UN einigen sich auf Abkommen zum Schutz der Hochsee
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Ein Buckelwal springt aus dem Wasser - im Meer vor Ecuador.

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Hochsee-Abkommen: "Historischer Tag für Naturschutz"

Hochsee-Abkommen: "Historischer Tag für Naturschutz"

Jahrelange Verhandlungen, zuletzt eine 40-stündige Marathon-Sitzung - und jetzt endlich der Durchbruch: Die UN-Mitgliedsstaaten haben sich auf ein Abkommen zum Schutz der Hochsee verständigt. Was daran so schwierig war - und was genau drin steht.

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"Das Schiff hat das Ufer erreicht": So hat die Präsidentin der UN-Konferenz, Rena Lee, in der Nacht den lange ersehnten Abschluss der Verhandlungen in New York kommentiert. Mit einem Tag Verspätung hatten sich kurz zuvor die Unterhändler aus mehr als 100 Staaten auf ein Abkommen zum Schutz der Hohen See verständigt - nach fünf Runden langwieriger Verhandlungen.

Nun muss das Abkommen noch von Juristen geprüft und in die sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen übersetzt werden, bevor es formell beschlossen werden kann.

Mindestens 30 Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete

Seit mehr als 15 Jahren hatten sich die Länder der Welt schon mit dem Thema auseinandergesetzt: Wie kann die biologische Vielfalt auf Hoher See geschützt werden, wo doch zwei Drittel der Ozeane quasi rechtsfreier Raum sind? Dabei ging es darum, einen international verbindlichen Schutz zu formulieren: Mindestens 30 Prozent der Weltmeere sollen künftig als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Außerdem sollen künftig Expeditionen, Projekte und andere Aktivitäten daraufhin überprüft werden, ob und inwiefern sie der Umwelt schaden oder nicht.

Umweltschützer erhoffen sich von dem Abkommen, dass es gelingt, den Verlust der Artenvielfalt im Meer zu stoppen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace spricht deshalb bereits von einem "historischen Tag für den Naturschutz". Sprecherin Laura Meller betonte, die Einigung auf das Hochsee-Abkommen sei "ein Zeichen dafür, dass in einer zerstrittenen Welt der Schutz der Natur und der Menschen über die Geopolitik triumphieren kann".

Bundesregierung will "rasch ins Handeln kommen"

Wenn die Ozeane geschützt werden, "schützen wir auch uns Menschen", betonte die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen. Sie zeigte sich "persönlich tief bewegt" von dem Verhandlungserfolg in New York.

Die Ministerin versprach, Deutschland werde die "Umsetzung dieses wichtigen Abkommens vorantreiben" und "rasch ins Handeln kommen".

Guterres: "Sieg für Multilateralismus - gegen zerstörerische Trends"

Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres fand großes Lob für die Delegierten in New York: Die jetzt getroffene Vereinbarung sei ein "Sieg für den Multilateralismus und für die globalen Bemühungen, den zerstörerischen Trends entgegenzuwirken, die die Gesundheit der Meere bedrohen".

Als Hochsee oder Hohe See werden rund 60 Prozent der Weltmeere bezeichnet. Sie fallen nicht unter die ausschließliche Wirtschaftszone eines Staates, weil sie weiter als 370 Kilometer von der nächsten Küste entfernt sind. Das ist auch der Grund, warum aktuell nur etwa ein Prozent der Hochsee durch internationale Abkommen geschützt ist. Dabei ist die Hochsee stark gefährdet: durch Verschmutzung, Übersäuerung und Überfischung.

In den nächsten Jahren wird es also darum gehen, ein Meeresschutzgebiet nach dem anderen einzurichten. Laut Greenpeace müssten es jedes Jahr elf Millionen Quadratkilometer sein, um bis 2030 den Schutz von 30 Prozent der Hochsee zu gewährleisten.

Was war eigentlich so schwierig?

Bei einem wichtigen Knackpunkt ging es um ein "Vielleicht": Wissenschaftler halten es für möglich, dass in der bisher kaum erforschten Tiefsee bislang unbekannte Lebewesen entdeckt werden. Die Erforschung dieser Lebewesen und deren Erbgut könnte zu Durchbrüchen zum Beispiel in der Medizin führen. Sollte das tatsächlich der Fall sein, ließe sich daraus wohl großer Profit schlagen. Profit für wen?

Die Länder des globalen Südens hatten darauf gepocht, in solchen Fällen nicht abgehängt zu werden - von den führenden Industriestaaten des Nordens. Deshalb wurde im Abkommen ein Mechanismus etabliert, der im Fall des Falles für Ausgleichszahlungen sorgen würde. Laut der Nachrichtenagentur dpa gäbe es dann jährliche Pauschal-Zahlungen von Nord nach Süd.

Wie sollen die Schutzgebiete festgelegt werden?

Strittig war bis zuletzt außerdem, wie künftig bestimmt werden soll, welche Regionen der Hochsee nun Schutzgebiete sein sollen und welche nicht. Vor allem China und Russland sollen darauf gedrungen haben, dass die Entscheidungen darüber einstimmig fallen sollen. Damit hätte jedes einzelne Land ein Veto einlegen können. Das wurde jetzt offenbar verhindert: Diplomaten zufolge soll eine Dreiviertel-Mehrheit der UN-Staaten reichen, um ein Gebiet auf Hoher See zum Schutzgebiet zu erklären.

Knapp 20 Milliarden Euro für den Schutz der Meere

Unmittelbar vor dem Durchbruch in New York hatte eine andere Ozean-Konferenz in Panama entscheidend vorgelegt: Die Teilnehmer der "Our Ocean" sagten umfangreiche Gelder für den Schutz der Meere zu, insgesamt 18,8 Milliarden Euro. Allein die Europäische Union will die Ausgaben für die Weltmeere 2023 auf 816,5 Millionen Euro erhöhen.

15 Jahre lang wurde gerungen, nun ist der Durchbruch für das UN-Abkommen zum Schutz der Weltmeere geschafft.
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15 Jahre lang wurde gerungen, nun ist der Durchbruch für das UN-Abkommen zum Schutz der Weltmeere geschafft.

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