Die Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit und die Förderung der Ausbildung islamischer Prediger in Deutschland zählen zu den Prioritäten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser in der neuen Phase der Deutschen Islam Konferenz (DIK). Die SPD-Politikerin sagte am Mittwoch bei einer Auftaktveranstaltung in Berlin, sie wolle "die staatliche Entsendung von Imamen nach Deutschland schrittweise reduzieren mit dem Ziel, sie zu beenden". Dazu sei ihr Ministerium bereits im Austausch mit der türkischen Religionsbehörde.
Faeser will Ausbildung von Imamen in Deutschland
Deutschsprachige Imame, die auch die Lebensrealität in Deutschland kennen, seien auch im Interesse der Gemeinden, betonte Faeser. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) bildet inzwischen einen Teil ihres Personals in einem eigenen Zentrum in der Eifel aus. Das Islamkolleg Deutschland wurde Ende 2019 als Einrichtung für die islamtheologische praktische Ausbildung in Osnabrück gegründet. Auch hier sollen - verbandsunabhängig - deutschsprachige Imame und weiteres religiöses Betreuungspersonal ausgebildet werden.
Der Direktor des Zentrums für islamische Theologie der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster, Mouhanad Khorchide, kritisierte, dass die Moscheevereine immer noch entlang von Herkunftsländern organisiert seien. Bis heute komme es nicht vor, dass ein aus Marokko stammender Imam in einer Ditib-Moschee predige oder ein Prediger mit türkischen Wurzeln in einer von gebürtigen Marokkanern gegründeten Moschee. Der Imam-Job müsse zudem insgesamt attraktiver werden. Die Bezahlung sei in der Regel schlecht, die Abhängigkeit im Arbeitsverhältnis groß.
Ausgrenzung von Kopftuch tragenden Musliminnen
Die Bundesregierung hat eine große Studie zur Muslimfeindlichkeit in Auftrag gegeben, die den Fokus auf die Situation der Betroffenen legt. Erste Ergebnisse werden im kommenden Sommer erwartet. Er persönlich habe Muslimfeindlichkeit nicht erlebt, sagte der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, Eyüp Kalyon. Vor allem Kopftuch tragende Musliminnen berichteten aber häufig von "Ausgrenzungserfahrungen", fügte Kalyon hinzu, der in der Ditib die Imam-Ausbildung verantwortet.
Seitdem die Islam-Konferenz 2006 ins Leben gerufen wurde, gab es immer wieder Streit darüber, wer die Interessen der Muslime dort vertreten sollte - die konservativen Dachverbände, liberale Moscheegemeinden oder auch säkulare Muslime. Von Seiten der islamischen Verbände war mehrfach kritisiert worden, der Fokus werde bei der DIK zu stark auf Sicherheitsfragen und den radikalen Islamismus gelegt.
Islamismus weiterhin kein Thema auf Islam-Konferenz
Faeser betonte: "Die Islamkonferenz ist keine Sicherheitskonferenz." Den Teilnehmern der Veranstaltung sagte sie: "Unsere Gesellschaft braucht Sie und Ihr Engagement." Dies sei gerade aktuell, wo die Polarisierung in der Gesellschaft zunehme, enorm wichtig.
Faeser will auch in Zukunft auf der Islam-Konferenz nicht über das Problem des Islamismus sprechen. Sie unterstütze ausdrücklich die in der Vergangenheit getroffene Entscheidung, Sicherheitsthemen rauszulassen. Muslime dürften nicht unter einen allgemeinen Sicherheitsverdacht gestellt werden.
In einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Mittwoch hatte eine Gruppe aus Unions-Politikern und Wissenschaftlern unter anderem aus dem Bereich der Islamischen Theologie gefordert, auf der Konferenz auch über Islamismus zu reden. Gerade islamistische Kräfte würden das von der Bundesregierung angestrebte bessere Miteinander nachhaltig untergraben, argumentierten sie. Außerdem kritisierten die Autoren, dass die wissenschaftliche und gesellschaftliche Aufarbeitung zum Islamismus bisher in Deutschland vermieden werde.
Forum für Dialog zwischen Staat und Muslimen
Die Deutsche Islamkonferenz wurde 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Forum für den Dialog zwischen Staat und Muslimen ins Leben gerufen. Anders als mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie dem Zentralrat der Juden existierten bis dahin keine Verträge zwischen der muslimischen Gemeinschaft und dem Staat, die beispielsweise das Recht auf Religionsunterricht an Schulen, die Arbeit eigener Wohlfahrtsverbände oder den Einzug von Steuern für die Finanzierung von Gemeindearbeit regeln.
Die muslimischen Verbände sind vor allem aufgrund ihrer Organisationsform bis heute rechtlich den Kirchen nicht gleichgestellt. Inzwischen gibt es aber viele Vereinbarungen auf Bundes- und Länderebene, die etwa islamischen Religionsunterricht und Lehrstühle für islamische Theologie an deutschen Universitäten ermöglichen. Nach Schätzung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge leben zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Muslime in Deutschland.
Mit Informationen von dpa, AFP und epd
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