Die Spionagevorwürfe gegen einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, haben in der Bundespolitik bei vielen die Alarmsirenen ertönen lassen: Die Sorge vor ausländischen Agententätigkeiten ist auf einen Schlag wieder realer geworden. Bundesjustizminister Marco Buschmann jedenfalls glaubt nicht, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt hat. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger stellt inzwischen deutsch-chinesische Projekte in Frage.
Buschmann: Werden weitere Enttarnungen vornehmen
Buschmann erklärte im ARD-"Bericht aus Berlin": "Wir müssen davon ausgehen, dass wir auch in den nächsten Monaten weitere Enttarnungen vornehmen werden". Deutschland sei längst "in den Fokus autoritärer Mächte" geraten, die sich auch geheimdienstlicher Mittel bedienten. Vorwürfen aus Reihen der AfD, im Fall des Mitarbeiters von Krah handele es sich lediglich um eine Kampagne gegen die Partei, widersprach der FDP-Politiker nachdrücklich. Die Ermittlungsbehörden würden ausschließlich auf der Basis von Recht und Gesetz entscheiden.
Spionageverdacht führt auch zu Spannungen im Forschungsbereich
Auch bei Buschmanns Parteikollegin und Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger ist das Thema Auslandsspionage angekommen. Sie hat angekündigt, deutsch-chinesische Kooperationsprojekte in der Wissenschaft überprüfen zu lassen. "Die Festnahme dreier Deutscher wegen mutmaßlicher Spionage macht noch einmal überdeutlich, dass wir im Umgang mit China nicht naiv sein dürfen", sagte die FDP-Ministerin der "Wirtschaftswoche".
China werde gerade in Wissenschaft und Forschung "immer mehr zum Wettbewerber und systemischen Rivalen". Daher sei eine noch kritischere Abwägung von Risiko und Nutzen bei der Zusammenarbeit gerade auch in Wissenschaft und Hochschulen notwendig. Das schließe die Überprüfung bestehender Kooperationsbeziehungen ein. In Hessen und Nordrhein-Westfalen waren vor wenigen Tagen ein Mann und ein Ehepaar festgenommen worden. Einem der Beschuldigten wirft die Bundesanwaltschaft vor, in chinesischem Auftrag Informationen zu innovativen, militärisch nutzbaren Technologien beschafft zu haben.
Berlins Justizsenatorin will ausländische Einflussoperationen strafbar machen
Zwar stehen Agententätigkeiten für andere Staaten in Deutschland unter Strafe. Die Beeinflussung politischer Prozesse durch Desinformation aus dem Ausland aber nicht. Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) will das nun ändern. "Wir haben keine Möglichkeit, gegen staatlich gesteuerte Einflussoperationen strafrechtlich vorzugehen", sagte die frühere Vizepräsidentin des Bundesamts für Verfassungsschutz der ARD. Sie plädierte für eine gesetzliche Regelung im Strafgesetzbuch, nach der staatliche Einflussoperationen, die aus dem Ausland gesteuert werden, strafrechtlich auch sanktioniert werden können.
Angesprochen auf diesen Vorstoß reagierte Buschmann im "Bericht aus Berlin" allerdings zurückhaltend. Er wolle sich "gar nicht absolut dieser Debatte sperren". Man müsse aber das komplizierte Spannungsverhältnis sehen. "Ab wann ist die Ultima Ratio des Strafrechts eigentlich das richtige Mittel, um in den Meinungskampf einzugreifen? Und da sind wir in Deutschland auch aufgrund unserer historischen Erfahrung traditionell eher zurückhaltend", sagte Buschmann.
Mit Material von dpa und AFP.
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