Alexandra Föderl-Schmid, die stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, ist in einem Gutachten entlastet worden. Zwar habe es Verstöße gegen journalistische Standards gegeben, aber "insgesamt betrachtet ist dieser Fall weit entfernt von einem Plagiatsskandal." Man habe "keine Hinweise" gefunden, dass Föderl-Schmid systematisch Inhalte von anderen kopiert habe. So fasst es die Kommission in ihrem Abschlussbericht zusammen. Anfang Februar 2024 war das dreiköpfige Gremium von der SZ mit der Untersuchung beauftragt worden. Mitglieder waren der frühere Spiegel-Chefredakteur Steffen Klusmann, die Leiterin der Deutschen Journalistenschule, Henriette Löwisch, und Klaus Meier, Journalistik-Professor an der Uni Eichstätt-Ingolstadt.
Hunderte Artikel untersucht
Teilweise allerdings habe die österreichische Journalistin nicht transparent genug gearbeitet, stellt die Kommission fest. Die 53-Jährige habe aber nicht versucht, Übernahmen zu verschleiern. Insgesamt 1.100 Artikel hat Alexandra Föderl-Schmid geschrieben, seit sie im Jahr 2017 zur Süddeutschen Zeitung kam. In 260 davon habe eine Untersuchungssoftware Probleme gemeldet. Für einen Großteil habe es Erklärungen gegeben. Zum Beispiel Pressemitteilungen, die auch von anderen genutzt wurden. Viele Fundstellen seien auch sogenannte "Reverse Takeover" gewesen. Damit sind Textteile gemeint, bei denen in anderen Medien aus Artikeln der SZ-Journalistin zitiert wurde.
Übrig blieben "gut zwei Dutzend" problematische Stellen. Über diese haben die Kommissionsmitglieder mit Föderl-Schmid gesprochen. Laut des Abschlussberichts konnte die stellvertretende SZ-Chefredakteurin vieles aufklären. In anderen Fällen habe sie ihr Bedauern ausgedrückt. "In der Rückschau würde sie heute einiges anders machen", heißt es. So habe die 53-Jährige zum Beispiel verwendetes Material von Nachrichtenagenturen nicht gekennzeichnet. In Erklärartikeln habe sie Texte von Wikipedia oder der Webseite eines Museums übernommen. "Das geht nicht", kritisiert die Kommission. Aber wenn es um die kreative Eigenleistung geht, dann konnten "bis auf ganz wenige Ausnahmen" keine Verstöße von publizistischen Standards ausgemacht werden.
Hetzkampagne im Netz
Im Dezember 2023 hatte zunächst das Portal Medieninsider über mögliche Ungereimtheiten in Texten von Föderl-Schmid berichtet. Zu größerer Aufmerksamkeit kam es dann Anfang Februar 2024. Damals berichtete das rechtspopulistische Portal Nius, das von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt mitgegründet wurde, über Föderl-Schmid und warf ihr weitere problematische Arbeitsweisen vor. Dabei wurde auch auf Recherchen des selbsternannten "Plagiatsjägers" Stefan Weber aus Salzburg zurückgegriffen. Von einem "Plagiatsskandal" rund um Alexandra Föderl-Schmid war die Rede.
In der Folge entwickelte sich in den sozialen Medien eine regelrechte Hetzkampagne gegen die 53-Jährige. Föderl-Schmid hatte sich damals aus dem Tagesgeschäft der Redaktion der Süddeutschen Zeitung zurückgezogen. Im Februar galt sie für rund 24 Stunden als vermisst. Alexandra Föderl-Schmid wurde dann unterkühlt am Inn aufgefunden. Im Bericht der Kommission heißt es, sie befinde sich inzwischen "auf dem Weg der Genesung". Plagiatsvorwürfe gab es im Übrigen auch zu Föderl-Schmids Doktorarbeit. Die zuständige Universität Salzburg erklärte allerdings vor einigen Wochen, dass die Arbeit keine gravierenden Mängel aufweise.
SZ-Chefredaktion selbstkritisch
In einem Pressegespräch bei der Vorstellung des Abschlussberichts zeigte sich SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach nachdenklich. Man habe die Zerstörungswut der Hasskampagne gegen Alexandra Föderl-Schmid im Netz unterschätzt. Darauf sei man nicht vorbereitet gewesen, so Krach. Künftig wolle man früher eingreifen. Dazu habe man auch ein Krisenkommunikationsteam in der Redaktion gegründet. Gleichzeitig betonten Krach und die Co-Chefredakteurin Judith Wittwer, dass Alexandra Föderl-Schmid in die SZ-Redaktion zurückkehren werde. Konkreter wurden sie nicht. Über die genauen Modalitäten sei man im vertraulichen Austausch, hieß es.
Mahnungen an die gesamte Branche
Generell ist es der Kommission, die die Vorwürfe untersucht hat, ein großes Anliegen, die Debatte rund um Plagiate im Journalismus zu versachlichen. Es gebe einen großen Unterschied zu wissenschaftlichen Standards. Im Journalismus werde außerdem oft unter großem Zeitdruck gearbeitet. Gleichwohl merkt die Kommission an, dass es grundsätzlich sinnvoll wäre, in Redaktionen stärker auf einheitliche Standards zu achten. Etwa wenn es um das Kennzeichnen von Material geht, das von Nachrichtenagenturen übernommen wurde. Transparenz sei hier ein wichtiges Gebot und führe zu mehr Glaubwürdigkeit. Allerdings sei es schwierig, eine Redaktion zu sehr mit Vorschriften einzuengen, das sei dem "Journalismus nicht wirklich dienlich".
Beitrag zum Hören: Aus dem Fall Föderl-Schmid lernen (BR24 Medien, 16.02.2024)
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