Bundesfrauenministerin Lisa Paus von den Grünen erarbeitet. "Ich möchte, dass keine Frau mehr von einem Frauenhaus abgewiesen wird, obwohl sie Unterstützung braucht, nur weil keine Betten frei sind", so Paus bei einer Pressekonferenz in Berlin nach der Kabinettssitzung.
Finanzierungsstreit bremste das Gesetz
Das Gesetz hatte sich verzögert. Laut Paus ist der Gesetzentwurf bisher am ehemaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gescheitert, weil ihm die Maßnahmen zu teuer gewesen seien. Der neue Finanzminister Jörg Kukies (SPD) habe stattdessen "einiges möglich gemacht", so Paus.
Jetzt steht eine weitere Hürde an: Der Gesetzentwurf muss zuerst durch den Bundestag und dann durch den Bundesrat. Im Bundestag hat die rot-grüne Minderheitsregierung keine eigene Mehrheit. Der Zeitplan bis zur Neuwahl im Januar gebe es her, sagt Paus. Die Ministerin appelliert trotz Ampel-Aus an die demokratischen Fraktionen im Bundestag, das Vorhaben zu unterstützen.
"Unausgegoren": Union kritisiert Entwurf
Im Bundestag sind SPD und Grüne auf die Stimmen der Union angewiesen. Die hatte ebenfalls angekündigt, den Schutz von Frauen verbessern zu wollen. Anlässlich des Tags gegen Gewalt an Frauen am vergangenen Montag hatte die Union "den Zweiklang aus besserem Schutz für Frauen und konsequenter Bestrafung der Täter" gefordert und unter anderem den Einsatz von elektronischen Fußfesseln vorgeschlagen.
Zum vorliegenden Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Lisa Paus sagt Dorothee Bär, Fraktionsvorsitzende von CSU und CDU im Bundestag: "Die Ampel hatte sehr viel geplant, hat nichts umgesetzt, und versucht eben jetzt auf den letzten Metern noch ein sehr unausgegorenes Gesetz durchzudrücken." Für die Union ist unter anderem die Finanzierung nicht geklärt.
Nachbesserungsbedarf sieht Bär auch beim Zutritt zu Frauenhäusern. Im Gesetzentwurf werden auch explizit trans*, inter* und nicht-binäre Personen angesprochen. Der Union gehe es um den Unterschied zwischen dem biologischen Geschlecht und der sexuellen Identität von Betroffenen. "Weil wir eben nicht wollen, dass Frauen, die daheim ausgezogen sind, die unter Gewalt leiden, dann in ein Frauenhaus einziehen, aber nicht sicher wissen, ob sich da nicht tatsächlich auch biologische Männer sich Zugang verschaffen können", so Bär. Das sei mit Rot-Grün nicht zu verhandeln gewesen.
Frauenhilfe München hofft auf schnelle Umsetzung
Für die Frauenhilfe München (externer Link) drängt die Zeit. Sie müssen regelmäßig Frauen abweisen und können nur selten gleich am ersten Tag aufnehmen, sagt Geschäftsführerin Lydia Dietrich. "Die Frauen warten bei uns in der Regel nicht länger als zwei bis drei Wochen. Aber das kann auch schon zu lange sein." Dietrich hofft, dass das Gewalthilfegesetz den Bundestag passiert.
Sie sieht zwar einiges kritisch, etwa dass der Rechtsanspruch auf einen Platz erst im Jahr 2030 bestehen soll. Aber vor allem kritisiert Dietrich, dass "auf dem Rücken von den Frauen, die betroffen sind, von den Kindern, die betroffen sind, Wahlkampftaktik oder machtpolitische Spielchen gespielt werden." Stattdessen sollten alle Akteure die Verantwortung übernehmen, sagt Dietrich. Für sie heißt das, dieses Gesetz so schnell wie möglich umzusetzen.
Im Video: Familienministerin Ulrike Scharf - "Immer mehr Frauen sind von Gewalt betroffen"
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