Der Ex-Fußball-Nationalspieler Jerome Boateng am 14. Juni 2024 in einem Gerichtssaal des Landgerichts München
Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Balk

Der Ex-Fußball-Nationalspieler Jerome Boateng am 14. Juni 2024 in einem Gerichtssaal des Landgerichts München

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Boateng-Prozess: Einigungsversuch im Sinne der Töchter scheitert

Der Ex-FC-Bayern-Profi Jérôme Boateng steht erneut wegen Gewaltvorwürfen seiner Ex-Freundin vor Gericht – und äußert sich erstmals ausführlich. Der Prozess wird am Landgericht München neu aufgerollt. Ein Vermittlungsversuch der Richterin scheiterte.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die Vorwürfe der Frau, die auch die Mutter seiner Zwillingstöchter ist, wiegen schwer: Jérôme Boateng habe sie in einem Karibik-Urlaub 2018 attackiert und beleidigt. Die Geschichte beschäftigt die Justiz mittlerweile seit Jahren. Der Fußballer beteuerte immer seine Unschuld. Sowohl das Amtsgericht München als auch danach das Landgericht München sahen das jedoch anders. Trotzdem muss der Prozess um den Ex-FC Bayern Profi neu aufgerollt werden.

Vermittlungsversuch durch die Richterin scheitert

Das Verfahren wurde am Freitagvormittag kurzzeitig für einen Vermittlungsversuch durch die Richterin unterbrochen. ­Ihr Ziel war es, in Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und der Verteidigung eine Einigung zwischen allen Beteiligten zu erzielen und so das Verfahren abzukürzen. Sie habe einen Vorschlag, von dem sie glaube, dass damit "alle leben könnten", sagte die Richterin.

Ihren Vorstoß begründete sie vor allem mit Blick auf die Zwillingstöchter von Boateng und seiner Ex-Freundin. Die 13-jährigen Mädchen müssten seit Jahren immer wieder lesen, wie sich ihre Eltern bekriegen – "das ist für die Entwicklung der Kinder sicher nicht förderlich". Am Ende gab es bei dem Vermittlungsversuch allerdings keine Einigung. Das Verfahren um die Gewaltvorwürfe von Boatengs Ex-Freundin gegen den Fußballer wurde daraufhin fortgesetzt.

Jérôme Boateng äußert sich erstmals ausführlich

Boateng äußerte sich in einer langen Erklärung, die er vor dem Landgericht München I verlas: "Nicht ich bin es, der sich nicht unter Kontrolle hat und mit Gewalt auf Streitereien in unserer Beziehung reagierte. Ich werde allenfalls laut und verteidige mich, wenn ich angegriffen werde", sagte der 35-Jährige.

Seine damalige Freundin habe ihn im Karibik-Urlaub angegriffen. Er habe sich nur gewehrt, sie weggeschubst und dabei verletzt. Das tue ihm leid und er habe sich dafür auch schon entschuldigt. "Das, was sie daraus allerdings gemacht hat, entbehrt jeglicher Grundlage und hat nahezu alles um mich, um uns herum zerstört", sagte Boateng und sprach von einem "seit Jahren andauernden Alptraum".

Er hätte gerne noch ein paar Jahre Fußball auf höchstem Niveau gespielt, erklärte er. Das sei aber wegen des Stempels "Frauenschläger" nicht möglich gewesen. Zusätzlich habe er seine Werbeverträge verloren.

Anwältin: Typisches Muster bei häuslicher Gewalt

Die Anwältin der Ex-Freundin erkannte in der Argumentation des Fußballers dagegen ein Muster. Gehe es um häusliche Gewalt, werde den Frauen immer vorgeworfen, dass sie lügen, rachsüchtig seien, und dass es ihnen nur um Geld oder das Sorgerecht gehe. Die Taten von Jerome Boateng seien aber durch Zeugen, Fotos und Arztprotokolle belegt.

Lange Vorgeschichte

Der heutige erneute Prozessauftakt hat eine lange Vorgeschichte. Zuletzt wurde Boateng in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 1,2 Millionen Euro verurteilt. Das entsprach 120 Tagessätzen. Damit wäre Boateng vorbestraft gewesen, wenn das Urteil rechtskräftig geworden wäre. Doch seine Revision war erfolgreich. Denn in der Berufungsverhandlung hatte die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter gestellt, der dann selbst mitentschieden hat, eben diesen Antrag abzulehnen. Das sei in dem Fall unzulässig gewesen, urteilte das Bayerische Oberste Landesgericht.

Gegenseite argumentiert mit gefährlicher Körperverletzung

Das Gericht hat aber auch den Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin, Boatengs Ex-Freundin, stattgegeben. Diese hatten argumentiert, dass die Attacke des Fußballers mit einer Kühltasche nicht nur eine einfache, sondern eine gefährliche Körperverletzung gewesen sei. Dafür wäre eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten möglich gewesen. Widersprüchliche Angaben zu diesem Vorfall und auch zu einem möglichen Wurf mit einem Windlicht seien nicht miteinander abgeglichen wurden, kritisierte das Bayerische Oberste Landesgericht.

Nun wird neu verhandelt, und auch diesmal muss der mittlerweile 35 Jahre alte Boateng dafür selbst im Gericht erscheinen. Für den Prozess sind insgesamt sechs Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil ist für 19. Juli vorgesehen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!