Zum ersten Mal bekommt das bislang durch Spenden unterstützte Seenotrettungsbündnis United4Rescue staatliche Unterstützung. Wie der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler nach der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestags in Berlin mitteilte, soll das Bündnis zwei Millionen Euro vom Bund erhalten. Das Bündnis zeigte sich dankbar für die Finanzhilfe und mahnte zugleich eine staatlich organisierte Seenotrettung auf dem Mittelmeer an.
Geld für Rechtsberatung von Seenotrettern
Die privaten Seenotretter geraten immer wieder wegen ihres Engagements in Konflikt mit Behörden in Italien. Kindler sagte, gerade im Bereich von Menschenrechtsarbeit und humanitärer Hilfe wolle man sich dafür einsetzen, dass Menschen im Mittelmeer gerettet werden. Momentan werde versucht, die Seenotrettung zu kriminalisieren. Das Geld soll dem Grünen-Politiker zufolge unter anderem für Rechtsberatung verwendet werden.
United4Rescue: "Starkes politisches Zeichen"
United4Rescue-Vorstandsmitglied Thies Gundlach sprach von einem starken politischen Zeichen. Zugleich forderte er die Bundesregierung dazu auf, sich weiter für eine "solidarische, europäische Lösung und eine staatlich organisierte Seenotrettung" einzusetzen. "Die finanzielle Unterstützung der zivilen Seenotrettung entlässt die Politik nicht aus ihrer Verantwortung", sagte er. Obwohl das Mittelmeer zu den gefährlichsten Fluchtrouten zählt, gibt es dort keine staatlich organisierte Seenotrettung. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich die Ampelparteien darauf geeinigt, sich für eine staatlich koordinierte und europäische getragene Seenotrettung einzusetzen.
Seit Beginn des Jahres 1.891 Tote und Vermisste
Nach Angaben der Internationalen Migration (IOM) kamen im Mittelmeer seit Beginn des Jahres 1.891 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.
Italien verweigerte Rettungsschiffen Einfahrt in Häfen
Zuletzt hatte die neue rechtsgerichtete Regierung Italiens mehreren privaten Rettungsschiffen mit jeweils Hunderten Flüchtlingen an Bord tagelang die Einfahrt verweigert. Die 230 von der "Ocean Viking" im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge gingen schließlich am Freitag in Toulon an Land. Einige der Überlebenden hätten vor der Zuweisung des südfranzösischen Hafens 21 Tage an Bord des privaten Rettungsschiffes ausharren müssen, kritisierte der internationale Verbund SOS Méditerranée, der das Schiff betreibt. Auch Spanien und Griechenland hatten dem Boot, das in Italiens Hoheitsgewässern unterwegs war, keine Anlege-Erlaubnis erteilt.
Italien - Rettungsschiffe gelten als Frachter
Hintergrund ist eine neue Einwanderungspolitik der rechtsnationalen Regierung unter Ministerpräsidentin Georgia Meloni. So regelt ein Dekret, dass Rettungsschiffe nicht mehr als solche behandelt werden. Stattdessen gelten sie als übliche Frachter. Das hat zur Folge, dass ihnen nicht ein sogenannter sicherer Hafen zugewiesen wird, in dem alle Migranten direkt vom Kapitän an lokale Hilfswerke übergeben werden können. Stattdessen wollen die Behörden an Bord entscheiden, welcher Migrant aus ihrer Sicht an Land darf und wer keine Chance auf ein Bleibe- oder Aufenthaltsrecht hat.
- Zum Artikel: Streit um Seenotrettung in Italien: Welche Regeln gelten?
EU-Kommission warnt vor Gefahr einer "humanitären Tragödie"
Die für die Einhaltung von EU-Recht zuständige EU-Kommission sah sich zu einem ungewöhnlichen Statement bemüßigt. "Die rechtliche Verpflichtung zur Rettung und zur Gewährleistung der Sicherheit des Lebens auf See ist klar und eindeutig - unabhängig von den Umständen, die die Menschen in Not versetze", hieß es Richtung Rom. Von der Gefahr einer "humanitären Tragödie" war dabei zudem die Rede.
Ungarn feiert italienische Politik der Abschottung
Wer denkt, dass die Kommission damit auch für alle anderen EU-Staaten spricht, täuscht sich. "Endlich! Wir schulden Georgia Meloni und der neuen italienischen Regierung ein großes Dankeschön für den Schutz von Europas Grenzen", schrieb etwa Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban unter dem Hashtag #GrazieGiorgia auf Twitter.
United4Rescue wurde 2019 von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiiert. In dem zivilgesellschaftlichen Bündnis sind laut EKD mehr als 850 Organisationen und Gruppen verbunden, die sich für die Seenotrettung im Mittelmeer engagieren. Neben Organisationen gehören auch Städte und Gemeinden zu dem Bündnis. Kürzlich taufte das Bündnis ein neues Schiff, das von der Organisation Sea-Watch betrieben wird, um Bootsflüchtlinge im Mittelmeer zu retten.
Mit Informationen von epd, KNA, dpa
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