Eine Frau hält sich in einer gestellten Szene ihre Hände vor das Gesicht. (Symbolbild)
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Gegen Frauen gerichtete Straftaten haben im vergangenen Jahr zugenommen.

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Faeser: "Fast jeden Tag wird eine Frau oder ein Mädchen getötet"

Faeser: "Fast jeden Tag wird eine Frau oder ein Mädchen getötet"

Taten, die sich spezifisch gegen Frauen richten, haben vergangenes Jahr zugenommen. Der Lagebericht des Bundeskriminalamts zeigt dabei Anstiege in fast allen Bereichen – darunter häusliche Gewalt, Sexualdelikte und Femizid genannte Tötungen.

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Gegen Frauen gerichtete Straftaten haben im vergangenen Jahr zugenommen. Das zeigt eine Auswertung des Bundeskriminalamts. Demnach stieg die Zahl der weiblichen Opfer von häuslicher Gewalt 2023 um 5,6 Prozent auf 180.715. Im Jahr 2022 waren es noch 171.076, wie aus dem aktuellen Lagebild "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" hervorgeht, das die Bundesministerin für Frauen, Lisa Paus (Grüne), und die Innenministerin, Nancy Faeser (SPD), zusammen mit dem Vizepräsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Michael Kretschmer, am Dienstag vorstellten.

BKA: Hass und Gewalt gegen Frauen nehmen zu

"Die Zahlen und Fakten zeigen, dass Hass und Gewalt gegen Frauen ein zunehmendes gesellschaftliches Problem sind", erklärte BKA-Vizepräsident Kretschmer. Dabei sei der digitale Raum "der Treiber".

Mit 70,5 Prozent betrifft häusliche Gewalt mehrheitlich Frauen und Mädchen. Insbesondere bei digitaler und partnerschaftlicher Gewalt gehen die Ermittler von einer hohen Dunkelziffer aus. 

Auch bei Sexualstraftaten verzeichnet das BKA einen Anstieg. 2023 wurden demnach 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten – und damit 6,2 Prozent mehr als 2022. Die Hälfte der Opfer war hier den Angaben zufolge jünger als 18 Jahre alt.

Faeser: Unerträglich, dass Frauen Opfer werden, weil sie Frauen sind

"Fast jeden Tag wird in Deutschland eine Frau oder ein Mädchen getötet", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Blick auf die erstmals umfassender erhobenen Zahlen zu Femiziden, also tödlicher Gewalt gegen Frauen aufgrund des Geschlechts. 360 Frauen und Mädchen seien 2023 deswegen getötet worden.

Dass Frauen Opfer würden, weil sie Frauen seien, sei unerträglich, so Faeser. "Wir müssen uns dem ganz entschieden entgegenstellen, mit allen Mitteln des Rechtsstaats, aber auch als Gesellschaft: im Netz genauso wie auf der Straße, in der Nachbarschaft, im persönlichen Umfeld, wo viele dieser Taten leider begangen werden."

Faeser verwies darauf, dass es bereits eine versteckte App für Smartphones gebe, mit der Betroffene Beweise sichern und Hilfsangebote finden könnten. Auch richte die Bundespolizei rund um die Uhr besetzte Anlaufstellen an Bahnhöfen ein. Die Innenministerin spricht sich schon länger für elektronische Fußfesseln bei häuslicher Gewalt und für verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für Männer aus. So könne man die Gewaltspirale stoppen. "Die Täter müssen sich ändern, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen einzudämmen."

Paus: Recht auf sicheres Leben

Gewalt gehöre für Frauen zum Alltag, in allen Schichten, beklagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). "Jede Gewalttat ist eine zu viel." Alle Frauen hätten das Recht auf ein sicheres und gewaltfreies Leben. Das sollte in Deutschland selbstverständlich sein, doch die Realität sei eine ganz andere. "Diese Realität muss uns aufrütteln."

Nötig seien Prävention, Strafverfolgung, eine klare Ächtung von Gewalt und ein einfach zugängliches Schutz- und Hilfesystem, so Paus.

Anstieg bei allen Taten gegen Frauen – auch bei Femiziden

Laut der Auswertung des BKA sind in fast allen betrachteten Bereichen in den vergangenen fünf Jahren deutlich mehr Fälle erfasst worden. Das gilt auch für die Zahl der versuchten und vollendeten Tötungsdelikte, der sogenannten Femizide. Im Jahr 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Femiziden, ein Prozent mehr als 2022 (929). 360 Frauen und Mädchen starben dabei. 

Der Anteil an weiblichen Opfern, die im Zusammenhang mit partnerschaftlichen Beziehungen Opfer von Tötungsdelikten wurden, lag laut Lagebild bei 80,6 Prozent. Das Risiko, Opfer eines Femizids zu werden, steige mit dem Alter, erklärte Kretschmer weiter. Das Lagebild ergebe eine hohe Betroffenheit der 60- bis 80-Jährigen.

Häufig frauenfeindliches Gedankengut als Motiv

Ein weiterer auffälliger Befund: Die Zahl der Straftaten, die ausschließlich auf frauenfeindlichem Gedankengut basieren, stieg im Jahr 2023 um mehr als 56 Prozent gegenüber 2022. Demnach wurden 322 Taten gegen Frauen erfasst, bei denen das Tatmotiv ausschließlich auf Vorurteile gegen Frauen oder das weibliche Geschlecht zurückgeht. Diese Taten werden dem Lagebild zufolge als Teil der politischen Kriminalität eingestuft – darunter Beleidigung (150), Volksverhetzung (46) und Nötigung oder Bedrohung (24). Im Jahr 2022 waren es noch 206 Straftaten dieser Art gewesen.

Mit Informationen von dpa und KNA

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