Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg in Glasgow, 5.11.2021
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Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg in Glasgow, 5.11.2021

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Hart, aber herzlich: Greta Thunberg ist erwachsen geworden

Vor drei Jahren hat Greta Thunberg mit ihren Klimastreiks begonnen. Heute ist sie eine Ikone. In ihrem Heimatland Schweden wird sie zwar geachtet, aber nicht verehrt. Das beirrt sie nicht. Thunberg ist erwachsener und provozierender als jemals zuvor.

"Ich sitze hier vor dem Reichstag im Schulstreik fürs Klima", sagt ein junges Mädchen einem Team des schwedischen Fernsehens: schüchtern, leise, ein selbstgemaltes Pappschild in der Hand. Das war im Spätsommer 2018, gut drei Jahre ist das erst her. Heute ist Greta Thunberg eine Ikone der Klimabewegung, Heldin für Millionen, längst nicht mehr nur junger Leute. Hier und da ist sie auch eine Hassfigur für Kritiker, die nicht an den menschengemachten Klimawandel glauben.

Thunberg in Schweden geachtet, aber nicht verehrt

Und zu Hause in Schweden? Da ist sie als Mahnerin geachtet, aber sie wird nicht verehrt. Klimaschutz ist natürlich auch in Schweden ein Thema. Aber wie so oft sind viele Schweden davon überzeugt, dass Gretas Kritik sie nicht wirklich trifft, dass sie es mal wieder mit am besten machen in der Welt, auch, was den CO₂-Ausstoß angeht. 3,4 Tonnen pro Kopf, Deutschland liegt um mehr als das Doppelte darüber.

Doch für Greta und ihre Mitstreiter ist auch Schwedens Ausstoß immer noch viel zu viel. Diese Kritik kommt zu Hause nicht immer gut an in der konsensorientierten schwedischen Gesellschaft, die allzu offenen Streit nun einmal nicht mag. Greta war es von Anfang an egal. Es machte und macht ihr nichts aus, anders zu sein. Das war sie schließlich schon lange vor ihrem ersten Klimastreik.

Schlüsselerlebnis mit acht Jahren

Im Alter von acht Jahren fing sie an, zu weinen und aß nichts mehr, weil sie einen Film über Plastikmüll in den Meeren gesehen hatte. Sie begann, sich mit Umwelt- und Klimaschutz zu beschäftigen. Dann kam die Diagnose "Asperger Syndrom", eine Art Autismus. Darüber sprach sie schon sehr früh öffentlich: "Hätte ich kein Asperger und wäre ich nicht so merkwürdig, dann hätte ich mich wohl auch in den sozialen Netzwerken verfangen, nach denen alle so verrückt sind." Sie sehe die Welt aber anders und sie glaubt, dass sie sonst nicht in der Lage wäre, von außen auf das Problem zu schauen.

Greta nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie hat viele prominente Politiker getroffen, auch den Papst, und alle haben ihr zugehört. Greta reicht das nicht. Ihr Kommentar:

"Zugehört vielleicht, aber das bedeutet ja nicht, dass sie auch wirklich hingehört haben. Sonst hätten sie mittlerweile etwas gemacht. Jetzt sind Monate vergangen und sie haben nichts getan. Entweder haben sie nicht hingehört, oder sie ignorieren alles oder sie warten auf irgendetwas." Greta Thunberg

Provozierender als jemals zuvor

Während Greta nicht wartet, sondern nach einer Art Auszeit während der Hochphase der Corona-Pandemie weiter mahnt: deutlicher, härter, provozierender als jemals zuvor. Greta Tintin Ernman Thunberg, Tochter eines Künstlers und einer international bekannten Opernsängerin, ist nicht mehr das kleine trotzig-böse Mädchen aus Stockholm. Sie ist sehr erwachsen geworden und ein Weltstar, wenn auch sicher wider Willen.

... aber auch lockerer

Ihr früheres "Markenzeichen", die langen geflochtenen Zöpfe, hat sie in letzter Zeit nicht mehr getragen. Das Haar ist offen, aus dem Gesicht ist das Kindliche verschwunden. Wie hält sie das aus, die Verehrung, aber auch die Anfeindungen, den Druck von außen und innen?

Plötzlich passiert im Oktober dieses Konzert für den Klimaschutz in Stockholm. Greta tanzt auf der Bühne und trällert mit einem anderen Aktivisten zusammen Rick Astley’s Klassiker "Never Gonna Give You Up". Vielleicht nicht ganz so schön, wie es Mama wohl gekonnt hätte, aber irgendwie dann doch viel schöner. Denn diese paar Sekunden haben sie endlich einmal gezeigt, wie sie bisher nicht öffentlich zu sehen war: locker, lustig, unbeschwert. Sie kann eben auch anders.

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