Am Samstagabend leuchtet das Brandenburger Tor in Blau und Weiß, den israelischen Nationalfarben. Auf dem Pariser Platz in Berlin haben sich trotz Regenwetters zahlreiche Menschen versammelt, um ihre Solidarität mit dem angegriffenen Land auszudrücken. Nur sechs Kilometer entfernt spielen sich jedoch am selben Tag verstörende Szenen ab. Anhänger der radikalislamischen Hamas bejubeln die Attacken auf Israelis und verteilen Süßigkeiten. Ein Vorgang, der eine Diskussion über den Umgang mit Unterstützern der Islamisten ausgelöst hat.
Bundesweit rund 450 Hamas-Anhänger
Die deutschen Sicherheitsbehörden stufen die Hamas als terroristisch ein, zudem steht sie auf einer entsprechenden Liste der Europäischen Union. Wie das bayerische Innenministerium auf BR24-Anfrage schreibt, lassen sich "Strukturen und Aktivitäten der Hamas auch in Deutschland feststellen". Die Zahl ihrer Anhänger wird bundesweit auf etwa 450 geschätzt. In Bayern seien es lediglich Einzelpersonen, so das Münchner Ministerium.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verurteilt antiisraelische Kundgebungen wie die vom Wochenende in Berlin: "Jede Solidarisierung des Hamas-Terrors gegen Israel ist unerträglich und widerwärtig", schreibt die SPD-Politikerin in einem Online-Netzwerk. Deutschland habe eine besondere Verantwortung, Judenhass entgegenzutreten. "Alle versammlungsrechtlichen Instrumente müssen genutzt werden, um Solidaritätskundgebungen mit Hamas-Terror zu verhindern", so die Ministerin.
Berliner Behörden verbieten pro-palästinensische Demos
Tatsächlich haben die Berliner Behörden zwei für Mittwoch geplante Demonstrationen pro-palästinensischer Gruppen verboten. Begründung: Die Kundgebungen hätten die "öffentliche Sicherheit und Ordnung" gefährdet – sowohl im Hinblick auf die aktuelle Lage im Nahen Osten als auch auf die Vorfälle in der Hauptstadt am vergangenen Wochenende. Von Veranstalterseite kommt Kritik, die Bundesinnenministerin aber begrüßt die Demo-Verbote. Das macht ihr Sprecher bei der Regierungspressekonferenz am Mittag deutlich.
Außerdem verweist der Sprecher aufs Aufenthaltsrecht, das eine Ausweisung von Hamas-Anhängern ohne deutschen Pass ermöglichen könne. Der Bund sieht hier allerdings die Länder in der Verantwortung. Dazu teilt das bayerische Innenministerium mit: Eine Ausweisung könne beispielsweise geprüft werden, wenn durch ausländische Hamas-Anhänger in Deutschland die "demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet wird". Allerdings komme es auf die konkreten Umstände an. Die bloße Teilnahme an einer Kundgebung reicht nach Einschätzung des Ministeriums nicht für eine Ausweisung aus – dafür müsste also mehr vorliegen.
CSU fordert "Betätigungsverbot" für Hamas
Bleibt die Frage nach einem "Betätigungsverbot" für die Hamas und ihr nahestehende Organisationen, wie es beispielsweise die CSU im Bundestag vom Bundesinnenministerium fordert. Darüber könne man jedoch "im Vorfeld nie sprechen", heißt es aus dem SPD-geführten Haus. Denn das würde einen solchen Schritt "eklatant gefährden" – die Behörden wollen ja ein Überraschungsmoment für sich nutzen.
Bundesjustizminister Marco Buschmann betont am Nachmittag die besondere Verantwortung Deutschlands angesichts der NS-Geschichte: "Wenn auf den Straßen des Landes, von dem die Shoa ausging, der Mord an Menschen gefeiert wird, die nur deshalb ermordet worden sind, weil sie Juden sind, dann stört es den öffentlichen Frieden dieses Landes." Wer die Symbole der Hamas zeige oder Geld für die Organisation sammle, mache sich strafbar, so der FDP-Politiker.
Buschmann: Sicherheit Israels "deutsche Staatsraison"
Deshalb ruft Buschmann die Polizei dazu auf, die Personalien von Verdächtigen aufzunehmen und Beweismittel zu sichern – nur dann seien Ermittlungen möglich. Aus seiner Sicht reichen die bestehenden Straftatbestände aus. Klar sei aber auch: Die Sicherheit Israels sei "deutsche Staatsraison". Alle, die diesen Konsens aufkündigten, müssten sich fragen, "ob sie zu uns gehören und zu uns gehören wollen".
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